Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Gartenkunst — 3.1901

DOI Heft:
Nr. 4
DOI Artikel:
Ledien, Franz: Feier des 75jährigen Bestehens der Kgl. Gartenbau-Gesellschaft "Flora" zu Dresden
DOI Artikel:
Staemmler, Ferdinand: Der Blumenschmuck gelegentlich der Geburtstagsfeier Sr. Maj. des Kaisers im Schießhaussaale zu Liegnitz
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0088

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
74

DIE GARTENKUNST

III, 4

die nach den Seiten zu in Gebüsche von Rosen, Plieder,
Margeriten, gefüllten Kirschen, Glycinen u. s. w. übergingen.
Zur Ergänzung des Gesamtbildes mufs nun noch erwähnt
werden, dafs die Seiten und Galerien dos Saales sowie das
geräumige Treppenhaus ebenfalls auf das. reichste mit
Blatt- und Blütenpflanzen geschmückt waren, sodafs die
abgebildete grofse Gruppe nicht unvermittelt dastand,
sondern nur. den Ivern darstellte, von wo aus die ver-
schiedenen Ansprachen erfolgcen. Wieder einmal hat die
Dresdner Gärtnerschaft gezeigt, durch welche Gesinnung
sie grofs geworden ist, nämlich durch das Zurückstellen
kleinlicher persönlicher Vorteilssucht hinter grofse gemein-
same Ziele, die auch dem Kleinsten Entwickelungsraum
gewähren. Ledien.

Der Blunienschnmck gelegentlich (1er Geburtstagsfeier
Sr. Maj. (les Kaisers im Schiel'sliaussaale zu Liegnitz.

Von Perd. Stämmler. Königl. Gartenbau-Direktor.

(Hierzu 3 AbbilduDgen.)

Im grofsen und ganzen haben es die Stadtgärtnereien
nicht nötig, sich während der .'Winterzeit mit Blumen-
treibereien zu befassen, da die städtischen Behörden in
Bezug auf blühende Blunien im.Winter viel ansprüchsloser
sind wie die. bescheidenste Schlofsherrin auf dem Lande;
Im Sommer ist das. etwas anderes, da mtissen die Stadt-
gärtnereien, was Blumenschmuck und Blatfpflanzenzierde
anbelangt, den heim.ischen Handelsgärtnereien gewisser-
mafsen als Aushängeschild für guten Geschmack und rich-
tige Verwendbarkeit von Blumen und. Blattpflanzen auf'
Beeten dienen. Besönders in den mittleren Städten, von
welchen man wohl behauptet, dafs dieselben den Steuer-
zahlern so wenig bieten, wird heut auf prächtigen Blumen-
schmuck grofser Wert gelegt. L>ie Ansprüche werden nach
dieser Richtung hin von Jahr zu Jahr gröfser und zwar
zu Xutz urid Frommen der heimischen Gärtnereien und
zur gedeihlicheren Entwickelung. des Gartenbaues iiber-
haupt. ,Es geht dem Publikum mit den Promenaden-Blumen-
beeten. so, wie mit den reich ausgestatteten Schaufenstern
der Kaufläden, was man sieht, möchte man haben, trotz-
dem vorher dafür kein Bedürfnis vorhanden war. Nun,
jedwede Stadtgemeinde thut wohl daran, ihren eingesessenen
Bürgern den Aufenthalt so angenehm wie mög'lich zu
machen, so dafs die aus den Bädern und Sommerfrischen
zurückkehrenden Herrschaften ausrufen: „Ich weifs nicht,
warum wir eigentlich erst fortgehen, bei uns ist es min-
destens ebenso schön, wie wo anders!“

Doeh ich wollte ja vom Blumenschmuck an Kaisers
Geburtstag schreiben, und der ist im tiefsten Winter.

