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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 1
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Heerwagen, Leo: Bayreuth, Eremitage und Fantasie, [1]
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Böttcher, E.: Entwurf zu einer größeren Gartenanlage
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0012

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2

DIE GARTENKUNST

III, 1

So wie jedoch die Eremitage gegenwärtig mit iliren
Tempeln, Alleen, Wasserkiinsten und Grotten besteht, ist
sie das Werk des Markgrafen Priedrich und seiner kunst-
sinnigen Gemahlin, einer Schwester Priedrichs des Grofsen.
Auf dem Platze des ehemaligen Jagdschlosses steht jetzt
das grofse Hauptgebäude in einem einstöckigen Vierecke.
Die Gemächer sind sehr reich mit Gold in Rokoko verziert,
worunter derMarkgräflnBoudoir im chinesischen Geschmacke
und ein Spiegelzimmer sehenswert sind.

Als sehr beachtenswert zeigt man in diesem Haupt-
gebäude mehrere Porträts der früheren Markgrafen und
deren Familien, auch ist ein wohlgetroffenes Bildnis
Priedrich des Grofsen im 9. Lebensjahr zu sehen. Zu
einer geschichtlichen Merkwürdigkeit gehört noch das Bild-
niss der weifsen Frau, der schon erwähnten Gräfin von
Orlamünde.

An der Südfront des Gebäudes beflndet sich der
Grottenturm, dessen Pufsböden und Wände mit farbigen
Steinchen mosaikartig ausgelegt sind. Hier bewundert
man ein kunstreiches Wasserwerk, das den ahnungslos
Eintretenden mit einigen Wasserstrahlen empfängt, welche
aus unzähiigen, unsichtbaren Öffnungen entspringen,

Das zweite Hauptgebäude, von ersterem einige Meter
tiefer liegend, besteht in einem Halbzirkel, welcher zwei
Pltigel bildet. Es hat nur ein Erdgeschofs und eine Länge
von 200 m. Um die Vorderseite der beiden Flügel läuft
eine Kolonnade von 58 Säulen. Zwischen diesen beiden
Flügeln steht der Sonnentempel, der Lieblingsaufenthalt
der Markgräfin Wilhelmine Sophie, welche hier die ebenso
geistvollen, wie witzigen Memoiren schrieb, in denen sich
die Sitten des 18. Jahrhunderts trefflich spiegeln. Dieser
Sonnentempel mit seinen 8 Giasthüren ist der schönste
Teil des Sclilosses; jede Thüre hat auf beiden Seiten einen
Wandpfeiler, dessen 3 freie Seiten von ebensovielen Säulen
bedeckt werden, wodurch sich eine Kolonnade von 24 Säulen
ergiebt, deren Hauptgesimse sich zu einer vieleckigen
Galerie vereinigt.

In jeder Ecke dieser Galerie steht eine Metallstatue,
die immer mit einer Vase abwechselt. Die Spitze des ge-
wellten kupfernen Daches zierte ehedem Phöbus mit dem
Sonnenwagen aus Gips, der aber dem Dache zu schwer,
durch eine Kopie aus Iiolz ersetzt wurde.

Auf dem Gebälke aller Säulen der beiden Bogenflügel
stehen 43 Kaiserbüsten von Petrozzi in Gipsmarmor und
bronziert. Die Pfeiler und Säulenschäfte sind aus Tuff-
steinen zusammengesetzt, mit Kalk tiberworfen und auf
diesem mit vielfarbigen Steinchen vom Fufse bis zum
Kapitäl in geraden Streifen belegt. Das Ganze sieht dann von
weitem aus, als wäre es mosaikartig eingelegter Marmor. Der
Fufs und die Hauptgesimse der Säulen bestehen aus
Quadersteinen. Die Säulen des Sonnentempels sind mit
Krystallstreifen und mitblauen.gelben, grünen undschwarzen
Schlacken ausgeschmückt, während das Innere mit Marmor,
Gold, Krystall und bläulich grauem Marmor ausgestattet ist
und mit den 8 korinthischen Säulen, deren Sockel und
Kapitäle vergoldet sind, einen märchenhaften Eindruck
macht. (Sohlnss folgt.)

