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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 6
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Encke, Fritz: Die geplante Thalsperre im Bodethale: Vortrag, gehalten im Verein deutscher Gartenkünstler am 11. November 1900
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0128

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ii4

biE GAfeTENKUi^Si’

iii, 6

giefstsichdannerstindasnatürlichePlufsbett, umdort mitver-
stärkter Kraft die schon bestehenden Miihlwerke zu treiben
und zugleich die jetzt stückweise trocken liegenden Plufsbett-
■ teile zu beleben. Aus dem untersten Sperrteiche wird über
die Freiflut, als Wasserfall und durch den Grundablafs per-
manent eine Wassennenge zur Belebung der Bodeschlucht
vom Bodekessel abwärts bis nach Hubertusbad frei abge-
lassen. Biese soll dem 10jährigen Durchschnitt der in den
Sommermonaten jetzt die ßode durchfliefsenden Wasser-
menge entsprechen, und zwar soll am Tage etwa 3/4 dieser
Menge, nachts x/4 abgelassen werden.

Wie schon oben angedeutet, geht der Rest der verfiig-
baren Wassermenge durcli den den Rofstrappfelsen durch-
bohrenden Stollen nach dem Hubertusbad in Thale auf die
dortigen Turbinen. Ein kleiner Teil des aus den Turbinen
kommenden Wassers geht (1/4 cbm/sec) in die Pilter derTrink-
wasserleitung, der Hauptteil ergiefst sich wieder in das Bode-
bett und vereinigt sich mit dem von oben frei abgelassenen
Wasser zu einer fortwährenden Mindestwasserlieferung der
Mittelbode von 4,5 bis 5,5 cbm/sec. Hierzu treten noch
die Wasserlieferungen einiger in das Bodethal unterhalb
des Kessels einmündenden Bäche. Die Gesamtkraftleistung
der 4 Sperren im Jahre wird 55 000 000 Stundenpferde-
kräfte betragen.

Als der Plan bekannt wurde, im Bodethal eine Thal-
sperre zu bauen, ging durch weite Kreise des deutschen
Volkes ein Entrüstungsschrei, fürchtete man doch, dafs
die Schönheiten des Bodethales, welche im mittieren und
nördiichen Deutschland unübertroffen dastehen, Einbufse er-
leiden würden. Auch im Harz-Klub wurden Stimmen laut,
welche sich gegen die Thaisperren erklärten, während
andere, wohl infolge der wirtschaftlichen Vorteile, und in
der Meinung, dafs die Sperren die Schönheit der Land-
schaft nicht beeinträchtigen wiirden, sich für den Bau. der
Sperre erklärten. Infolge einer Eingabe der Sektion Goslar
des Harzklubs an das Preufsische Ministerium ordnete dieses
an, dafs der Regierungsräsident von Magdeburg eine Kom-
mission ins Leben rufe, welche beurteilen solle, in weicher
Weise die Schönheiten des Bodethales durch das Thalsperre-
projekt beeinträchtigt würden. Die Kommission unternahm
unter Führung des Regierungspräsidenten von Magdeburg
eine Besichtigung der in Prage kommenden Teile des Bode-
thales. Sie setzte sich zusammen aus 2 Gartenkiinstlern
(Stadtgartendirektor Schoch-Magdeburg und dem Ver-
fasser), 2 Architekten, Mitgliedern des Harzklubs, und
Interessenten aus den anliegenden Städten und Kreisen.

Es kann nicht meine Aufgabe sein, den Inhalt des
s. Z. abgegebenen Gutachtens hier wiederzugeben. Viel-
mehr seien die vermeintlichen und wirklichen Nachteile,
sowie die Gründe, welche vom ästhetischen Gesichtspunkte
aus für das Projekt sprechen, hier in Kürze angeführt.

Es giebt einen Standpunkt, von welchem aus man jeden
Eingriff in die Gebirgsnatur des Harzes vermieden wissen
möchte. Bei dem steten Umsichgreifen der Kultur schwindet
die ursprüngliche Natur imrner mehr, so dafs es angebracht
wäre, um dem Volke ein grofses Stück schöner und ur-
wüchsiger Natur zu erhalten, den Harz oder doch einige
seiner schönsten Teile für eine Art Nationalpark zu er-

klären und als solchen vor jedem Eingriffe der Kultur zu
bewahren.

