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Genelli, Hans Christian
Das Theater zu Athen: hinsichtlich auf Architectur, Scenerie und Darstellungskunst ueberhaupt erläutert — Berlin und Leipzig, 1818

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https://doi.org/10.11588/diglit.842#0085
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SCENERIE.

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wie diese Bahn gespannt war, konnte sie nicht eben störend auffallen; ihrer Länge nach
aber mufste sie, auch bei aller möglichen Spannung, immer eine merkliche Curbe bil-
den, die jedoch für eine Luftfart eben gar nicht unschicklich war. Was nun diese
Bahn verfolgen sollte, fuhr darüber hin auf Rollen, die jene Gurte umfafsten, und
konnte so vermöge zweier Seile nach Belieben vor- oder rückwärts gezogen, oder auch
in seiner Fart angehalten werden; was dagegen sich von ihr herab lassen sollte, mufste
an besonderen Seilen durch eben solche laufende Rollen unter derselben herab hängen
und konnte gleichfalls vermöge jener Seile an den Ort seiner Bestimmung hin gelenkt
werden. Zum Verständnifs im Allgemeinen wird dies wol hinreichen: von beiden Ar-
ten aber diese Vorrichtung anzuwenden, finden wir Beispiele im Prometheus des Aschy»
los, auf welche wir später zurück kommen werden.

Mit Zufälligkeiten der Witterung konnte die attische Scenerie, da sie im Freien
spielte, sich weiter nicht befassen, eben so wenig mit den Tageszeiten, wenn gleich sie in
der Handlung des Drama zuweilen bedingt waren: der Zuschauer mufste gutwillig sie
so annehmen, wie sie ihm angekündigt wurden; ohnehin bestimmte die Tragödie ohne
besondere Nöthigung nicht gern so genau die Zeit der Handlung. Noch weniger konnte
es jener Scenerie einfallen die Finsternifs vorzustellen, welche nachzubilden sie gar
keine Mittel besafs, und die in ihren Darstellungen nicht zu dulden gewesen wäre. Sie
mufste und wollte sich immer ins volle Tageslicht stellen, bildete allenfalls lieber die Wirkun-
gen der Finsternifs nach, als sie selbst. Nur jenes Meteor, welches im herrschenden
Glauben als Zeichen und Warnung von den Göttern galt, war ihr von wesentlicher Be-
deutung, und Bediirfnifs nachzubilden: ich meine Bliz und Donner; an Bedeutung aber
gewannen diese grade bei heiterem Himmel. Sie nachzubilden hatte sie zwei Vor-
richtungen. Die eine, zum Blizen, wurde Keraunoskopeion genannt und stand auf dem
Skenen-Gebäude: rückwärts gestellt, damit sie selbst nicht in die Augen fiele, aber
doch an sich so hoch, dafs der Lichtstral im ganzen Schauplaz bemerklich werden
konnte, und wandelbar, weil der Bliz eine andere Bedeutung gewann, je nachdem er
rechter oder linker Hand erschien. Die andre zum Donnern war unten in das Hy-
poskenion verborgen, wo ihr das hölzerne Logeion gewissermafsen zum Resonanzboden
diente. Der Schall wurde gebildet vermöge aufgeblasener Schläuche, die Steine enthiel-
ten und so über grofse eherne, schildförmige Becken oder Schüsseln hin gewalzt wur-
den. Hierdurch konnte die gehörige Stärke der Scldage sowohl hervorgebracht werden,
als auch die Näherung und Entfernung derselben.

Dies waren die Mittel der attischen Scenerie, so weit wir von ihnen Bericht
 
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