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Die Gartenkunst — 3.1901

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Nr. 9
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Clemen, Emil: Der König Albert-Park zu Dresden und seine Entwickelung
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176

DIE GARTENKUNST

III, 9

Parkanlagen Deutschlands.

Der König Albert-Park zuDresden und seine Entwickelung.

Als im vorigen Jahre das Preisausschreiben zur Er-
langung geeigneter Entwürfe für die Anlage des König
Albert-Parkes in Dresden wegen mangelhafter Yorbereitung
erfolglos abgelaufen war, glaubte man allgemein, dafs der
begangene Fehler durch Erlafs eines neuen, wohl durch-
dachten, von Fachmännern ausgearbeiteten Preisausschrei-
bens wieder gut gemacht oder wenigstens die Ausfiihrung
einer so hervorragenden Anlage einem namhaften Garten-
künstler übertragen werden wtirde. So ehrenvoll. ein
solcher Ausgang der Sache für die mafsgebenden Persön-
lichkeiten gewesen wäre, müssen wir doch zu unserem
lebhaften Bedauerfi konstatieren, dafs nichts von alledem
sich erfüllt hat: es ist weder von einem Fachmann ein Plan
für die Anlage ausgearbeitet worden, noch hat der zum
Stadt-Gartendirektor ernannte Herr Degenhard bisher mit
dieser Sache irgend etwas zu thun gehabt, die Anlage wird
viclmehr —■ man höre und staune — von dem Zimmermeister
und Stadtrat Herrn Kammsetzer geleitet und ausgeführt!

Kürzlich fand eine Besichtigung des in Frage kommen-
den Geländes seitens der städtischen Kollegien unter Fiih-
rung des Herrn Kammsetzer statt, worüber der „Dresdener
Anzeiger“ (das städtische Amtsblatt) und nach ihm sämt-
liche Dresdener Zeitungen folgendermafsen berichten:

„Das herrliche Eischhäuser Waldgebiet, das sich oberhalb
des Wald- und Heideschlöfscliens am Gelände zum Weifsen
Hirsch zu hinzieht, ein Gebiet von 162 Hektar (zum Yergleich
sei angegeben, dafs der königliche Grofse Garten 160 Hektar
umfafst), hat bekanntlich die Stadt Dresden von der Regierung
vor einigen Jahren erworben, damit der Wald als solcher zu
Nutz und Frommen der Bevölkerung erhalten bleibe. Dieser
Beschlufs der städtischen Verwaltung ist von weittragender
Bedeutung und ist schon wiederholt anerkannt worden; aber
erst dann, wenn Dresden immer gewaltiger sich ausdehnen
wird und die Ortschaften der Umgebung, die jetzt noch ent-
fernter liegen, in der Residenzstadt aufgehen und das Häuser-
meer erweitern werden, wird man den unschätzbaren Gewinn
dieses städtischen Waldparkes, der denNamen König- Albert-
Park führt, noch mehr erkennen und die weise Pürsorge der
Stadtverwaltung preisen. Was aus diesem Waldgebiete mit
seinen Höhen und Tiefen geschaffen worden ist, lehrt ein
Gang durch dasselbe: ein unvergleichlich schöner Waldpark,
wie ihn wenige Städte aufweisen werden. Es ist das Verdienst
des Herrn Oberbürgermeisters Geheimen Finanzrats Beutler,
zuerst auf die Gewinnung dieses Gebietes und auf die Schaffung
eines Parkes aufmerksam gemacht zu haben, es ist weiter das
Verdienst des Herrn Stadtrats Kammsetzer, dem die Ver-
waltung des Parkes übertragen wurde, diese Schöpfung in
der verständnisvollsten Weise ausgehaut zu haben
Rat und Stadtverordnete haben ihn in regster Weise unter,
stützt und seinen Plänen und Forderungen sich möglichst ent-
gegenkommend gezeigt. Für gestern Mittwoch Abend hatte
Herr Stadtrat Kammsetzer beide städtische Kollegien zu einem
Rundgange durch den Park und zu einem Imbils aus Anlafs
der Eröffnung des Fischhauses als Restaurant eingeladen
IJm 6 Uhr versammelten sich die Herren, auch Herr Bürger-
meister a. D. Nake war erschienen, an der Mordgrundbrücke
und besichtigten unter Führung des Herrn Stadtrats Kamm-

