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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 4
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Ledien, Franz: Feier des 75jährigen Bestehens der Kgl. Gartenbau-Gesellschaft "Flora" zu Dresden
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0087

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DIE GAKTENKUNST

73

des endlich errungenen Deutschen Reiches zu leiden hatte,
eine Fachgenossenschaft auf ein 75 jähriges Bestehen zurück-
blickt, welche so direkt abhängig ist von einer friedlichen
Entwickelung aller wirtschaftlichen Yerhältnisse und von
einem gewissen nur zu oft in Frage gestellten Wohlstande.
der Bevölkerung, und wenn diese Gesellschaft dann in
ihrem strengen Festhalten an vornehmen Grundsätzen und
hochzielenden Bestrebungen so wirklich Grofsartiges für die
Allgemeinheit erreicht hat! Die rückhaltlose Anerkennung
dieser aufserordentlich fruchtbringenden Thätigkeit der
„Flora“ äufserte sich durch die zahlreiche Vertretung der
höchsten Gesellschaftskreise und Behörden bei dem Jubel-
feste, dessen als Festaktus geplanter Teil mit Rücksicht auf
den in Aussicht stehenden Besuch Sr. Maj. des Königs nur
auf die Dauer einer Stunde berechnet war. Das Programm
bot neben einer Umrahmung durch Musikaufführungen
edelsten Stiles von C. M. von Weber und Mendelssohn-
Bartholdy einen von Herrn Rudolf Seidel gedichteten
Prolog, der von einer der beliebtesten Hofschauspielerinnen
Di’esdens, Frau Charlotte Baste als Göttin Flora gesprochen
wurde, und einen wissenschaftlichen Vortrag iiber die
Beziehungen zwischen der Pflanzenphysiologie und dem
praktischen Gartenbau in dem verflossenen Jahrhundert
von Geheimrat Prof. Drude vom Kgl. Botanischen Garten
zu Dresden, und natürlich auch einen kurzen historischen
Rückblick auf die Schicksale der Gesellschaft aus dem
Munde des ersten Vorsitzenden, des Herrn Kgi. Obergarten-
direktors F. Bouche. Der bedeutsamste Moment fiir die
Gesellschaft war eswohl, als derVertreter des Ministeriums
des Innern, Herr Geheimrat Dr. Roscher, vortrat und mit
seinen Glückwünschen vermeldete, dafs Se. Maj. der König
Albert von Sachsen allergnädigst geruht habe, der „Flora“
den Titel „Königliche Gesellschaft für Gartenbau und
Botanik“ mit der Berechtigung, das Staats-Wappen zu
tühren, verliehen habe. Ein Akt der Gnade, der von neuem
nur wieder das so sehr oft schon bewiesene Wohlwollen
und hervorragende Interesse Sr. Majestät des Königs an
allem, was den sächsischen Gartenbau, besonders aber die
„Flora“ angeht, darthat. Den Hintergrund zu dieser hoch-
gestimmten und durch keine kleinlichen Zuthaten beein-
trächtigten vornehmen Feier bildete die in unserer heutigen
Kunstbeilage dargestellte PflanzenausschmückungdesRiesen-
saales des Evangelischen Vereinshauses, die unter den be-
gleitenden Umständen wohl als noch nicht dagewesen be-
zeichnet werden darf. Leider ist die im übrigen aus-
gezeichnet gelungene Original-Photopraphie nichtim stande,
auch nur annähernd ein Bild von der entfalteten Farben-
pracht zu geben, da sämtliche rote Farben natürlich schwarz
gekommen sind. Aber das Bild ist geeignet, dem Garten-
künstler bei Zuhtilfenahme seiner Phantasie das aligemein
Wissenswerte daran klar zu machen. Natürlich ist eine
derartige Prachtentfaltung nur möglich. wo wie in Dresden
die Kgl. Hofgärten mit ihren grofsen Beständen immer-
grüner und bliihender Dekorationspflanzen zusammenwirken
mit den Massenzüchtern von Winter- und Frühjahrsblühern,
wie sie an keinem zweiten Platze des Deutschen Reiches
so leistungsfähig und in solcher Zahl beisammen sind.
Wenn bei einer solchen Gelegenheit Gartenkünstl'er wie

