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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 6
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Encke, Fritz: Die geplante Thalsperre im Bodethale: Vortrag, gehalten im Verein deutscher Gartenkünstler am 11. November 1900
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Sprenger, C.: Die Gärten der zweiten Stadt Frankreichs
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0129

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III, 6

DIE GARTENKUNST

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des Wassers durch einen Stollen ein Stück Bode im Sommer
fast ganz ohne Wasser ist, welchem später dauernd erheb-
liche Wassermassen zugeführt würden.

Bei der etwaigen Beeinträchtigung des Landschafts-
bildes durch die Stauweiher selbst kommen nur die zwei
Unterteiche bei der Prinzensicht und bei Wendefurth in Be-
tracht, da die zwei Oberteiche an entlegenen Stellen des
Harzes liegen, welche von den Harzreisenden kaum jemals
aufgesucht werden. Auch ist zumal die Gegend zwischen
Rübeland und Rothe-Htitte an sich weniger reizvoll und
enthält bereits gröfsere gewerbliche Anlagen, so dal's hier
die Anlage auf keinerlei ästhetische Bedenken stöfst.

Es bleiben somit zu besprechen die Mauern und Teiche
an der Prinzensicht und bei Wendefurth.

Die Mauer der Prinzonsicht-Thalsperre liegt in einer
Biegung des Bodelaufes, so dafs sie von unten aus gar
nicht gesehen werden kann, während, von oben gesehen,
nur ihre Oberkante sichtbar wird. Der Stauteich bewirkt,
dafs die Thalwände mehr oder weniger von ihrer Höhe
einbüfsen und zwar in der Nähe der Sperrmauer fast x/3
ihrer gesamten Höhe iiber demjetzigen Bodespiegel. Dieser
Umstand ist ebenso wie das Aufhören des Rauschens an
sich bedauerlich, aber man mufs bedenken, dafs die gleichen
Landschaftsmotive unterhalb der Sperrmauer in noch grofs-
artigerem Mafse vorhanden sind und ungestört erhalten
bleiben, und dafs an die Stelle des an sich gewifs schönen
Bodelaufes ein Bergsee tritt, welcher sicherlich grofse land-
schaftliche Reize bieten wird. Wie die Kammwand von
der Prinz Heinrich-Baude im Riesengebirge in den grofsen
Teich abfällt, so werden die steilen Pelswände des Bode-
thales fast senkrecht in den Seespiegel eintauchen, dabei
durch ihrSpiegelbild die verlorene wirklicheHöhe z.T. schein-
bar ersetzend. Es werden leider manche wild malerischen
Pelspartien unter dem Wasserspiegel verschwinden, be-
sonders von den prachtvoilen Gewitterklippen, aber es ist
anzunehmen, dafs bei dem Aufschliefsen der angrenzenden
Gebiete durch die höher zu verlegenden Wege mancher
neue malerisch schöne Teil zugänglich wird, welcher jetzt
im Walde versteckt liegt. Der z. T. von steilen Klippen
eingefafste Bergsee, welcher, wenn auch in kleinem Mafs-
stabe, hier und da an den Ober-See am Ende des Königs-
sees in Oberbayern erinnern diirfte, wird die vielfach vor-
und zurückspringenden buchtenreichen Thalwände in ihrer
unregelmäfsigen Grundrifsform durch die scharfe Linie des
Wasserspiegels noch rnehr liervorheben, als dies jetzt der
Pall ist.

