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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 3
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Fintelmann, Axel: Innere und äußere Dekoration der Ausstellungs-Gebäude der Pariser Weltausstellung und die öffentlichen Gartenanlagen der Stadt Paris, [2]
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Olbrich, Stephan: Gartenbauliche Plauderei von der Pariser Weltausstellung über Gebiete, welche noch wenig erörtert wurden
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0062

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50

DIE GARTENKUNST

III, 3

hochgehender Bäume und Sträucher als Unterholz. So
Ahorn und Plieder, Birken und Haselnüsse, Rüstern und
Schneeball, Linden und Schneebeeren etc.

Harmonische Zusammeiistellungen verschiedenerp’ormen
und Farben sind den Französen unbekannt und ihr Mangel
mit Veranlassung, dafs ihre Arbeiten demzufolge unruhig
erscheinen und an sich nicht zu fesseln vermögen.

So kommt es denn. dafs der Mangel an Beherrschung
des Ganzen in grofsem Gelände sowohl, wie die Unkenntnis
der Behandlung des Pflanzenmaterials die Franzosen zur
Sucht nach Eflekten treiben, woriti sie freilich vmüber-
troflene Meister sind. So sehen wir unvermittelt mit der
nächsten Umgebung hier plötzlich eine Cascade vor unseren
Augen erscheinen, die für sich von aufserordentlicher
Wirkung ist (ßois de Boulogne), dort ovale und kreisförmige
Beete von riesigen Dimensionen mit Blmnen in den
schreiendsten F’arben — Pelargonien und Begonien —• be-
pflanzt, wieder an anderer Stelle alle Gehölzgruppen ohne
Ausnahme mit einem 1 m breiten Bande von den mannig-
faltigsten blühenden Pflanzen umgeben (Parc de Monceau).

Unzweifelhaft! Der erste Eindruck, den man von
einem mit Blumen förmlich überschütteten, in natürlichem
Stil gehaltenen Park erhält, ist ein überwältigender, bei
längerer Betrachtung aber kann man sich des- Empflndens
etwas Widernattirlichen nicht erwehren. Ruhelos gleitet
das Auge iiber die Fülle von Blumen hinweg und bleibt
nur haften an einzelnen mit vielem Geschick getroffenen
Anordnungen prachtiger Gruppen vielfach in den öffentlichen
Anlagen verwendeter Palmen und dekorativer Blattpflanzen.

Ist nun die übermäfsige Verwendung von Blumen in
den unregelmäfsigen Anlagen in der angegebenen Weise,
alle Gehölzgruppen umschliefsend, weil der Natur zuwider-
laufend, nicht zu billigen, so wird man sich mit der An-
wendung grofser Blumenmengen in regelmäfsigen Garten-
anlagen, wie sie zum Teil in den Jardins des Tuileries
und du Luxembourg noch erhalten sind, nur einverstanden
erklären können, weil sie hier einen integrierenden Teil
der Gesamtanordnung bilden. Auffallend aber ist es, dafs
den Franzosen Mannigfaltigkeit der Formen von Blumen-
anlagen, die Komposition gröfserer Blumenparterres und
die Anordnung der Blumen nach Farben, wie wir diese
Kunst hier, in Potsdam, Dresden, Frankfurt a. M., Homburg
v. d. Höhe, in Mainz, Wiesbaden, Köln u. a. a. 0. in un-
vergleichlicher Vollkommenheit dargestelit zu sehen, ge-
wöhnt sind, gleichwie bei der Behandlung des Baum- und
Sträuchmaterials durchaus fremd sind. Sie kennen nur
den Kreis, das Oval und die Rabatte und pflanzen hierauf
die Blumen in beliebigen Formen und Farben bunt durch-
einander. Gewifs ein leichtes, wohlfeiles und nicht viel
Kopfzerbrechen erforderndes Verfahren. Kreise und Ovale
werden dabei häuflg in gleicher Weise behandelt, wie die
mit zwei Gehölzarten bepflanzten Gruppen und ohne Rück-
sicht darauf, ob die verwendeten Pflanzen ihrem Charakter
nach zu einander passen oder nicht, wie z. B. Phormium
tenax mit einem Untergrund von Heliotropium, Dracaena
australis mit Begonia discolor, Tritonia aurea mit Pelar-
gonien, eingefafst von Lobelien, Aucuba japonica mit Pelar-
gonien, Dianthus cliinensis, eingefafst von Pelargonium