Dies ist ein sehr einleuchtender Gedanke. Aber wird
denn heute, abgesehen von dem Thalsperrenprojekte, da-
nach verfahren? Ich bin nicht dieser Ansicht. Der Harz,
auch in seinen schönsten Teilen, wird einfach forstwirt-
schaftlich behandelt, der flolzbestand wird, wenn er nach
forstlichen Grundsätzen zum Schlagen fertig ist, abgeholzt
und wieder aufgeforstet. Und dies Abholzen eines alten
Waldbestandes ist doch sicher alles andere, als ein Erhalten
der ursprünglichen Natur. An anderen weiten Waldgründen
des Ostharzes z. B. sperrt man weite Pahrwegezüge selbst
für den Fufswanderer, angeblich des Wildschutzes wegen.
Also auch hier keine Behandlung des Harzes im Sinne
eines dem Volke often stehenden Nationalparkes, sondern
im Sinne der doch nur wenigen zugänglichen und für den
Staatssäckel einträglichen Jagd. Die jahrelange Beob-
achtung von schönen Aussichtspunkten im Gebirge lehrt
ebenfalis, dafs es der Forstverwaltung viel mehr darum zu
thun ist, diese zuwachsen zu lassen, um den Verkehr von
diesen Stellen abzulenken, als umgekehrt durch Offenhalten
derselben den Touristenstrom anzulocken. Wie vieie Wege
im Harze, welche schöne Partien aufschliefsen, sind der
Beharrlichkeit des Harzklubs zu verdanken und nicht von
Hause aus den Bestrebungen der Forstverwaltung. Ich
habe hier nicht die Absicht, die Mafsnahmen der Forst-
verwaltung zu kritisieren, meine Ausführungen sollen
nur darthun, dafs der Umstand, die Thalsperren griffen
in die Urwüchsigkeit des Harzes ein, nicht mafsgebend
ist für eine Ablehnung derselben; vielmehr müfsten dann
ganz neue Gesichtspunkte für die Bewirtschaftung jener
Harzgebiete überhaupt aufgestellt werden.

Es fragt sich demnach für die weiteren Erörterungen,
ob die Sperranlagen und Stauweiher unschön wirken oder
im Gegenteil reizvolle neue Landschaftsscenen hervorrufen.

Das untere Bodethal bis zum Bodekessel, die grofs-
artigste und wildeste Partie des ganzen Bodelaufes, bleibt
nach wie vor gänzlich unberührt, da dafür Sorge getragen
wird, dafs dieser Teil auch von Materialanfunren, proviso-
rischen Baulichkeiten u. s. w. frei bleiben wird. Allerdings
wird das Wasserquantum, welches die Bode liier führt,
dauernd nur dem Durchschnitte der täglichen Mengen in den
Sommermonaten entsprechen, aber die zu Grunde gelegte
Zeit ist eben diejenige, in welcher der Hauptfremdenstrom
das Bodethal aufsucht.

Eine Verbesserung für den Ausgang des Bodethaies
bei Thale wiirde es bedeuten, wenn sich die grofsen Fabrik-
anlagen, soweit es angängig, .der elektrischen Kraft be-
dienen möchten, da dadurch der bei W-Winden in Thale
unerträgliche Qualm der Fabrikschornsteine vermindert
würde. Die Scenerie am Bodekessel würde durch die als
Wassersturz geplante Wasserzuleitung um eine landschaft-
liche Schönheit bereichert werden.

Das, was sonst von dem Stiicke des Bodelaufes unter-
halb der untersten Sperre gilt, ist auch für die Teile zwischen
den einzelnen Stauweihern zutreffend. Besonders würde
zwischen Treseburg und Wendefurth gegen den jetzigen
Zustand Verbesserungen eintreten, da jetzt durch Abführung
 
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