Ja zu Kaisers Geburtstag streift eben der Magistrat
seine allzu grofse Bescheidenheit in Bezug auf Blumen-
schmuck im Winter ab. Der Promenaden-Decernent, der
sonst bei allem Schönheitssinn ängstlich jede Etatsiiber-
schreitung zu vermeiden sucht, erkundigt sich wohl zu
Weihnachten beim Stadtgärtner, ob er zum 27. Januar auch
die nötigen Vorbereitungen getroffen hat, und setzt schliefs-
lich hinzu: „Machen Sie es nur recht hübsch!“—Es wäre
allerdings etwas spät, wenn der Stadtgärtner um Weih-

nachten erst daran dächte, fiir Blumenschmuck zu Kaisers
Geburtstag zu sorgen, ja man kann wohl dreist behaupten,
dafs der Stadtgärtner zu denjenigen Personen im deutschen
Reiclie zählt, die am frühesten an Kaisers Geburtstag
denken, der vorzunehmenden Kulturen wegen. Früher war
es leichter, der Geburtstag des hochseligen Kaisers Wil-
helm I. am 22. März gab dem Gärtner Gelegenheit, spielend
die gröfste Blütenpracht ohne grofse Anstrengung zu ent-
wickeln. Aber was heifst heute iiberhaupt Blumentreiberei
im Vergleich vor 30 Jahren, es mufs jetzt der Flieder Farbe
und Duft haben, am Weihnachtsfest wie am Pflngstfest,
von Schneeball, Rosen u. s. w. gar nicht zu reden. Spring-
auf, wie der Schlesier das Maiglöckchen nennt, giebt es
ja das ganze Jahr und schlägt wirklich einmal die eine
oder andere Blumentreiberei fehl. so kann man, solange
der Schutzzoll die Gotthard-Bahn niclit verschliefst, noch
die Blumen Italiens zur Hülf'e nehmen.

So wird es wohl in den meisten Mittel- und sämtlichen
GrofsStädten gehandhabt, Kaisers Geburtstag ist eben die
Hochsaison für Blumentreiberei in den Stadtgärtnereien.
Auch hier in Liegnitz ist es seit vielen Jahren Brauch,
so.dafs der Schiefshaussaal an Kaisers Geburtstag einer
Blumen-Ausstellung gleicht, allerdings mit dem Unterschied,
dafs der Hauptplatz im Saale den Festteilnehmern un-
geschmälert überlassen werden mufs und nicht einmal der
von hohen Sachverständigen zur Aufstellung von Schnitt-
Blumen als ideal bezeichnete dustere Platz unter der
Galerie darf zur Aufstellung von Blumen verwendet
werden. Es ist eben die Aufgabe des Gärtners, ohne auf
den Flächenraum des Festsaales Anspruch zu erheben,
dennoch die Blumenfiille allen Teilnehmern nahe zu
bringen.

Während nämlich früher nur die städtischen Behörden
und die Bürgerschaft im Schiefshaussaale an der Festtafel
vereinigt waren, haben sich auf die Anregung des Herrn
Regierungs-Präsidenten Dr. von Heyer aufser obigen Teil-
nehmern sämtliche hiesigen Verwaltungen, wie Regierung,
Brigade- und Bezirkskommando nebst Landwehr-Offlzier-
korps, Oberpost- und Post-Direktion, Land- und Amts-
gerichte, Steuer-Behörden, Lehrer-Kollegien u. s. w. zu-
sammengethan, um die Geburtstagsfeier des Kaisers ge-
meinsam durch eine Festtafel zu begehen.

Früher war die Teilnehmerzahl auf ca. 100 Personen
bemessen, so dafs dem gärtnerischen Schmuck an den
Wäriden und in den Ecken des Saales, aufser auf dem
Orchesterraum, genügend Flächen verblieben. Jetzt hat
sich die Teilnehmerzahl verdreifacht und jeder Quadrat-
centimeter Raum des Schiefshaussaales mufs zur Auf-
stellung der Tafeln, wie aus der Abbildung ersichtlich,
verbleiben, so dafs eben nur der Orchesterraum und die
Flächen an und auf der Galei'ie zur Anbringung und Auf-
stellung von Pflanzen-Arrangements Verwendung finden
dürfen. Der ürchesterraum ist zur Aufstellung von Pflanzen-
Arrangements, wie es ja vielen Gärtnern von den Winter-
blumen-Ausstellungen 1890 und 1898 her bekannt sein
dürfte, vorzüglich geeignet. Allerdings mufs die Beleuch-
tung durch Gltihlicht unterstiitzt werden, da die grofsen
Fenster an der Rückwand des Orchesters dureh Läden
 
Annotationen