Villengärten.

Entwurf zu einer grölseren Gartenaiilage.*)

Von E. Böttcher, Städt. Obergärtner, Berlin.

(Hierzn 3 Pläne.)

A. Erläuterungsbericht.

Den einförmig abfallenden Hang des Geländes wirkungs-
voll zu unterbrechen ist das Haus (a) von 3 Seiten mit
einer Terrasse umgeben, die ca. 1 m tiefer gelegen gedacht
ist, wie die dem Hause sich unmittelbar anschliefsende
Vorterrasse. Das Landhaus ist im gotischen Stile gedacht,
im gleichen Stile die Anlagen der Terrasse. (Vergl. den
Plan S. 5.)

Die Anlage eines kleinen Wasserfalles, der in Ver-
bindung mit einer auf der Terrasse projektierten Fontäne
steht und auch von dieser sein Wasser erhält, schien
gleichfalls zur plastischen Umformung des Geländes wesent-
lich geboten. Dem Becken unmittelbar schliefst sich eine
kleine regelmäfsige Kaskade an, die ihr Wasser in ein
1 Meter tiefer gelegenes, natiirlich felsiges Wasserbecken
ergiefst. Durch Anstauung des Wassers mittelst Schleusen-
vorrichtung kann von hier aus erforderlichen Falles der
Effekt des Wassersturzes ein weit bedeutender werden.

Die Wände der kopfartig vorspringenden Erweiterungen
seitlich der Kaskade sind nach unten zu natürlich felsartig
zu halten; ehenso die Wände des Wasserfalles felsig und
und schroff. Wo der Wasserfall den Hauptfahrweg durch-
schneidet, ist keine Brücke, sondern eine grottenartige
Unterfiihrung gedacht. Bei der Bepflanzung des Wasser-
falles sind vorwiegend immergriine Gehölze und Coniferen,
Schlinggewächse, alpine Stauden und in den niedrigsten
Teilen Wasserpflanzen zu verwenden.

Die den Park in zwei Hälften teilende Strafse ist irn
Steigungsverhältnisse 1:15 projektiert, der durch den
Hauptparkteil fiihrende Fahrweg iibersteigt nicht das
Steigungsverhältnis 1 :12. Eine bequeme Zufahrtfiihrt östlich
zum Landhause. In dem nordwestlichsten Teile sind auf der
Höhe ein Theepavillon (b) und im tiefer gelegenen Teil ein
kleiner Spielplatz (c) projektiert. (Vergl. den Plan S. 3.)

Der kleine Parkteil enthält den Lawn-tennis-Platz (d),
den Kinderspielplatz (e), Gärtnerei (f), Pferdestall (g) mit
Remise (h), Wohnung für den Kutscher (i), sowie den Obst.-
und Gemiisegarten (kj mit einem Rosarium (1) im tiefer
gelegenen Teil. Der steilste Hang des Obst- und Gemüse-
gartens ist terrassiert. 6 Meter breite Terrassen liegen
von oben zunächst 'ä m und dann weiter unten 1 m iiber-
einander. Während im Innern Treppen von Terrasse zu
Terrasse führen, ist der Umfassungsweg im Steigungs-
verhältnis 1:10 geplant; ein parallel dem Wege laufender
Böschungsstreifen vermittelt die Höhenunterschiede. In
der gröfseren Gehölzpartie ist hier ein Platz als Erd-
magazin (m) ausgespart, zu dem ein Zugang von der
Strafse her gedacht ist.

Je ein Pavillon ist vorgesehen beirn Lawn-tennis-Platz (n)
und im Rosarium (o).

*) Dieser Entwnrf wurde auf der Olirysanthemum-Ausstellung in
Hannover 1898 mit dem ersfen Preise (einer goldenen Yereinsmedaille und
100 Mk.) ausgezeich.net.
 
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