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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 5
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Prestele: Ein Beitrag zur Geschichte der Gartenkunde, [3]
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102

DIE GAKTENKUNST

III, B

Verschiedenes.

Ein Beitrag zur Gescliichte <ler Oartenkunde.

Von Prestele, Wolfratshausen.

(Forfcsetzung von Seite 54.)

Aus der iibergrofsen Fiille und den mannigfaltig'en Details
mögen nun die markantesten Steilen Erwähnung finden, aus
welchen sich die Gegensätze einerseits zwischen sonst und
jetzt ganz von selbst ergeben, andererseits die Überein-
stimmung und manche Analogien mit den heutigentags noch
üblichen und durch alle Zeiten bewährten Methoden von
Zucht und Pflege der verschiedenen Pflanzenarten deutlich er-
lcennen lassen.

In der „ersten Betrachtung“, wo „von den Planeten und
Himmelszeichen und ob und inwieweit dieselben in der
Gärtnerey einen Einflufs haben“, die Eede ist, bekämpft der
Verfasser die besonders in „Henrich Hessens Teutschen Gärtner
lib. I cap. 7, lib. 3 cap. 1, lib. 4 cap. B“ vertretene Anschauung,
wonach der Wechsel des Mondes und die „in dem Calender
sonst beschriebenen Thierkreise und Zeichen als Widder,
Löw etc.“ auf die Zeit des Aussäens und der Anpflanzung
aller Arten von Gewächsen sowie deren Wachstum von grofsem
Einflufs sein soll.

Er sagt zum Schlufs seiner Untersuchung-, „es sey die
Windmacherey einiger Mond- und Sternsüchtiger Gecken zu
belachen“, dagegen „die rechte Jahreszeit und temperirte
Witterung zu beobachten“, ferner „dafs eine gute, luckere
„Erde, ein stiller, heller Tag und darauffolgender warmer Eegen
„und Südwind, als die wesentlichsten Stücke anzusehen und
„dem Löwen und Steinbock etc. allezeit vorzuziehen wären,“
umsomehr als überhaupt „alle diese Zeichen so wenig- einem
„Löwen, einer Jungfrau etc. als einem Ofenloche oder Heu-
„gabel“ ähnlich seien.

Als besonderen Gewährsmann für seine Behauptung-en
bezeichnet er auch den schon genannten Herrn de la Quintinie,
einen „der allergelehrtesten und erfahrensten Gärtner, welcher
sagt:

„dafs er, seit 30 und mehrJahren mit unbeschreiblichem
„Fleifse sich bemühet, um zu erfahren, ob der Mond samt
„übrigen Gestirn in das Garten-Werk einen Einflufs habe?
„Er habe aber nach einer sehr langen und mühsamen Unter-
„suchung befunden, dafs die Tage des Herrn alle gleich und
„der erste Tag im Monat ebenso viel als der letzte würke,
„mithin die gantze Historie in einer leeren Einbildung
„bestehen thue etc. . . . .“

Die „zweite und dritte Betrachtung“ handelt von dem
Erdreich und dem Wasser — „als dem materialischen Prin-
cipium von allen Pflantzen“.

Da eine vollkommen entsprechende Erde nicht immer zu
haben, so „mufs man dahin bedacht sein, eine schlimme und
untüehtige Erde nach Möglichkeit, in guten Stand zu bringen“.

Er empfiehlt demnach eine Mischung von verschiedenen
Erdarten.

Eine besondere „Composition“ findet er bei einem franzö-
sischen Gärtner, ein mixtum compositum ähnlich der heute
noch im Gebrauch befindlichen Komposterde.

Als Kuriosum möge die Zusammensetzung einer als be-
sonders wirksam empfohlenen Gartenerde Erwähnung finden.