Bouche und Bertram das Kommando iibernehmen, dann
kommt eben etwas zu stande, was thatsächlich noch nicht
dagewesen ist. Die Leistung wird erst vollkommen klär,
wenn man erwägt, dafs an dem Tage der Pflanzertanfuhr
(20. Februar d. J.) draufsen 16—18° Kälte herrschten, was
bei den weiten Entfernungen fast als ein unüberwindliches
Hindernis hätte erscheinen können, Wir können gleich
hier bemerken, dafs durch den Frost wohl iiberhaupt nichts
verloren gegangen ist, weil man durch Spiritusgasöfen ge-
heizte Transportwagen verwendete. Im Gegenteil wurde
erst dadurch der Prolog der Göttin Flora recht wahr, - der
besonders auf den Kontrast zwischen der grausigen Winter-
kälte und der erfolgreichen Thätigkeit ihrer treuen Jünger,
der Gärtner, hinwies und letzteren dafiir dankte. Für den
Fachmann sei noch auf gewisse Einzelheiten des herrlichen
Bildes hingewiesen. Den Hintergrund, d. h. die Wände des
Saales, hatte man viel wirkungsvoller, als das Bild es er-
kennen iäfst, mit grofsen Fichten undden grofsenDekorations-
pflanzen der Kgl. Gärten verdeckt. Aus dieser dunklen
Wand streckten zirka 3 m hohe Camellien der Sorten
„Chandleri elegans“ und „alba plena“ ihre bliitenbedeckten
Zweige hervor. Die ganze Gruppe, durchweg so locker
wio möglich arrangiert, hatte bei ihrer verhältnismäfsig
nur geringen Tiefe eine reizende Perspektive unter ein
paar reizenden schirmartigen Kronen hindurch von Caryota
urens, der Brennpalme, von etwa 6 m Höhe und ebenso
hohen, ähnlich gebauten Exemplaren von Caryota soboli-
fera, Seaforthia eiegans und Ptychosperma Alexandrae.
Gerade diese hohen Schopfpalmen von nur geringer Wedel-
zahl sowie hohe Kübelpflanzen von Saccharum offlcinale,
dem Zuckerrohr und Musa rosacea aus dem Kgl. Botanisehen
Garten gaben dem Vordergrunde eine wunderbar wirkende
Durchsichtigkeit und einen echt tropischen Charakter.
Darunter entwickelte sich sanft ansteigend ein Blüten-
teppich von gliihendster Farbenpracht in den geschmack-
voilsten Abtönungen, der denn auch alles in Dresden bis-
her Gesehene übertraf. Auf Mai-Ausstellungen sieht man
natiirlich hier grölsere Massen von Pflanzen, aber die Ab-
sicht des Ausstellens verbietet ein Mischen der Bestände,
wie es hier rein nach künstlerischen Riicksichten geschehen
konnte. So gestaltete sich denn diese Zurschaustellung
dessen, was die in der „Flora“ vereinten Kräfte auch unter
den erschwerendsten Umständen, bei selbstloser Unter-
ordnung unter die Idee des leitenden Künstlers zu leisten
vermögen, zu dem grofsartigsten Programmpunkte der
ganzen Feier, was auch von allen Festteilnehmern, ein-
heimischen Laien wie auswärtigen, als Gäste und Gratulanten
gekommenen Gärtnern rückhaltslos und begeistert aner-
kannt wurde. Besonders war vielen Fachgenossen die
Azalee „Hexe“ mit ihrem herrlichen gliihenden Rot ^noch
nie in so wirksamer Weise als „Abendfarbe“ vorgeführt
worden. Der ganze auf der Photographie natürlich dunkel
gekommene Mittelgrund des Blütenteppiches bestand aus
bliitenbedeckten Hexen im Rahmen von „Deutsche Perle“
und abgetönt nach den Seiten durch die matter roten
„Simon Mardner“ und „Helene Thelemann“. So recht
frühiingsfrisch wirkte der Vordergrund aus Tausenden von
Maiblumen, Cyclamen, Eriken, Hyacinthen und Narzissen,
 
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