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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 3
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Tubeuf, Carl von: Die von Milben verursachten Hexenbesen der Syringen
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Prestele: Ein Beitrag zur Geschichte der Gartenkunde, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.22265#0066

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54

DIE GARTENKUNST

III, 3

todte hexenbesenartige Büsche, verteilt iiber den ganzen
Strauch, beginnend bei den Stoclcausschlägen und Wurzel-
Scböfslingen bis in die höchsten Teile der Pflanzen. Die
ganzen Syringen seben im Winter verunstaltet aus. Die
hexenbesenartigen Auswtichse zeigen kurze Triebe und eine
ungeheuere Knospenhäufung, sie tragen im Sommer nur
verkiimmerte Blättchen und sterben im Laufe des Winters
vielfach ab. Ihre Bildung verdanken sie kleinen Milben,
welche zwischen den Knospenblättchen lehen und sich
durch Saugen hier ernähren. Die Knospen bleiben iin
Winter griin, sind schlecht geschlossen und entbehren im
Innern fast ganz der schützenden Drüsenhaare. Zahllose
braune Milben bewohnen die Räume zwischen den Schuppen
und auf den Vegetationskuppen. Da die Syringen lediglich
als Zierpflanzen zur Verschönerung
der Anlagen und hauptsächlich
wegen ihrer iippigen, duftenden
Blüten angebaut werden, ist diese
Krankheit, welche ßlatt- und Blüte-
bildung verhindert, welche den
Biischen irn Sommer wie Winter
ein häfsliches, verkümmertes Aus-
sehen verleiht und welche zum Ab-
sterben grofser Astpart.ien fiihrt,
eine sehr unangenehme und schäd-
liche.

Sie ist bisher sehr wenig be-
achtet und noch weniger bekämpft
Miibe (Phytoptus Loewi) worden. NurWittmack hat einmal
aus deu Knospen von zu i)lrer Bekämpfung aufgefordert

Syrmga-Hexenbesen.!

und empiahl das Ausschneiden aller
inflzierten Knospen, sowie eine kräftige Düngung.

Bs scheint aber notwendig zu sein, die Vertilgung
dieser häfsiichen Krankheit energischer anzugreifen.

Den Baumschulen- und Gartenbesitzern, deren Syringen
erkrankt sind, ist dringend zu empfehlen, im Herbste und
Winter ihre Gebüsche gründlich zu beschneiden. Hierbei
miissen alle Triebe mit Knospenhäufung, alle hexen-
besenartig erscheinenden Astpartien fallen, sie sind zu
sammeln und alsbald zu verbrennen. Nur so werden die
zahllosen Milben getötet.

Dabei erscheint es von Wichtiglceit, sich mit den
Nachbarn zu verständigen, damit der Kampl’ gemeinsam
betrieben wird. Ist dies nicht der Fall, so erfolgen aufs
neue Infektionen von den angrenzenden Gärten aus. Wäre
eine solche Verbreitung der Milben nicht möglich, so würde
die Krankheit nicht auf so grofsen Flächen verbreitet sein,
wie z. B. in Steglitz.

Wie es dort ist, so ist es auch im Berliner Tiergarten
und in einzelnen Gärten der Stadt und der Berliner Um-
gebung.

Auch in den Parkanlagen von Braunschweig, Breslau,
Wien ist dieselbe häuflg.

Es scheint dagegen, dafs andere Gegenden Deutsch-
lands noch frei sind; so fand ich die Krankheit niemals
in München oder anderen Orten Oberbayerns, ich erinnere
mich iiberhaupt nicht, sie in Süddeutschland gesehen zu
haben. Wenn dies so ist, dann gehört sie zu jenen Krank-

heiten, welche überall, wo sie schon auftreten, bekämpft
werden sollen und die am weiteren Vordringen gehindert
werden müssen.

Die Verbreitung der Krankheit auf weite Entfernungen
erfolgt jedenfalls durch don Pflanzenhandel und -Versand.

Man kann häufig beobachten, wie bei dem Beschneiden
der Gebiische gar keine Riicksicht auf die kranken Partien
genommen wird, man sieht oftmals, dafs frisch geschnittene
Fliederbüsche viele gesunde Zweige verloren, kranke be-
halten haben. So mag es auch vorkommen, dafs Büsche
mit Milbenknospen verkauft, versendet werden.

Die Verbreitung von Pflanzenkrankheiten zu hindern,
die Verschleppung derselben aus Baumschulen zu vermeiden,
ist eine wichtige Aufgabe des Pflanzenschutzes.

Zu den durch den Handel oft verschleppten Krank-
heiten gehört auch der eingangs erwähnte Gitterrost der
Birnbäume und der Blasenrost der Weymouthskiefer. Aut'
beide ist bereits durch ein Flugblatt*) aufmerksam ge-
macht worden. Auch die Milbenkrankheit der Syringen
verdient allgemeine Warnung, wenn ihre Verbreitung etwas
genauer bekannt geworden ist. Es ergeht daher durch
diese Zeilen an alle Interessenten des Pflanzenschutzes, an
die Gärtner, Gartenbesitzer, Botaniker, Pathologen und
Milbenkenner die Bitte, Standorte der Krankheit und Notizen
über ihre Verbreitung an die biologische Abteilung des
K. Gesundheitsamtes. Berlin NW., Klopstockstr. 20, mitteilen
zu wollen. v. Tubeuf.

Verschiedenes.

Ein Beitrag zur Ueschichte der Gartenkunde.

Von Prestele, Wolfratshausen.

(Portsetzung.)

Die Spielereien der Tempel und Obelisken verschwanden
immer mehr, Thäler, Gehölze und Anhöhen wurden nicht mehr
entstellt. Seit der Mitte des 18. Jahrhunderts verhreitete sich
die englische Gartenkunst (Landscape gardening) in Frankreich
und Deutschland, und auch hier traten in der Nachhildung die
Verirrungen des Vorbildes schroff genug hervor.

Aus dieser und auch noeh früherer Zeit stammt eine
grofse Menge von Werken iiber die Gartenkunde und Garten-
kunst, deren Wert und Bedeutung für die damalige Zeit ja
gewifs nicht zu unterscliätzen war, für die Neuzeit natürlich
in praktischer Hinsicht mancherlei Einbufse erlitten haben, in
historischer Beziehung aber trotz ihrer gegensätzlichen Be-
ziehung in verschiedenen Punkten immerhin eines gewissen
bleibenden Interesses nicht enthehren werden. Als getreues
Abbild der damaligen'" Naturanschauungen und eigenartigen
Begriffe, dem Geist jener Zeit entsprechend, hieten sie reich-
haltiges Material und mannigfaltigen Stoff zu instruktiven
Vei'gleichen zwischen den verschiedenen Methoden der Zucht
von Blumen und Gewächsen aller Art, wie sie heute noch
unsere Gärten schmücken zur Lust und Augenweide oder in
Form von Obst- und Küchengärten rein praktischen Zwecken
dienen.

Dem Fachmann wird es natürlich nicht schwer fallen,
zu entscheiden, was von jenen „auf Erfahrung gegründeten

Verlag von J. Springer u. P. Parey in Berlin.
 
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