„Man machet im Garten eine tieffe Grube, leget alte
„Asche 4 Zoll hoch auf den Boden und bringet die Erde
„von einem Schind-Acker (wo das Viehe hingeworffen wird)
„ebenfalls 4 Zoll hoch hinauf, nachgehends nimrnt man was

„die Gerber vom Leder abschaben, geraspeltes Horn, altes
„Leder und Menschen-Excrementa, mischet es unter einander
„und machet hiervon wiederum eine Lage 4 Zoll hoch, ferner
„nimmt man alte Säge-Spähne, verfaulte Holtz- und Weiden-
„Erde, den Schlamm aus morastigen Wiesen und schüttet
„hiervon 6 Zoll hoch auf die vorige Lage; hernach legt man
„eine Schicht von Tooten-Aesern als Hühnern, Gänsen,
„Hunden, Katzen u. dergl. auch das Eingeweide von wilden
„und zahmen Thieren, nebst dem in denen Därmen seyenden
„Unflath hierauf überschilttet solches endlich mit recht guter

„verfaulter Erde und vergangenem Miste.zuweilen

„befeuchtet man ermeldete massam — die vor Kegen und
„Schnee wohl bewahret werden mui's, mit trüben Wein —
„wenn es gänzlich verfaulet und zur Erde wrorden, siebet
„man die Materie durch ein Sieb — formiret runde Ballen
„oder Kugeln daraus, welche man an einem trockenen Orte
„im Wohnhause zum künftigen Gebrauch verwahren kann.

„Diese Ballen seynd eine vornehme Medizin und Artzney
„vor allerhand Gebrechen und ein geschwindes Hülffs-Mittel,
„welches alles, was noch ein wenig Leben hat, lebendig
„machet . . . .“

Das definitive Urteil iiber eine derartige „Medizin“ mag
füglich dem Fachmann überlassen bleiben!

Es läfst sich aber gewifs nicht in Abrede stellen, dafs im
Prinzip schon zu jener Zeit von ganz richtigen Voraussetzungen
ausg-egangen und auch ohne scheinbare positive chemische
Kenntnisse lediglich auf Grund praktischer Erfahrungen der
Bedeutung des Verwesungsprozesses für die Besserung des
Nährbodens unserer Gartenerde die entsprechende Aufmerksam-
keit gewidmet wurde, denn auch heute noch wird in der
Gartenlitteratur anf den Wert salpeter- und schwefelsaurer
Alkalien und des kohlensauren Ammoniaks als trefflichen
Pflanzennahrungsstoffes hingewiesen.

Bezüglich des Wassers „das primum mobile aller Feuchtig-
keit“ erwähnt er die „Begiessung, so vom g'ütigen Himmel
fällt, als die allerbeste“, die Schädlichkeit des kalten Brunnen-
wassers, die Ntitzlichkeit des „Mistwassers“ und beschreibt die
verschiedenen Begiefsungsarten die „sittsam“ geschehen müssen.
„Ein curieuses Stück, mitten im schärfsten Winter vermöge
des Wassers eine Blume zur Flor zu bringen“, nennt, er die
bekannte Hyacinthen-Zucht auf Gläsern. Schliefslich spricht
er noch von einer geschickten Einwässerung des Saamens mit
dem Sale Nitri (Salpetersalz).

Die „vierte Betrachtung“, welche die Vertilgung derer,
einem Lustgarten schädlichen Tiere und Ungeziefer behandelt,
nennt als schädlichste Tiere die Maulwürfe, Würmer undKröten
neben Mäusen, Hunden und Katzen, Ziegen, Haasen und
Vögeln. In welcher Weise und wodurch sie Schaden anstiften,
wird allerdings nicht erwähnt, es werden nur alle möglichen
Mittel und Methoden zu ilirer Vernichtung ausfiihrlich be-
Schrieben, von denen manche einen etwas komischen Beige-
schmaclc haben, und gewisse Zweifel darüber entstehen lassen,
ob man das probatum est beisetzen diirfe.“

So soll behufs des Fanges der Maulwürfe im Monat März,
„wo dieselben in Venerem sehr geneigt seyn“, ein lebendiger
Maulwurf in einem gläsernen Hafen Abends in die Erde ge-
graben werden, so dafs „das offene Ende oben zu stehen
komme.“

„Wann der eingeschlossene Maulwurff des Nachts zu
schreyen anfanget, so lauffen die anderen hinzu und je
mehrere zulauffen wei'den, je mehrere werden in den Hafen
fallen, woraus sie wegen der Glattigkeit nicht in die Höhe
kommen können etc.“ . . .
 
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