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Abb. 2. Prellers Vater. Bleistiftzeichnung.
Nach einer Photographie von Hertel. (Zu Seite 5.)
In kunstgeschicht-
lichen Werken wird
Preller als Haupt-
vertreter der Heroi-
schen oder histori-
schen Landschaft und
sonst nicht weiter
genannt. Außer der
Odyssee denkt man
dabei an Bilder wie
Faunentanz oder
Nymphenraub, etwa
noch an Elieser und
Rebekka, Elias in
der Einöde und
Verwandtes. Auch
das ist aber nur
eine Seite seines
Schaffens und nicht
einmal die Seite,
die seine Eigenart
besonders kennzeich-
net. Eher gilt das
von seinen See-
stürmen und Hoch-
gebirgstälern. Aber
gleichberechtigt
stehen daneben die
Schilderungen des
Fischer- und Schif-
ferlebens an der
Seeküste, des Hir-
tenlebens in der
Campagna, des lau-
schigen Waldesinnern in der Heimat. Und nicht minder gehören dazu seine lebens-
vollen Bildniszeichnungen. Er selber mochte von Zerlegung der bildenden Kunst in
Fächer nichts wissen, und so läßt sich auch seine reiche künstlerische Persönlichkeit nicht
in ein Fach zwängen. Es ist lebendiges Wasser, das diesem Born entquoll, bald
mächtig rauschend, bald leise murmelnd, stets lauter und gesund. Eine mannigfaltige,
aber einheitliche, und zwar eine durchaus männliche, vorwiegend herbe Kunst.
Von keinem Künstler wohl gilt in dem Maße wie von ihm, daß sein äußeres
und sein inneres Leben, seine künstlerische Ausbildung und sein Wirken unter dem
Zeichen Goethes gestanden hat. Manchem unter den Neueren gelten nun freilich
Goethes Kunstanschauungen in Bausch und Bogen als veraltet; wer aber genauer zu-
sieht, der wird inne werden, daß unser Geschlecht, wohl auch manches spätere, noch
unendlich viel von ihm zu lernen hat, vor allem in der Art, Kunstwerke zu beurteilen
und zu genießen, aber auch im Schaffen, so weit sich's um die geistige Tätigkeit
handelt. Mich deucht, sein Ansehen sei wieder im Steigen, auch auf dem Gebiete der
bildenden Kunst.
Neben einer unabsehbaren Menge von Werken seines Pinsels und seines Griffels,
u. a. einer beträchtlichen Anzahl von Skizzenbüchern, hat uns Preller aus seiner
Feder eine anziehende Schilderung seines Lebensganges, besonders seiner Jugendzeit,
und ein ausführliches Tagebuch über seine zweite Reise nach Italien (1859 bis 1861)
hinterlassen; jene, in vorgerücktem Alter aus der Erinnerung niedergeschrieben, bedarf
Abb. 2. Prellers Vater. Bleistiftzeichnung.
Nach einer Photographie von Hertel. (Zu Seite 5.)
In kunstgeschicht-
lichen Werken wird
Preller als Haupt-
vertreter der Heroi-
schen oder histori-
schen Landschaft und
sonst nicht weiter
genannt. Außer der
Odyssee denkt man
dabei an Bilder wie
Faunentanz oder
Nymphenraub, etwa
noch an Elieser und
Rebekka, Elias in
der Einöde und
Verwandtes. Auch
das ist aber nur
eine Seite seines
Schaffens und nicht
einmal die Seite,
die seine Eigenart
besonders kennzeich-
net. Eher gilt das
von seinen See-
stürmen und Hoch-
gebirgstälern. Aber
gleichberechtigt
stehen daneben die
Schilderungen des
Fischer- und Schif-
ferlebens an der
Seeküste, des Hir-
tenlebens in der
Campagna, des lau-
schigen Waldesinnern in der Heimat. Und nicht minder gehören dazu seine lebens-
vollen Bildniszeichnungen. Er selber mochte von Zerlegung der bildenden Kunst in
Fächer nichts wissen, und so läßt sich auch seine reiche künstlerische Persönlichkeit nicht
in ein Fach zwängen. Es ist lebendiges Wasser, das diesem Born entquoll, bald
mächtig rauschend, bald leise murmelnd, stets lauter und gesund. Eine mannigfaltige,
aber einheitliche, und zwar eine durchaus männliche, vorwiegend herbe Kunst.
Von keinem Künstler wohl gilt in dem Maße wie von ihm, daß sein äußeres
und sein inneres Leben, seine künstlerische Ausbildung und sein Wirken unter dem
Zeichen Goethes gestanden hat. Manchem unter den Neueren gelten nun freilich
Goethes Kunstanschauungen in Bausch und Bogen als veraltet; wer aber genauer zu-
sieht, der wird inne werden, daß unser Geschlecht, wohl auch manches spätere, noch
unendlich viel von ihm zu lernen hat, vor allem in der Art, Kunstwerke zu beurteilen
und zu genießen, aber auch im Schaffen, so weit sich's um die geistige Tätigkeit
handelt. Mich deucht, sein Ansehen sei wieder im Steigen, auch auf dem Gebiete der
bildenden Kunst.
Neben einer unabsehbaren Menge von Werken seines Pinsels und seines Griffels,
u. a. einer beträchtlichen Anzahl von Skizzenbüchern, hat uns Preller aus seiner
Feder eine anziehende Schilderung seines Lebensganges, besonders seiner Jugendzeit,
und ein ausführliches Tagebuch über seine zweite Reise nach Italien (1859 bis 1861)
hinterlassen; jene, in vorgerücktem Alter aus der Erinnerung niedergeschrieben, bedarf