setzer den König Albert-Park. Auf den vielverschlungenen,*) auf-
und abwärts führenden Pfaden wanderte man durch den herr-
lichen Park, hier und da sich auf den Aussichtsplätzen sam-
melnd, um die entzückende Aussieht, bald über Blasewitz und
die Umgebung, bakl tiber die Villengebiete des Elbthalgeländes,
bald über ganz Dresden und die fernen Gegenden bis zum
Erzgebirge zu geniefsen. Vom letzten Aussichtspunkt (Wolfs-
htigel) wanderte man auf dem neuen Serpentinweg durch den
neuen reizvollen Weg Schneise 19 und Schotengrund zum
Fischhaus. Gern erinnern sich die Dresdner noch des alten
Fischhausrestaurants, das in seiner Schlichtheit und seiner
idyllischen Waldlage ein Lieblingsziel der Heidespaziergänger
war. Bekanntlich wurde das Fischhaus zur Försterei umge-
wandelt und der Restaurationsbetrieb aufgehoben. Nun wollte
es das Geschick, dafs der Forstmann dem Schänkwirt wieder
weichen mufste. Herr Kammsetzer hat mit viel Umsicht und
Verständnis das Fischhaus so gestalten lassen, dafs es dem
gesteigerten Betrieb und den Anforderungen der Neuzeit ge-
nügen dürfte und trotz aller Neugestaltung doch seinen
idyllischen Oharakter beibehalten konnte. Unter herrlichen
Linden, in einer stilvollen geräumigen Veranda und in schmucken
Gastzimmern läfst es sich angenehm weilen. An langen Tafeln
nahmen die Herren, gegen 100 an der Zahl — mittlerweile
waren auch die Herren Oberbürgermeister Geheimer Finanzrat
Beutler, Bürgermeister Leupold und Stadtverordnetenvorsteher
Dr. Stöckel eingetroffen — Platz, und bei einem trefflichen
Abendessen, dessen Zubereitung dem Wirt alle Ehre machte,
verflossen in heiterer, anregender Stimmung die Stunden.
Herr Stadtrat Ivammsetzer ergriff nach dem ersten Gang das
Wort und hiefs seine Gäste herzlich willkommen, dankte ins-
besondere beiden städtischen Kollegien ftir ilir zahlreiches
Erscheinen und griff auf die Verhandlungen um die Gestaltung
des Parkes zurück, dabei betonend, dafs es ihm grofse Freude
gemacht liabe, stets so gute Unterstützung gefunden und so
reges Entgegenkommen erfahren zu häben. Die Kollegien
möchten auch 'ferner dem Albert-Parke ihre Gunst bewahren
und gern bewilligen, wo sich noch Wünsche offen zeigten.
Heute werde das Fischhaus, eines der idyllischsten Plätzchen
der Heide, wieder eröffnet und er hoffe, dafs die kleine Feier
allen Herren eine liebe Erinnerung bleiben möchte. Herr
Stadtrat Kammsetzer erhob sein Glas und brachte ein Vivat
beiden städtischen Kollegien, ein Crescat dem König Albert-
Parke und ein Floreat dem schönen Dresden dar. Als das
Hoch verklungen war, gab Herr Oberbürgermeister Beutler
den Gefiihlen des Dankes für die Einladung zu solch schönem
Feste unter grünenden Linden Ausdruck und feierte besonders
Herrn Stadtrat Kammsetzer als den Verwalter des Albert-
Parkes, der esmitseltenem undmeisterhaftemGeschick
verstanden habe, das Waldgebiet mit seiner Perle,
dem Fischhause, zu einem wunderschönen Parke zu
gestalten. Redner hob dann hervor, wie der Rat und die
Stadtverordneten recht hatten, der Stadt dieses unvergleichlich
schöne Stüclcchen Erde als Park zu erhalten, der Segen werde
nicht ausbleiben. Er hoffe, dafs Herr Kammsetzer, dessen Art
zu verwalten Redner in köstlicher humoristischer Weise sehil-
derte, auch ferner in so „liberalem Geiste“ den Park weiter
verwalten möge. In trefflich rhetorischer Weise wufste der
Herr Oberbürgenneister seiner Rede Schlaglichter des Witzes
an passender Stelle aufzusetzen, die stürmische Heiterkeit er-
weckten. Die Ansprache klang in ein Hoch auf die Verwal-
tung des Parkes und Herrn Kammsetzer aus. Darauf feierte
Herr Hofmusikalienliändler Stadtverordnetei' Plötner Herrn

Selir stilvoll ausgedrückt! — Anm. d. Red,
 
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