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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 2
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Jung, Hermann Robert: Franz Heinrich Siesmayer
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Janorschke, Oskar Karl: Oberschlesische Parkanlagen, 3: der Park in Gros-Strehlitz
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0032

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22

DIE GARTENKUNST

III, 2

H. Siesmayer mit seinem Bruder Nikolaus unter der Pirma:
Gebrüder Siesmayer; die heutige Besitzung zu.Bockenheim,
Schlofsstrafse 23, ward zunächst pachtweise und sodann
(1846) käuflich als Eigentum erworben.

Das junge ■ Unternehmen zeigte zunächst einen rein
handelsgärtnerischen Betrieb. Während Nikolaus Siesmayer
als Spezialist der Kuitur von Palmen und Topfpflanzen
oblag, deren Konsum für den Prankfurter Markt berechnet
war, forcierte sein Bruder den Handel mit Baumschul-
artikeln und Obstbäumen, welche aus der Umgegend von
Metz bezogen, nunmehr in der Wetterau, in Oberhessen
und im Nassauischen ihre Abnehmer fanden. Finanzielle
Schwierigkeiten bedrängten in der damaligen geldarmen
Zeit das Geschäft jedoch dermafsen, dafs Siesmayer (wie
er selbst schreibt) den Gedanken hegte, der Gärtnerei
Valet zu sagen und sich als Unternehmer an dem Bau der
Main-Weser-Eisenbahn zu beteiligen. Trotzdem verzichtete
er 1843 auf die ihm angetragene Stelle eines Garten-
inspektors auf dem Kaiserlichen Schlosse Oranienbaum bei
Petersburg (mit einem Jahresgehalt von 4000 Rubel, freier
Station u. s. w.); seine freie Denkungsart konnte sich von
der miihsam erkämpften Selbständigkeit nicht losreifsen,
um sich dem Abhängigkeitszwang, den mehr oder weniger
jede Beamtenstellung im Gefolge hat, unterzuordnen.

Eine bedeutungsvolie Wendung zum Bessern erschlofs
sich fiir das Geschäft durch die Ausführung der ca. 50
Morgen umfassenden Parkanlage für die Gräfln Reichenbach-
Lessonitz auf Hof Goldstein bei Frankfurt (1846). Zahl-
reiche Aufträge folgten nach Fertigstellung der vorgenannten
Arbeit, deren Gelingen dem jungen Meister Ruf und An-
erkennung in weiteren Kreisen verschaffte. Die bedeutungs-
vollste Schöpfung neben dem Frankfurter Palmengarten
entstand 1854 — 1856 in den ca. 350 hessische Morgen um-
fassenden Nauheimer Kurpark-Anlagen. Auf deren Fertig-
stellung foigte im Verlauf der Jahrzehnte eine grofse An-
zahl von Gärten, aus deren Reihe ich nur die bekanntesten
hervorheben möchte, wie der Palmengarten zu Frankfurt,
der Stadtparlc zu Mainz, der Stadtpark zu Mannheim, der
Zoologische Garten zu Elberfeld, die Haardtanlage zu
Elberfeld, die Anlagen der Kuranstalt zu Falkenstein im
Taunus, die Schlofsparkanlage Hallberg bei Saarbrücken,
der Schlofsplatz zu Karlsruhe, die Anlagen am Schlofs
Oberlauringen bei Schweinfurt, der Schlofsgarten zu Langen-
zell bei Heidelberg, der Park der Villa Carolina des Baron
W. von Erlanger in Ingelheim a. Rh„ der Schlofspark des
Fürsten Sayn-Wittgenstein-Berleburg zu Sayn-bei Coblenz
a. Rh. u. s. w. Aufserdem untersteht der Firma seit Jahren
die gärtnerische Instandhaltung der Kurpark-Anlagen zu
Wiesbaden, Homburg und Bad Nauheim.

