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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 10
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Schröder, ...; Jung, Hermann Robert: Die Mainau
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Pfeiffer, Carl: Gehören Obstbäume in die landwirtschaftliche Anlage?
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0206

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192

DIE GARTENKUNST

III, 10

Dicht am südlichen Schlofsflügel (vergl. den beiliegenden
Plan) steht die kleine, um 1739 (an Stelle der 1229 errichteten
Kapelle) im Barockstil erbauten Kirche (2), hinter welcher
sich eine breite, von alten Linden überschattete Terrasse
in östlicher Richtung (den. Linien der ehemaligen Befestigung
folgend) ausdehnt. Neben der Kirche steht ein prächtiges>
ca. 20 m hohes Bxemplar von Sequoia gigantea Torr.; der
Weg fiihrt uns an einer kleinen Anhöhe, dem Lieblings-
platz der Grofsherzogin, vorbei zu der Kastanienallee, vor
deren Preitreppe sich der herrliche Rosengarten ausbreitet.
Alle zaubervoll duftigeJ Schönheit, welche das farben-
prächtige Reich der gefeierten Blumenkönigin zu bieten
vermag, ist hier dem Auge erschlossen. Zwischen all der
wechselvollenBlütenprachttauchtals wirkungsvollerKontrast
das dunkle Griin üppiger Coniferen und vornehmer Schmuck
formenschöner Marmorfiguren hervor.

Ein breiter Laubengang dichten Rankwerks von wildem
Wein und der heimischen Waldrebe umschliefst stidlich
den Rosengarten (8) und fiihrt uns zu der Terrasse an der
Ostseite des Schlosses. Hier fällt das Gelände ziemlich
steil (ca. 40,00 m) nach der Seeseite ab; den sonnigen
Hang bekleiden farbenleuchtende Kinder Floras eines wär-
meren Klimas, — Azaleen, Rhododendron, Kirschlorbeer
u. s. w. — über Pelsen und Mauerwerk schlingt sich die
blaue Gly.cine und die farbenleuchtende griechische Winde
(Periploca graeca) an der südlichen Schlofsseite bis zur
Kirche. Zur Sommerszeit läfst des Gärtners Hand hier
einen tropischen Garten, die sog. Orangerie, erstehen, —■
Musa, Chamaerops, Latania, Phoenix, Eucalyptus, — kurzum
alles, was vor des Winters strengem Regiment sich unter
das schützende Glashausdach geflüchtet hatte, erfrcut sich
hier unter der Sonne wärmendem Strahl der üppigsten
Entwickelung.

Von der Nordseite des Schlosses, woselbst eine be-
sonders stark entwickelte Cryptomeria japonica Don. unser
Interesse wach ruft, geleitet der Weg an den Okonomie-
gebäuden (5 u. 6) vorbei zu den aufserhalb des ehemaligen
Pestungsbereichs des Schlosses gelegenen Anlagen. In
wechselvollen Bildern erschliefsen sich dem Auge wohl-
gepflegte Obstgärten, Weinberge, Wiesen, Reste alter
Pestungsmauern, Gedenksteine, Denkmale, — dazwischen
im zaubervollen Gewande landschaftlicher Schönheit reiz-
volle Pernsichten in die nahe und weitere Umgebung. Mit
Wohlgefallen weilt derBlick auf den prächtigen Coniferen,
die in ähnlicher kraftvoller Entwickelung wohl kaum an
anderer Stelle in deutschen Landen zu finden sein dtirften.
Mannigfaltig an Parbe, Porm und Gestaltung, in kraft-
strotzender Vegetation, begiinstigt durch die reine, staub-
freie Luft eines feuchtwarmen Klimas, bilden die Nadel-
hölzer einen reizvollen Schmuck der lieblichen Insel. Aus
dem reichhaltigen Sortiment möge hier nur das hervor-
ragend Schönste Erwähnung finden, wie z. B. Sequoia
(Wellingtonia) gigantea in tadellos geschlossenen Exem-
plaren bis zu einer Höhe von 20 m emporstrebend, Thuja
gigantea Nutt. (17 m), Cryptomeria japonica elegans (9 m),
Cedrus Deodara Loud. (20 m), Libocedrus deourrens Torr.
(18 m), Chamaecyparis nutkaensis Spach (13 m), Thuja
gigantea Nutt. (17 m), Cryptomeria japonica Don (16 m),