„Brillant“, Marguerites, eingefafst von rotblühenden Pelar-
gonien, Cyperus Papyrus und alternifolius, umgeben von
Achyranthus Verschaffeltii, Phlox decussata von Alyssum
Benthamii, Solanum marginatum von Achyranthus und dergl.
andere Scherze mehr.

Anklänge an den französischen regelmäfsigen Garten-
stil, wie er dem 17. Jahrhundert unter Ludwig dem XIV.
eigen war, flnden sich in den Pariser öffentlichen Garten-
anlagen nur nocli wenige. So in dem Jardin des Tuileris,
der 1665 von Lenötre angelegt, in späteren Jahren aber
mannigfachen LTmgestaltungen unterworfen wurde, und in
der unmittelbaren Umgebung des Senats-Gebäudes in dem
Jardin du Luxembourg. Der gröfsere Teil des letzteren
sowie die Anlagen in den Champs Elysees tragen bereits
den Charakter des unregelmäfsigen Gartenstils, vielfach
blumenreich ausgestattet und ansprechende Scenerien
unter Verwendung schönen Pflanzungsmaterials aufweisend.
Eigenartig muten uns die mitten in der Stadt gelegenen
Anlagen namentlich der Champs Elysees an mit ihren
vielen Konzert-Gärten, Cafe-Restaurants, Schaubuden etc.,
die zum Teil wohl nicht bestimmt sein sollten, eine Zierde
der Anlagen zu bilden. So liegen beispielsweise die Cafe-
Konzerts des Ambassadeurs und Alcazar d'Ete auf verhältnis-
mäfsig schmalem Raume so versteckt in den Pflanzungen,
dafs man geneigt sein möchte, eher einen Privatgarten, als
ein öffentlichem Zweck dienendes Lokal hinter diesen zu
vermuten. Diese Vermutung wird noch ganz besonders
dadurch erhöht, dafs die Pflanzungen auf einer die
Restaurants umgebenden und nur zweiZugänge freilassenden
17a m hohen Erdumwallung aufgeführt sind, die nach den
übrigens durchaus eben liegenden Wegen abfällt.

(Fortsetzung folgt.)

Gartenbauliclie Plauderei von der Pariser Weltausstellung
iiber Gcbiete, welclie noch wenig erörtert wurden.

Wenn auch das grofse Riesenwerk dieses Jahrhunderts
seineSchuldigkeit gethan und schonstarkim Abbruchbegriffen
ist, so werden doch die daselbst gemachten Erfahrungen
und gesammelten Eindriicke noch lange im Gedächtnisse
derer fortbestehen, welche mit ofienen, aber auch kritischen
Augen dasselbe aufmerksam betrachtet und studiert haben.
Um sich ein richtiges Urteil bilden zu können, gehört die
Kenntnis von Land und Leuten, ihrer Einrichtungen und
Ansohauungen, nicht zum wenigsten dazu. Wollte man
nur alles nach den Knall-Effekten dieses Weltjahrmarktes
beurteilen, so käme mam vielfach zu falschen Schliissen. Man
sollte, um iiber unser Fach, den Gartenbau, sich richtige
Eindrücke zu bilden, auch die Geschäfte selbst, ihre Leiter
und Kulturen etc. kennen, um sich iiber den enormen Auf-
wand der wenigen Beteiligten klar zu sein, im Verhältnis
zu ihren Kräften. Man wird dann auch leicht begreifen,
warum sich verschiedene fiir mehrere Jahre deswegen
flnanziell festgelegt haben, um schliefslich nur das Be-
wufstsein zü, haben, die unausbleibliche und zum fran-
zösischen Leben so notwendige Ordensauszeichnung, ent-
weder in den unteren Klassen, welche zwar alle Aussteller
schon längst hatten, oder dann in den höheren Graden
 
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