Die landschaftsgärtnerischen Schöpfungen Siesmayers
kennzeichnet vor allem eine mit Geschick und Sorgfalt
zusammengestellte, auf malerisch schöne Wirkung be-
rechnete Darstellung der einzelnen Pflanzungspartien und
wirkungsvolle, der Natur abgelauschte Anordnung frei-
stehender Baumgruppen; grofsartige Beispiele hierfür flnden
wir in des Meisters bestem Werke — dem Nauheimer
Kurpark. Ebenso hervorragend war er als Darsteller der
Kleinmalerei; seine Parterres und Gruppenarrangements

waren bezüglich ihrer Formen- und Farbenwirkung muster-
gültige Effektstücke, die allgemeine Nachahmung fanden.
Siesmayer ist in seinen Werlcen vielfach von den jüngeren
siiddeutschen Landschaftsgärtnern als Vorbild genommen
worden; nicht ganz mit Unrecht spricht man von einer
Siesmayerschen Schule, zumal eine grofse Zahl tiichtiger
Landschaftsgärtner von Ruf bei ihm ihre Ausbildung er-
langt und bei der Ausführung seiner Anlagen thätig ge-
wesen sind — ich erinnere hier nur an die Namen
Lindahl, Sennholz, Finken, Gerling, May, Goebel,
Hirlinger u. s. w.

Ein schaffensfreudiger Geist, ein thatenreiches Leben
ist mit Heinrich Siesmayer entschwunden! Ehrungen und
Erfolge aller Art sind ihm an seinem Lebenswege zu teil
geworden; neben dem Titel eines Königlich Preufsischen
Gartenbaudirektors ward ihm die Ernennung zum Grofs-
herzoglich Hessischen Hof-Garten-Ingenieur verliehen; seine
Brust schmückte das Ritterkreuz vom Zähringer Löwen,
das Ritterlcreuz des Verdienstordens Philipp des Grofs-
mütigen, der Kronenorden IV. Klasse und das vom Papst
Leo XIII. verlieliene goldeneKreuz „ProEcclesia et Pontifice“;
er war Ehrenbiirger der Städte Bockenheim und Bad
Nauheim.

So hätte wohl nach menschlichem Brmessen solch ein
Mann am Abend seines Lebens in glücklicher Zufriedenheit
im Kreise seiner Lieben auf die Segnungen Jahrzehnte
langer Arbeit zurückblicken können! Allein, ein hartes,
unerbittliches Geschick hatte es anders gewollt; schwere
Krankheit hielt die einst so thatenfrische Manneskraft
seit Jahren an das Kranlcenbett gefesselt, von dem ihn
der Tod erlösend in ein besseres Jenseits hinüber ge-
leitete. —

Mit seinem Heimgang ist eine Leuchte der Gartenkunst
erloschen! Ein guter Mensch ist von uns gegangen — all

denen, die ihm im Leben näher standen, war er mehr!-

Doch — wer den Besten seiner Zeit genug gethan, der

hat gelebt für alle Zeiten! --

H. R. Jung, Köln, Rh.

Gärten Deutschlands.

Obersclilesische Parkanlagen.*)

Von Janorschke in Oberglogau.

3. Der Park in Grofs-Strehlitz.

(Hierzu 2 Ansichten nnd. eine Kunstbeilage;)

Arn Ende des achtzehnten Jahrhunderts suchte Graf
Renard von. Grofs-Strehlitz seinen im einfachen Stil er-
bauten Herrensitz zu verschönern. Fast endlose Ländereien
seines Besitzes grenzten bis dicht an die.Stadt, an deren
südlichen Seite er sein Heim erbaut hatte. In damaliger
Zeit bewirtschaftete man noch nicht so intensiv die Feld-
flächen, die zum Teil öde dalagen. Doch es sollte ein
anderes Gepräge entstehen, nachdem der Besitzer die An-
pflanzung von allerhand Waldbäumen, Strauchwerk und

•-) Vergl. Jahrgang 1900 dieser Zeitsohr. Seite 41.
 
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