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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 6
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Fetisch, Karl: Einige Vorschläge zur schnelleren Entwickelung unserer Obstbäume
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Prestele: Ein Beitrag zur Geschichte der Gartenkunde, [4]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0138

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124

DIE GARTENKUNSt

III, 6

pflanzungen ist eine Düngung mit Stallmist nicht erforder-
iich; hier sollten die Strafsenwärter angewiesen werden,
Tierkot, verlorene Mistteile und ähnliche auf dem Strafsen-
körper liegende Dungstoffe auf die Baumscheiben zu bringen.
Pür Bäume, die im Feld oder Garten stehen, ist jedoch
eine Mistdüngung sehr angebracht. Vom fünften Jahre ab
ist auch die Diingung mit Kunstdünger zu erhöhen; in
dem Mafse, wie sich der Baum vergröfsert, mufs aucli die
Beigabe von Dünger vergröfsert werden. Auf angegebene
Weise behandelte junge Bäume werden rasch vorangehen
und den Besitzer bald mit wohlentwickelten P’rüchten ont-
schädigen.

Verschiedenes.

Ein Beitrag zur Gescliichte der Gartenknnde.

Von Prestele, 'Wolfratsliausen,

(ScliluCs.)

Behufs Vervollständigung seines Wei'kes giebt der Ver-
fasser über den Küchengarten, Küchen - Kräuter, Küchen-
Wurzeln*) iind Küchen-Friichte verschiedenerlei, auch heutigen
Tages noch verwertbare praktische Winke und Ratschläge,
sowie dartiber, was ein fleifsiger Küchen-Gärtner in jedem
Monat des Jahres zu beobachten habe und wendet sich dann
zum Obstgarten und zur Obstbaumzucht in mehreren ein-
gehenden Betrachtungen.

Dass gewifse Pflanzen, welche der Gegenstand des Garten-
baues sind, seit den entferntesten Jahrhunderten das wandernde
Menschengeschlecht von einem Erdstriche zu dem andern be-
gieitet haben, wie z. B. die Weinrebe den Griechen, das Korn
den Römern folgte, ist Tliatsache, wenn auch ihr ursprüng-
liches Vaterland in Dunkel gehüllt hleibt.

Persien hat uns den Nufsbaum und die Pfirsiche, Armenien
die Aprikose, Kleinasien den süfsen Kirschbaum und die
Kastanie, Syrien die Peige, die Granate, den Öl- und Maul-
beerbaum geschenkt. Zu Catos Zeiten kannten die Römer
weder süsse Kirschen, noch Pfirsiche und Maulbeerbäume.
Hesiod und Homer erwähnen schon des Öibaums, der in
Griechenland und auf den Inseln des Ägäischen Meeres kulti-
viert wurde. Die Weinrehe wanderte von Asien nach Griechen-
land, von Griechenland nach Sizilien, Pliocäer brachten den
Weinstock nach dem südlichen Frankreich, Rümer pfianzten
ihn an die Ufer des Rheins und der Donau. Ein Kirschbaum
mit reichen Früchten beladen schmückte den Triumph des
Luculius. Wie schon oben erwähnt, erteilte Virgil seinen
Ländsleuten praktischen Unterricht in der Kultur der Bäume,
des Obstes und der Reben (Georgica lt).

Sehr lange beschränkte sich die Obstbaumzucht auf Italiens
warmen Himmel, nach Galliens Eroberung ward sie auch hier-
her verpflanzt. Schon unter Konstantin dem Grofsen ver-
standen die Einwohner von Paris, nach Juvenal, vorzüglich
Feigenbäume und Weinstöcke durch Bedeckung mit Stroh-
matten gegen die Winterkälte zu schützen und reife Früchte
zu erziehen.

In Deutschland blieb der Obstbau bis zur Zeit Karls des
Grofsen unbekannt.

-■■■■) XJnter den Küclienwurzeln werden aucli die „Tartuifel“, papas
Indorum, Solanum tuberosum esculentum — die Ilartoffel — aufgeführt
zum Untersohied von den „Brd-Äpfeln oder Erdartischocken“, ,,die man
nach Gefallen zur Speise gebrauchen kann“. Die Kartoffel war ja za
jener Zeit nocli wenig für Kulturzwecke angebaut.

