Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 3.1901

DOI Heft:
Nr. 6
DOI Artikel:
Schoch, Gottlieb: Das Gehölzmaterial des Gartenkünstlers, 1
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0134

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
120

DIE GARTENKUNST

III, 6

Gehölzkunde.

Das Geliölzmaterial des Gartenkiinstlers.

Yon G. Scfaoch in Magdeburg.

I.

Zu den wichtigsten Gebilden, deren sich der Garten-
künstler beim Aufbau seiner Werke bedient, gehören die
Gehölze. Sie sind die an Masse gröfsten Pormen, welche
er frei verwenden kann. Sie gliedern den Aufbau der
Gartenschöpfungen im grofsen wie in den einzelnen Scenen.
Durch die Auswahl der Pormen und die Art der Anord-
nung wird der Charakter der Gärten hauptsächiich bestimmt.
In der Beherrschung- des Gehölzmaterials und der Art der
Verwendung erkennt man dahcr vor allem andern den
Meister.

Um das Gehöizmaterial zu beherrschen, ist Vorbedin-
gung, dafs der Gartenkünstler zunächst das einzelne Gehölz
genau kenne. Diese Kenntnis mufs sich aber weiter er-
strecken, als dafs er in der Baumschule die Gehölze zu
unterscheiden verstehe. Er mufs den Charakter jedes Ge-
hölzes nach dessen Entwickelungsübergängen in den Jahres-
zeiten und dem Lebensalter bis zum ausgewachsenen Zu-
stande bewerten können, um bei der Verwendung im
Garten der beabsichtigten Wirkung sicher zu sein. Ältere
Gärten und Parkanlagen neben unserer heimischen Natur
sind deshalb die Orte, wo der Gartenkünstler die Gehölz-
charaktere zu studieren hat, nachdem er in der Baumschule
gelernt hat, sie äufserlich zu unterscheiden.

Sodann aber tritt an den Gartenkünstler bei der Pülle
der vorhandenen Pormen die nicht minder wichtige Auf-
gabe heran, diese verschiedenen Pormen so zu ordnen,
dafs er aus denselben nach der beabsichtigten Wirkung
leicht; und frei seine Auswahl treffen kann. Diese Aufgabe
soll uns hier beschäftigen. Bei der grofsen Anzahl von
Gehölzen, die in der Neuzeit aus dem Auslande eingeführt
sind und noch immer eingeführt werden, erfordert die
Lösung eingehende Beschäftigung mit den Gehölzen, um
zu einern befriedigenden Ergebnis zu gelangen. Viele
der heutigen Gartenkünstler sind zu einein solchen Er-
gebnis nicht gekommen. Deshalb herrscht zur Zeit an
vielen Oi'ten eine der gesunden Entwickelung unserer
'Kunst entgegenstehende Vernachlässigung des Gehöiz-
charakters, ein auffallender Mangel in der Beherrschung
des Gehölzmaterials, der bei allen sonstigen Vorziigen der
Gartenschöpfungen, ihren dauernden Wert herabdrückt.

Pihe wir selbst der Aufgabe näher treten, wollen wir
sehen, wie frühere namhafte Gartenkünster sich mit der-
selben abgefunden haben.

Bei Einführung des unregelmäfsigen Gartenstils aus
England im 18. Jahrhundert erhielten wir hier in Deutsch-
land auch die dort iibliche Pflanzmethode, welche die Ge-
hölze nur nach ihrer Höhe ohne weitere Rücksicht ordnete.
In den schmalen und langen oderrunden Gruppen wurden
die höchsten Bäume in die Mitte geflanzt, nach den Rändern
flelen sie ab und Sträucher fafsten die Gruppen ein.
Nüchterner gärtnerischer Routine verdankte diese Pflanz-
weise ihr Bntstehen. Während anfänglich selbst Laub- und

Nadelholz gemischt wurden, sonderte mah bald diese auf-
fallendsten Gestalten von einander.

Es lag am nächsten, die Gehölze nach ihrer Gröfse zu
ordnen, um eine praktisch brauchbare und iibersichtliche
Einteilung zu erhalten. Diese flnden wir bei Skell.*)
Er bildet aus den Gehölzen nach der Grösse acht Klassen,
von denen er drei den Bäumen, eine den Mittelhölzern und
vier den Sträuchern zuteilt. Dann schliefst er noch die
klimmenden und kriechenden Pflanzen an.

Seine Einteilung sieht t'olgendermafsen aus:

Bäume I. Klasse 70—100 Pufs hoch 26 Arten und

Abarten,

Bäume II. Klasse 50—70 F’ufs hoch 37 Arten und

Abarten,

Bäume III. Klasse 30—50 Pufs hoch 85 Arten und

Abarten,

Mittelhölzer IV. Klasse 15—25 Fufs hoch 125 Arten und
Abarten,

Gesträuche V. Klasse 10—15 Pufs hoch 91 Arten und
Abarten,

Gesträuche VI. Klasse 5—10 Pufs hoch 166 Arten und

Abarten,

Gesträuche VII. Klasse 3—5 Pufs hoch 195 Arten und

Abarten,

GesträucheVIII. Klasse 1—3 P’ufs hoch 115 Arten und

Abarten,

Klimmende und kriechende Pflanzen 85 Arten und

Abarten.

Nach dieser übersichtlichen Zusammenstellung des ge-
samten Materials giebt Skell 64 Beispiele, wie er die
Pormen auswählt und zusammen gruppiert. Wir erkennen
aus den Beispielen, dafs er seine Auswahl nur nach seinem
künstlerischen Empflnden unter dem Gesichtspunkt triftt,
dafs die Gehölzformen mit einander harmonieren. Hierbei
beobachtet er die Regel, hellere und dunklere Laubtöne mit
einander zu verbinden, um beide in der Wirkung zu steigern.
Aus seiner Vorschrift, die Gehölze jedesmal in Massen
d. h. mit 300, 500 bis 1000 und mehreren Bäumen und
Gesträuchen gleieher Art nach Verhältnis der Gröfse des
Platzes aufzustellen, sehen wir, dafs er von dem Grund-
satz ausging, die einzelne Gehölzform voll zur charakte-
ristischen Wirkung zu bringen und durch die Art und
Weise, wie die verschiedenen Pormen mit einander
gruppiert und verwebt wurden, die Wirkung der einzelnen
zu vertiefen. Volle ktinstlerische Beherrschung des Ma-
terials war die notwendige Grundlage dieser Methode, wenn
sie Erfolg haben sollte. Bei Skell war dieser Erfolg vor-
handen und wir können uns dessen in seinen Schöpfungen
noch heute erfreuen.

Lenne als Schiiler Skells folgte den Grundsätzen des
lotzteren bei Verwendung der Gehölzformen, nur arbeitete
er nicht so' grofs und breit wie sein Lehrer, sondern
zierlicher; aber auch sein Bestreben war, dem einzelnen
Gehölz solchen Raum zu gewähren, dafs es seinen Charakter
zur Geltung bringen konnte. Schriftliche Aufzeichnungen
hierüber fehlen von ihm. Wir folgern hier aus seinen

*) F. L. von Skell, Beiträge zur bildenden Gartenkunst. Münclien
1825. S. 238 (erste gleiclilautende Aufiage 1818).
 
Annotationen