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Genelli, Hans Christian
Das Theater zu Athen: hinsichtlich auf Architectur, Scenerie und Darstellungskunst ueberhaupt erläutert — Berlin und Leipzig, 1818

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https://doi.org/10.11588/diglit.842#0060
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54

IV.

lieh wurde die Seite rechts der Zuschauer noch als zum Ort der Skene gehörend ange-
nommen, die andere Seite aber galt dagegen für die ferne Fremde; und nach dieser
Annahme richtete sich nun nicht nur das Ein- und Ausgehen der Rollen, sondern selbst
die Darstellungen der Skenen-Decoiation mufsten ihr gemäfs geordnet sein. Daher
werden wir im Verfolge die Seite, die den Zuschauern, wie sie im Theatron safsen,
rechter Hand lag, die Seite der Heimath nennen, die andere aber die Seite der
Fremde.

Unsere nächste Aufgabe ist nun, anzuzeigen, auf welche Weise das erforderliche
Skenenbild in dem gegebenen Räume, und gemäfs des eben erwähnten Gesezes ange-
ordnet und zu Stande gebracht wurde. Voraus aber mufs erst bemerkt werden, dafs
auch die attische Tragödie sich nicht immer mit einer einzigen Skene begnügte, obwohl
sie gewifs nicht ohne dringenden Anlafs zum Wechsel schritt, da unter den auf uns ge-
kommenen Stücken sich nur zwei I) finden, die einen solchen Wechsel darbieten: al-
lein, wie selten dies auch vorkommen mochte, so war doch, wie wir bald zeigen wer-
den, in den Vorrichtungen sogar auf zwei Veränderungen der Skene Bedacht genom-
men. Die Skene mufste also auch im Fortschritt der Handlung verwandelt werden
können, was denn nicht zu bewerkstelligen war ohne manche Umständlichkeiten, die
dem Blick der Zuschauer entzogen werden mufsten: zudem sollten diese überhaupt die
Skene nicht früher zu schauen bekommen, als es des Dichters Absicht mit sich brachte.
Beide Umstände machten einen Vorhang nöthig 2), dessen Name Aulaia 3) (lateinisch
Aulaeum) war, und wovon bei mehr als- einem Schriftsteller Erwähnung geschiehet.
Wenn aber die Skene aufgedeckt werden sollte, konnte diese Aulaia nicht wie bei uns
aufgezogen werden, indem dort kein Dach über dem Räume war, worin sie hätte kön-
nen aufgehenkt bleiben; sondern ganz im Gegentheil, wenn bei uns der Vorhang fällt,
mufste er auf den Bühnen der Alten aufgezogen werden, und mufste fallen, wenn wir

1) Die Eumeniden des Äschyloj, und der Aias des Sophokles.

2) Appuleius (Metam. L. X.) beschreibt ein Schauspiel im Schauplaz zu Korinthos. Vor der Pan-
tomime, die hier die Hauptvorstellung war, wurde als Vorspiel ein Pyrrhika gegeben, ein Tanz, der gar kei-
ner Skene bedurfte und nur in der Orehestra als einem blofsen Tanzplaze verweilte: auch fallt erst nach
Beendigung desselben die Auläa und deckt die Skene auf, die die folgende Pantomime erforderte.

3) Pollux (Onom. L. If. cap. ig.,). Was hier weiter noch aus diesem Schriftsteller entnommen
werden wird, ist auch ohne nähere Nachweisung leicht aufzufinden, indem es bei ihm ziemlich beisammen
stehet.
 
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