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Genelli, Hans Christian
Das Theater zu Athen: hinsichtlich auf Architectur, Scenerie und Darstellungskunst ueberhaupt erläutert — Berlin und Leipzig, 1818

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https://doi.org/10.11588/diglit.842#0084
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78

IV.

Beispiel an aus der Psychostasia oder Seelen - Wägung desÄschylos; und weiter ist uns
auch sonst keines bekannt geworden.

Bei dieser Gelegenheit müssen wir auch des Krahnes (Geranos) erwähnen, der
dazu gebraucht wurde, einen Korper plözlich durch die Lüfte zu entraffen, weil wir
auch von dessen Anwendung nur beim Pollux ein Beispiel angeführt finden, und zwar
aus derselben Psychostasia, wo Eos durch dieses Rüstzeug den Leichaam ihres Sohnes
Memnon entrückt 24). Hierzu bedurfte es eines beträchtlich langen Hebels mit einer
herab zu lassenden| Zangenklaue, womit es den Körper mit Zuverlässigkeit umfassen und
durch die Luft fort schaffen konnte.

Die beträchtlichste und merkwürdigste Vorrichtung aber, wovon uns auch eine
etwas deutlichere Vorstellung gegeben wird, sind die Aiorai: ein Hänge- oder Schwe-
be - Werk, durch welches die Luftfarten oder Flüge bewerkstelliget wurden. Hierzu
wurde mitten über die ganze Länge des Dromos hin eine Bahn gespannt von wenigstens
vier aus Tauen verbundenen Gurten, auf welcher die Luftbilder dahin fahren konnten.
Dies aber erforderte, dafs an der äufseren Mauer, grade über den Eingängen des Dro-
mos, oben starke Ständer-Balken aufgerichtet wurden, mit Wellen und Schwungrädern
versehen, um die Gurte gehörig spannen zu können, die auch hoch genug sein mufs-
ten, um der Bahn über der inneren Mauer die erforderliche Freiheit zu verschaffen.
Wer einen Begriff von der Weise hat, wie über die römischen Schaupläze die grofsen
Velabren ausgespannt wurden, der weifs was ich hier meine. In so beträchtlicher Höhe,

gewonnen hätte, die es doch im Geist der attischen Tragödie lag aufs großartigste auszubilden, so sagt ja
Pollux ausdrücklich, dafs das Theologeion über der Skene schwebte; und das Beispiel, was er von dessen
Gebrauche anführt, beweist deutlich, dafs es nicht immer vorkam: wie er es denn auch nicht unter den we-
aentlichen und bleibenden Bestandtheilen der Skene beschreibt.

24) Früher schon habe ich zu erkennen gegeben, dafs ich den Namen, Psychostasia, für den all-
gemeinen einer Trilogie halte, wie Orestia der Name derjenigen ist, die uns allein noch aufbewahrt worden.
In einem einzigen Stücke die Handlung, von der Abwägung ihrer Schicksale, bis zum Kampfe Memnons mit
dem Achilles und dem Falle des ersten auszudehnen, scheint mir ganz gegen den Geist der attischen Tragö-
die zu sein, voraus wie sie Äsehylos behandelte. In der Vaticanischen Sammlung irdener Gefafse befand sich
eines, welches diese Psychostasia darstellte. Allein daraus, dad auf der selbigen Seite dieses Gefäfses oben
die Seelen-Wägung selbst, drunter aber der Kampf der beiden Heroen, gleichsam wie in Einem Gemälde
dargestellt sind, wäre es ganz unrecht zu folgern, dafs auch beide Handlungen in einem und demselben
Stücke vereinigt gewesen; vielmehr zeigen sie sich hier gleich wie Ursache und Folge, als Handlungen von
zwei verschiedenen Momenten; und in der Voraussezung einer vollständigen Tetralogie möchte selbst das
frauenhafte Bild auf der Rückseite des Geßuses vielleicht erklärlicher werden, als ein Auftritt aus dem Drama
catyrikoa.
 
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