Cedrus Libani Barr. (19 m), Picea alba Lk. (14 m), Picea
Morinda Lk. (10 m), Abies nobilis argentea, Abies cepha-
lonica, Abies numidica De Lannoy, Pinus excelsa, Pinus
Jeffreyi Murr., Juniperus virginiana (ö1/^ m), Araucaria
imbricata Pac. u. s. w. u. s. w.

Diese so herrlich gediehenen Anpflanzungen verdanken
ihr Entstehen zunächst der fürsorglichen Vorliebe des hohen
Besitzers der Mainau und der treulichen Pflege des ver-
storbenen Hofgärtners Eberling, welcher als Pachmann
und Liebhaber Jahrzehnte lang besonderes Wohlwollen
diesen seinen Schutzempfohlenen znwendete. Des weiteren
finden wir noch eine Sammlung von Gehölzen und Coniferen,
die in den deutschen Gärten der Winterkälte zum Opfer
fallen, hier aber sich als winterhai’t erwiesen haben, wie
Prunus lusitanica, Quercus Ilex, Cupressus fastigiata DC.,
Olea Aquifolium S. et Z., Evonymus japonica Thunb.,
Phillyrea Vilmoriniana Boiss. et Bal„ Edgeworthia chx-ysantha
Lindl., Idesia polycarpa Maxim., Photinia glabra Maxim.,
Vibui’num Tinus L. u. s. w. u. s. w.

Unser Lagenplan zeigt eine Darstellung der Garten-
anlagen, wie sie vor Jahrzehnten nach dem Entwurf des
Gartendirektors Thelemann geschaffen wurden; seitdem
sind im Laufe der Jahre vereinzelt kleine Abändei’ungen
erfolgt, die jedoch ftir die Gesfimtanlage ohne wesentliche
Bedeutung waren.

Unterhalb der Schlofsterrasse liegt der kleine Hafen
(12), der den Schiffern bei plötzlichem Sturm sicheren
Schutz bietet; hier ist auch der Landeplatz für die auf
der Strecke Konstanz-Übei’lingen täglich mehrmals die
Mainau anlaufenden Dampfschifle.

Eine Fülle des Interessanten inmitten einer anmutig
verschönten Natur hat sich auf diesem Rundgang unserem
Auge enthüllt, ein schönes Pleckchen Erde, eins der lieb-
lichsten auf deutschem Boden hat das Badische Regenten-
haus hier gefunden. Möge es so ei’halten bleiben für alle
Zeiten, — darnit der Segenswunsch, den einst der Dichter
des Ekkehard dem grtinenEiland gewidmet, erfüllet wei’de:

„Ob Mai, ob Juli und August,

Mainau bedeutet Glück und Lust!

0! Sei dir stets beschieden,

So lang dein Giebel steht,

Der Hauch von Gottes Prieden,

Der heute dich umweht“.

Jung-Schröder.

Gehölze und deren Verwendung.

Gehören Obstgehölze in die landschaftliche Anlage?

Von. Garteninspektor Karl Pfeiffer, Köstritz.

Der gröfste Teil unserer landschaftlichen Anlagen ent-
behrt während des Sommers vielfach des Bliitenschmuckes
und der Zierde prächtig gefärbter Prüchte; sind diese letz-
teren nicht wii’klich ziei'end genug? Ich glaube, es bedarf
keiner langen Überlegung, um dahin zu entscheiden, dafs
unsere Obstgehölze fast ausnahmslos — d. h. so lange sie
 
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