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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 8
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Heicke, C.: Der Ludwigsplatz in Aachen
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154

DIE GARTENKUNST

III, 8

Der Ludwigsplatz zu Aachen.

Von C. Heieke, St.adt-Garteninspektor in Aachen.

(Hierzu ein Plan.)

Nicht nur die Umgebung der Stadt Aachon ist reich
an Bodenerhebungen und Senlmngen, Hiigeln und Thälern,
auch die Stadt selbst hat eine sehr wechselvolle Lage;
es geht immer bergauf und bergab. Das ist fiir den Ver-
kehr zwar nicht gerade angenehm und bequem, es hat
aber zur Folge, dafs das Stadtbild sicli im allgemeinen
sehr interessant gestaltet und dem fremden Besucher manche
Überraschung bereitet.

So ist es, wenn letzterer mittelst der elektrischen
Kleinbahn in nördlicher Richtung nach dem Lousberge hin
durch die Stadt fährt. Am Bndpunkt der Linie am Fufse
des Lousberges, da wo die Kupferstrafse von der Ludwigs-
allee, einem Teile der auf dem ehemaligen Befestigungs-
terrain angelegten Ringpromenade, abzweigt, steht der
Überrest eines alten klotzigen Mauerturmes, die sogenannte
Marienburg, ein erhalten gebliebenes Überbleibsel des zuBnde
des 13. undAnfang des 14. Jahrhundert angelegten äufsern
Befestigungsringes der Stadt. Betritt. man die siidlich
davor gelegene Platzfläche, so ist man ganz iiberrascht
von dem prächtigen Bilde, welches sich einem bietet. Die
Stadt mit ihren Dächern ünd zahlreichen Türmen, unter
denen der Dom und die ilirer Vollendung entgegen gehen-
den Rathaustürme als besonders wirkungsvolle Gruppe das
Auge auf sich ziehen, liegt zu den Fiifsen des Beschauers.
Seine erstaunten Bliclce überfliegen oin malerisches Städte-
bild, dessen Rahmen durch die in weitem Bogen im Siiden
die Stadt umspannenden Höhen des Aachener Waldes ge-
bildet wird.

Zwischen dem Standort des Beschauers und der um
rund 25 m tiefer gelegenen nächsten Häusergruppe der
Stadt breitet sich eine etwa 200 m breite und 350 m lange
Fläche Gartenland aus, das bisher unbebaut geblieben ist.

Dieser glücldiche Umstand ist von dem vormaligen
Aachener Stadtbaumeister, jetzigen Geh. Baurat Stübben
(Köln), dem Schöpfer des Bebauungsplanes des ganzen
Stadtviertels, zu dessen Erlangung im Jahre 1877 ein Wett-
bewerb ausgeschrieben war, ausgenutzt worden, um hier
eine grofse freie Platzfläche vorzusehen, so dafs der herr-
liche Blick niemals verbaut werden kann. Baubeschränkun-
gen, welche die Bauhöhe für die umgebenden Strafsen auf
ein geeignetes Mafs herabsetzen, werden dazu beitragen,
diesen Zweck vollstäridig zu erreichen.

Die Bauthätigkeit, welche um Aachen herum noch
sonst hinlänglich Gelegenheit fand, sich. zu entfalten,
drängte nicht sehr, so dafs mit dem Ausbau der Strafsen-
züge und des Platzes selbst, welcher den Namen „Ludwigs-
plat.z“ erhielt, erst in den letzten Jahren vorgegangen zu
werden brauchte. ImJahre 1897 wurde die südliche Fahr-
bahn der Ludwigsallee und der Strafsenzug von der Lous-
bergstrafse zur Hermannstrafse am südwestlichen Platzrande
entlang, sowie die Hermannstrafse selbst ausgebaut und
damit die noch immer fehlende direkte Verbindung des
Lousbergvie.rtels mit dem Stadtinnern hergestellt. Da
der Ausbau der südlichen Fahrbahn der Ludwigsallee,
deren nördliche Fahrbalin bereits aufserhalb der alten

Umwallung der Stadt liegt und schon seit Jahren aus-
gebaut ist, den zwischen beiden gelegenen Anlagestreifen
teilweise ansclmitt, so war dadurch Veranlassung gegeben,
diesen Teil der Promenade einer Neugestaltung zu unter-
ziehen, die wiederum nicht gut in Angriff genommen
werden konnte, ohne dafs man sich iiber die künftige
Ausgestaltung des Ludwigsplätzes klar war.

