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Gegenbaur, Carl
Grundzüge der vergleichenden Anatomie — Leipzig, 1870

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https://doi.org/10.11588/diglit.15089#0592
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durch die Vergleichung seiner niedersten Zustande die bestehenden Anschlüsse
gewahr werden.

Die innerhalb des Wirbelthierstamms sich sondernden Abtheilungen
bieten nur theihveise nähere Beziehungen zu einander, theilweise sind die
sie verknüpfenden Formen vollständig unbekannt. Die Organisation der un-
teren Abtheilungen entspricht dem Aufenthalle im Wasser, in welchem Me-
dium die bedeutendste Divergenz der Entwicklung vor sich ging. Als
Resultat derselben erkennen wir zwei grosse Abtheilungen. Die eine wird
nur durch eine einzige noch lebende Art repräsentirt: Amphioxus, welcher
in den ersten Entwickelungszuständen die Verwandtschaft mit Ascidienformen
am meisten zeisl. Das Axenskelet w ird nur durch die Chorda dorsalis vor-
gestellt, welche gleichartig sich durch die Länge des Körpers erstreckt.
Darüber lagert das strangartige Centrainervensystem. Unter dem vordem
Abschnitte des Axenskelets erstreckt sich die Athmungshöhle, deren durch-
brochene Wände einen in seinen Textürverhältnissen an die niedersten Zu-
stände erinnernden Stützapparat (Kiemenskelel) besitzen. Im Grunde
der Athmungshöhle beginnt das Darmrohr. Ein Gefässystem vertheilt sich im
Körper, und erweist sich, wie hei Würmern an vielen Stellen conlractil, da-
her die Abtheilung als die der Leplocardier benannt ward. Auch die Sinnes -
organe bieten einen mit niederen Würmern verwandten Zustand. Da
noch kein Kopf gesondert ist, kann man sie als Acrania (Hackel) der
andern Abtheilung gegenüberstellen. Die Differenzirung eines Kopfes bildet
bei dieser das hervorragendste allgemeine Merkmal, an welchem sowohl
der in einen Schädel umgewandelte vordere Abschnitt des Axenskelets, als
die Differenzirung des vorderen Abschnittes des centralen Nervensystems
in ein Gehirn participirt. Die bedeutendsten Sinnesorgane sind mit dem
Kopfe verbunden, ihm angelagert oder in ihn eingebettet. An dem Gefäss-
syslem ist ein Abschnitt als Herz differenzirt. In dieser Abtheilung der
Craniota (Hackel) findet sich wieder eine Scheidung in zwei. Die eine davon
bilden die Cyclostomen, Fische, die durch die Verhältnisse des Skelets und
der Athmungsorgane, durch das unpaare Geruchsorgan, und die der Kiefer
entbehrende zum Saugen eingerichtete Mundöffnung ausgezeichnet sind.
Sie entbehren zugleich der paarigen Gliedmaassen. Zwei Gruppen, Myxin-
oiden und Peliontyzonten, bilden die Repräsentanten. Von den Cyclostomen
nicht direct ableitbar, stellt sich die zweite grosse Abtheilung dar, welche
von jener durch paarige die Mundöffnung begrenzende Kieferstücke unter-
schieden ist, und den grössten Theil der Fische, sowie alle höhern Abtheilun-
gen der Wirbelthiei e begreift. Ich bezeichne sie als Gnathostomm. Sie
besitzen paarige Gliedmaassen. Ihr Skelet ist höher differenzirt, wenn auch
die Chorda dorsalis in den unleren Abtheilungen noch eine bedeutende Rolle
spielt und häufig persistirt. Diese unterste Abtheilung wird durch Fische
gebildet. Ihre Athmungsorgane sind Kiemen. Hierher gehören zunächst:
1) die Selachier, 2) die Hölocephalen (Chimaera) und 3) die Dipnoi (Lepido-
siren, Protopterus). Die ersteren, in zwei grosse Familien (Rochen und
Haie) getheilt, müssen als Nächstverwandte jener Stammformen gelten, von
denen sowohl die übrigen Fische als die höheren Wirbellhiere sich ableiten.

Gegeubaur, Yergi. Anatomie. 2. Aufl. 37
 
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