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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 10
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Fetisch, Karl: Einige Beiträge zur Rentabilität des Obstbaues
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0212

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198

DIE GARTENKUNST

III, 10

Obstbau.

Einige Beiträge zur Rentabilität des Obstbaues.

Von Karl retiseh, Kreisobstbautechniker, Oppenheim.

Nicht selten stöfst man bei unserer Landbevölkerung,
welche doch das gröfste Interesse am Obstbau haben sollte,
auf die Ansicht, derselbe sei nicht rentabel, sei in seinen
Erträgen sehr unregelmäfsig und tauge überhaupt nicht
für die Landwirtschaft. Die Thatsache der unregelmäfsigen
Erträge läfst sich nun allerdings nicht wegleugnen, denn
kaum ein Kulturzweig ist den Unbiiden der Witterung der-
artig ausgesetzt wie gerade der Obstbau. Hingegen ist
die Behauptung, der Obstbau sei nicht rentabel, doch nicht
richtig, im Gegenteil darf gesagt werden, nur wenige
Kulturen sind so einträglich als der Obstbau. Wenn
allerdings die Obstkultur. in der bisher gewohnten Weise,
alle möglichen und auch alle unmöglichen Sorten anzu-
pflanzen, weiter betrieben wird, so wird von einer Renta-
bilität kaum die Rede sein können. Diese ist nur dann
zu erzielen, wonn soiche Sorten angebaut werden, die gern
und wiliig tragen und für die lokalen Verhältnisse geeignet
sind. Um eine Unterlage für die Rentabilität des Obst
baues zu erhalten, hat man in hiesiger Gegend verschiedene
Erhebungen und Beobachtungen angestellt, die sämtlich-
ein befriedigendes Resultat ergeben haben und deutlich
zeigen, dafs der Obstbau rentabel ist. Allerdings ist es
aufserordentlich schwierig, die Jahreserträge einer be-
stimmten Fläche anzugeben, weil in der Regel nur einzelne
Bäume von wirklich geeigneten Sorten vorhanden sind
und neu. geschaffeno, mit ertragsfähigen Sorten versehene
Anlagen sich noch nicht im tragfähigen Zustande beflnden.
Es kann daher nur nach einzelnen Bäumen geschätzt und
diese Schätzung auf den Morgen berechnet werden. Nach
den hierorts angestellten Ermitteiungen beträgt der Rein-
gewinn pro Morgen und pro Jahr 200 Mk. Diese
Summe ist drei- bis siebenjährigen Durchschnittserträgen
entnommen und soll deshalb auch nur fiir hiesige Ver-
hältnisse geltend sein.

Im ersten Fallo handelt es sich um die Sorte „Kanada
Renette“, also Tafelobst. Zwei Bäume dieser Sorte stehen
in hiesiger Gegend als Halbstammform in einem Gärtchen
über einem Keller, welcher stellenweise nur mit 1,20 m
Erde bedeckt ist. Das Gärtchen ist sehr trocken, liegt
zwischcn zwei Strafsen und bildet ein schmales Dreieck.
Beide Bäume werden durch die Jugend, welche im Sommer
die Äpfel als Zielscheibe für ihre Streiche wählt, derartig
beschädigt, dafs man an einzelnen Tagen häuflg 10 Pfund
und noch mehr Fallobst zusammenlesen kann. Trotz dieses
starken Abganges und der oft schweren Beschädigungen
der Bäume dureh Steinwiirfe haben beide Exemplare seit
fvinf Jahren alljährlich einen Durchschnittsertrag von
4 Centnern, jeder Baum somit zwei Centner Äpfel geliefert,
Auf einen Morgen können wir nun bei einem gegenseitigon
Abstand von 10 m 25 Hochstämme von der Kanada-Renette
pflanzen. Diese würden, sobald sie im besten Alter stehen,
pro Jahr mindestens 50 Centner Früchte liefern, der
Centner im Durchschnitt 8 Mk. Der Ertrag beläuft sich
somit auf 400 Mk. pro Morgen. Rechnet man für Baum-

pflege, Diingung etc. pro Baum und pro Jahr hochgegriffen
4 Mk., so sind 100 Mk. für jährliche Unterhaltungskosten
abzuziehen. Berechnet man fiir Amortisation des Anlage-
kapitals, der Pflege in den ersten zehn bis fünfzehn Jahren,
in welchen die Bäume noch keine Erträge bringen, eben-
falls pro Baum 4 Mk., so sind weitere 100 Mk. von der
Einnahme zu streichen, bleibt somit ein Reingewinn
von 200 Mk. Diese Summe erhöht sich aber noch
wesentlich, wenn von einer landwirtschaftlichen Unterkultur
abgesehen wird. Da nun die Unterkulturen immerhin
einen Reingewinn von 40—50 Mk. und noch mehr ab-
zuwerfen vermögen, so darf man mit ziemlicher Bestimmt-
heit einen Jahresgewinn von 250 Mk. pro Morgen Obstfeld
rechnen.

Im andern Falle betrifi't es einen Apfelbaum der Sorte
„Roter Eiserapfel“. Der Baum kann zur Zeit ein Alter von
24 Jahren besitzen. Seit drei Jahren sind die Erträge auf-
geschrieben worden. Derselbe brachte im Janr

1898 einen Erlös von 25 Mk.

1899 „ „ „ 18 „

1900 „ „ „ 22 „

ausschliefslich des Fallobstes, im Durchschnitt in den
letzten drei Jahren pro Jahr 22 Mk., in runder Summe
20 Mk. Die Apfelsorte „Roter Eiserapfel“ besitzt eine
weitgehende Krone, man kann daher auf den Morgen nicht
25, sondern nur 20 Bäume pflanzen. Wenn jeder Baum
einen Ertrag von 20 Mk. erzielt, so werden auch in diesem
Falle 400 Mk. pro Morgen erzielt; die Berechnung deckt
sich demnach mit dem. erstgenannten Beispiel.

Ein drittes Beispiel stellt die Rentabilität in ein noch
besseres Licht. Hier betrifft es die Sorte „Weifser Matapfel“.
Laut vorgelegtem Buch seit 1894, in welcher Zeit das Feld
Eigent.um des heutigen Besitzers geworden ist, wurden
nachstehende Erträge notiert:

1894:

8

Ctr. ä 3 >/2 Mk. -

28,-

Mk.

1895:

1

„ 3 n

3,—

»

1896:

12

„ ä „ -

30,—


1897:

Fehljahr



1898:

8,6

Ctr. ä 6 Mk. -

51,60




1 Ctr. Fallobst -

4,—


1899:

2

II

10,—

»

1900:

1

„ ä 5 „ -

5,—



131,60 Mk. : 7 = 18,80 Mk.
pro Jahr.

Von dieser Obstsorte rechnet man 20 Bäume pro
Morgen, so dafs ein Jahresertrag von 376 Mk. angenommen
werden kann. Der Reingewinn ist hier scheinbar geringer
als in den vorerst geschilderten Beispielen. In Wirklich-
keit jedoch übertrifft er dieselben, denn der Baum ist nach
mtindlicher Mitteilung des Eigentümers während dieser
Zeit weder gepflegt noch gedüngt worden; die Unterhaltung
war zufolge dessen nur gering. Auch in diesem Falle
decken sich die zuerst gesteilten Berechnungen. Nun lehrt
uns aber die Erfahrung, dafs ältere Obstbäume ganz andere
Jahreserträge, als die angeführten, zu liefern vermögen.
Ein mir bekannter Apfelbaum, der sich allerdings in bester
Behandlung beflndet, brachte laut Angabe des sehr glaub-
 
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