Es wurde daher im Jahre 1897 eine Anzahl Projekte
aufgestellt, die sowohl die Umgestaltung der Promenaden-
anlage als auch die Platzeinrichtung betrafen. Von ihnen
wurde dasjenige des Verfassers dieses Berichtes, soweit es
sich auf die Umgestaltung der Ludwigsallee bezog, zur Aus-
führung bestimmt und letztere im Herbst 1897 begonnen und
im Sommer 1898 zu Ende gefiihrt. Die Summe des Voran-
schlages von 18000 Mark wurde dabei innegehalten.

Für den Ludwigsplatz selbst waren zunächst nur die
allgemeinen Gesichtspunkte festgelegt worden. Das end-
giiltige und detaillierte Projekt für denselben wurde am
23. November 1899 von dem Berichterstatter der Stadt-
verwaltung unterbreitet und von den zuständigen Aus-
schüssen in ihren Sitzungen vom 29. Dezember 1899 und
3. Januar 1900 genehmigt. Da jedoch wegen des er-
forderlichen Grunderwerbs die Verhandlungen nicht recht
vom Flecke rückten, so zog sich die Sache noch weiter
in die Länge, bis der Umstand, dafs die allgemeine
Geschäftslagefürden Winter 1900—1901 einenNotstand unter
der Aachener Arbeiterbevölkerung befürchten liefs, die Stadt-
verwaltung veranlafste, zur Verhütung desselben eine An-
zahl bisher zuriickgestellter Arbeiten, darunter die Anlage
des Ludwigsplatzes, in Angriff zu nehmen. Die Stadtver-
ordneten-Versammlung bewilligte am 13. November 1900
die Kosten in Höhe von 53700 Mark und es erging der
Auftrag zur Inangriffnahme der Arbeiten. Dieselben sind
am 7. Januar 1901 begonnen worden.

Die Gestaltung des Planes und seine Anordnung im
einzelnen wurde, abgesehen von ästhetischen Rücksichten,
bedingt durch die vorhandene ungewöhnliche Situation und
die Verkehrsbedürfnisse. Die Ludwigsallee begrenzt die
Platzfläche im Norden. Sie hat, wie auch die iibrigen
Teile der Promenade, zwei Fahrbahnen, von denen die nörd-
liche höher gelegen ist als die siidliche. Das G.elände
zwischen beiden, auf dem sich die ehemaligen Gräben und
Wallmauern befunden haben, ist zu Anfäng des 19. Jahr-
hunderts nach Zuschiittung des Wallgrabens bepflanzt
worden und hat daher einen reichen Bestand schöner alter
Bäume; namentlich alte Kastanien stehen zu beiden Seiten
der Marienburg auf dem Reststücke des alten Wallganges,
wo sich früher, an die Marienburg anschliefsend, die Stadt-
mauer erhob. Auf diesern Wallgange ist der breite Weg
angelegt, welcher von dem Aussichtsplateau nach rechts
und link-s abzweigt.

Nach der südlichen Fahrbahn, welche etwa 5 Meter
tiefer liegt, führen vom Plateau zwei rampenartige Wege
und zwei lcürzere Treppenstiege hinab. Die Böschungs-
flächen nach der südlichen Fahrbahn hin, welche die
Promenade bildet, sind sehr steil, an einigen Stellen, wo
die Erhaltung alter Bäume angestrebt werden mufste, fallen
sie nähezu senkrecht ab. Es gab dies Gelegenheit zur
 
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