Aus seinem Oapitulare de villis ist ersichtlich, dass er
folgende Obstbäume auf seinen Villen zu halten befohlen hat:
verschiedene Arten von Apfel- und Birnbäumen, ebenso
Pflaumenbäume, Spierling-, Mispel-, Kastanien-, Pfirsich-,
Quitten-, Haselnufs-, Mandel-, Maulbeer-, Lorbeer-, Pinien-,
Nufs- und Kirschenbäume verschiedener Gattung.

Es werden ebendaselbst Apfelsorten, welche als Lagerobst
galten (geroldinga, crevedella etc.), die süssen, die strengeren
(dulcia, acriores) und die frühreifen, bald aufzuzehrenden Äpfel
erwähnt. Es gab drei- bis viererlei Birnsorten, die sich hielten,
nämlich die süfseren, die Kochbirnen und die Spatbirnen
(serotina). Alle diese Obstarten erscheinen durchaus nicht als
neueingeführte, sondem werden als längst bekannte dem
Gärtner zur Darnachachtung aufgezählt und die königliehen
Sendboten (missi) fanden die Mehrzahl der ohen genannten
Bäume wirklich vor.

Im Gesetzbuch der Bajoarier handelt von den Obstgärten
der königlichen und herzoglichen Villen ein eigener Titel,
worin ausdrücklich Äpfel- und Birnhäume genannt werden.
Diese Ohstgärten in Bajoarien, Ostfranken und Alemannien
finden sich selbst urkundlich vor, z. B. in Pettinbach in der
Nähe der Amper nordöstlich von Dachau.

Uberhaupt wurde der Landbau ir. Bajoarien und Aleman-
nien in allen seinen Zweigen hetriehen, um die Mitte und den
Anfang des 8. Jahrhunderts und wohl noch früher gab es nicht
nur im heutigen Tirol und Oberösterreich, sondern auch in
Bayern am Nordufer der Donau von Kelheim angefangen bis
üher Passau ’hinunter zahlreiche Obst- und Weingärten. Der
römische Kaiser Probus hatte nach dem Lande der alten
Bojer die Weinrehen verpflanzt. Seit dieser Zeit wurde dieses
Gewächs fleifsig kultiviert. Die Villa Severini ad Vineas ge-
nannt und mehrere andere Orte dieses Namens, zu deutsch
„Winzer“, bewiesen dieses.

Der beste Wein wuchs in der Gegend von Regensburg.
Fast alle bayerischen Klöster hatten daselbst eigene Gewächse,
sogar die Bischöfe von Salzburg; der Herzog Theodor II. hatte
ihnen nahe bei der Stadt und Odilo im nur 2 Meilen entfernten
Kruckenberg Weinherge geschenkt.

Zu beiden Seiten des Rheins wurden nach Urkunden der
Klöster Eulda und Lauresheim bedeutender Weinbau im Worms-,
Speyer-, Lobdengau etc. hetrieben, während in Puldaer Ur-
kunden, ostfränkische Orte hetreffend, fast gar keine Rede
von der Kultur der edlen Rehe ist.

Die erste Erwähnung von Weinhergen im Gau Waldsassin
ist vom Jahre 775, Novbr., die zweite von 8 Weinhergen um
Hammelburg im Saalgau 7. Jan. 777.

Der Bedarf des zum Mefsopfer nötigen Weins hat wohl
die Anlage von Weinbergen selhst in den ungünstigsten Lagen
hervorgerufen.

Mehr noch als die Kapitularien Karls des Grofsen hewirkte
der Orden der Benediktiner die Verbreitung der Obstbaumzucht
in Deutschland, welche sich den Anbau des Weinstocks vor-
zugsweise angelegen sein liefsen.

Ebenso förderlich waren die Ziige deutscher Kaiser nach
Rom und die Kreuzzüge, wo die Deutschen mit den üppigen
Genüssen des wärmeren Himmels hekannt wurden, welche
durch die Handelsverbindungen der reich gewordenen süd-
deutschen Reichsstädte leicht verhreitet werden konnten.

Im 16. Jahrhundert fand man schon grofse Obstgärten in
Augshurg, Ulm und Niirnherg. Endlich nahmen auch deutsche
Fürsten den Ohsthau in besonderen Schutz und 1686 erschien
„Churfürstens Augusti zu Sachsen kiinstliches Obstgarten
biichlein“, dessen auch Hartenfels in seinem ohen angeführten
Katalog erwähnt.
 
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