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Gensel, Julius; Preller, Friedrich [Ill.]
Friedrich Preller d. Ä. — Künstler-Monographien, Band 69: Bielefeld [u.a.]: Velhagen & Klasing, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.74630#0079
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Zu Prellers großer Freude formte in seinem Atelier Rietschel 1854 eine Büste
der Prinzessin Marie Sayn-Wittgenstein, die Preller ihrer südlichen Schönheit wegen
„das indische Märchen" zu nennen Pflegte, und ein Medaillonbildnis von Liszt. Dem
jungen Freunde spricht er sein Urteil über diese Arbeiten aus, das mit den Worten
schließt: „Beide sind Kunstwerke, Meister Rietschels und jedes großen Meisters würdig.
... Daß er selbst noch vieles besser will, ist ein Beweis seines steten Vorschreitens."
Dann fährt er fort: „Wir haben oft und mancherlei von Ihnen gesprochen, und ich
darf Ihnen ohne Scheu sagen: Rietschel erwartet, daß Sie dereinst Tüchtiges voll-
bringen. Daß Sie unendlich viel vor sich haben, was überwunden werden muß, brauche


Abb. 75. Blick auf den Vilm. Rügener Skizzenbuch, 1847. (Zu Seite 84 )

ich Ihnen nicht zu sagen. An ihm Haben Sie jedoch den Mann, der, wo es sein
kann, Ihnen stets als wahrer Freund und Meister zur Seite steht, dessen Stolz es
ist, seine Schüler zu sich heranzubilden."
Wie beim Betrachten von Kunstwerken, Pflegte Preller auch beim Durchgehen der
Schülerarbeiten nur wenig zu sprechen. Gern fand er auch bei schwachen Leistungen
etwas heraus, dem ein Lob gebührte, damit die herbe Kritik der übrigen Teile den
Betroffenen nicht mutlos mache. Meist Waren es kurze Bemerkungen über das, was
anders werden mußte, nicht selten in einen Scherz gekleidet, der im Gedächtnis haftete.
Besonderen Wert legte er dabei auf die Lichtführung, als ein Hauptmittel sowohl für
die deutliche Unterscheidung („Abhebung") der Massen als für den ernsten, trüben oder
Heiteren Ausdruck der Landschaft. Oft genügte auch ein wohlgefälliges „Hm!"
Ein ausführliches Urteil finde ich in einem Brief an seinen Sohn Friedrich; es
 
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