Der Stauteich bei Wendefurth liegt in einer ganz
anderen Landschaft als der vorige, er wird daher auch
einen ganz anderen Eindruck machen, als der eben ge-
schilderte. Das Thal ist hier breiter, die Höhenzüge, die
es begrenzen, sind sanfter. Der See diirfte an einzeinen
Stellen an die Potsdamer Seen, etwa den Griebnitzsee oder
denSchwielowsee bei Baumgartenbrück oder an die holstein-
schen Seen erinnern. Urwüchsige Natur wird durch ihn
nicht verdrängt, da die dortige Gegend sowohl landwirt-
schaftlich wie auch forstwirtschaftlich ausgenutzt wird.
Der Abschlufs des Sees boi Wendefurth würde durch die
212 m lange und 25 m hohe Sperrmauer erfolgen. Ich

bin nicht der Ansicht, dafs dieses mächtige Bauwerk das
Landschaftsbild beeinträchtigen würde, sondern glaube, dafs
es im Gegenteil der Gegend einen besonderen Reiz ver-
leihen wird. Wie angenehm wirken in der Naturscenerie
menscliliche Wohnungen, Dörfer, Forsthäuser, Miihlen.
Wie prächtig und gewaltig erscheint nicht ein Viadukt,
wie ihn der Eisenbahnbau hie und da erfordert! Ganz
ähnlich wiirde diese Sperrmauer wirken, zumal wenn durch
geeignete Pfeilerstellungen Licht- und Schattenwechsel
die grofse Fläche gliederte. Jeder Versuch, irgendwo
in der ganzen Anlage durch die Kunst natürliche Pels-
bildungen wiedergeben zu wollen, wäre zu tadeln. Denn
in so grofsen und grofsartigen Verhältnissen soll man es
unterlassen, durch Menschenwerk mit den natürlichen Bil-
dungen wetteifern zu wollen, da der Vergleich sicher zu
Ungunsten der ersteren ausfallen würde.

Iiält man die Vor- und Nachteile der geplanten Thal-
sperren für die landschaftliche Schönheit des Bodethales
gegeneinander, so wird man, selbst als leidenschaftlicher
Naturfreund, sich mit dem dargelegten Projekte einver-
standen erklären können. Und es ist recht erfreulich, dafs
dies der Fall ist; denn selbst, wenn man als Naturfreund
das Projekt ungern sehen möchte, wiirde man sich doch
schwer dazu entschliefsen, ein Unternehmen zu venverfen,
welches den Bewohnern des Iiarzes und dessen Vorlandes
die Segnungen einer vervollkommneten gewerblichen
Technik und den Schutz vor den zerstörenden Hochwassern
bieten wird, und welches vorbildlich zu werden verspricht
fiir die Wasserwirtschaft in den Quellgebieten der Piüsse,
welche so sehr der Verbesserung bedarf.

Wünschen wir dem Unternehmen, dafs es wie die ihm
anfänglich entgegenstehende öffentliche Meinung auch die
durch die Gesetzgebung im Wege stehenden Schwieriglceiten
iiberwindet.

Gärten des Auslandes.

Die Gärten der zweiten Stadt Frankreichs.

Von C. Sprenger, Vomero-Neapel.

Der erste Herbstwind fegt das diirre Laub wirbelnd
vorüber. Es raschelt in den Baumkronen und wo die
sommerliche fast tropische Hitze nichts mehr übrig ge-
lassen hat als winterliche, nackte Zweige, da sitzt ver-
wundert der Edelfink und vergifst sein kurzes Lied zu
schmettern. Die Hitze war sehr grofs in Lyon; Linden,
Ulmen, Rofskastanien und Syringen sind in den Strafsen
und auf den Plätzen seit August völlig entlaubt. Das hat
manche so verdrossen, dafs sie wieder Prühling machen.
Sie wollen absolut grünen und auch bliihen. Warum habt
ihr Götter uns so nackt hierher gestellt? das pafst uns
gar nicht und — gedacht, gethan — nach einem sanften
Regen sprofst es auf den Boulevards von Lyon, als ob es
plötzlich Mai geworden und nicht mehr Herbst sei. Die
Aesculus Hippocastanum stehen Ende September an den
Strafsen von Lyon da und dort in voller Blüte und ihr
zartes, junges, grünes Laub, das sich nur schüchtern

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