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Gensel, Julius; Preller, Friedrich [Ill.]
Friedrich Preller d. Ä. — Künstler-Monographien, Band 69: Bielefeld [u.a.]: Velhagen & Klasing, 1904

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https://doi.org/10.11588/diglit.74630#0095
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89

Wurzeln, zu Welle
und Stein, einge-
drungen in den Geist
der großen Meister
seiner Kunst, von
einer seltenen Kraft
der Eigentümlichkeit
und Fülle der Phan-
tasie, bringt er wahr-
haft erhebende und
herzstärkende Werke
hervor. Am hei-
mischsten ist er auf
deutscher Erde, im
Tannenwald, am
nordischen Meeres-
strand, im Alpen-
Hochtal; Sturm und
Wolken erquicken ihn
mehr als Sonnen-
untergänge, und so
wenig als eine weich-
liche, süßliche Stim-
mung darf man bei
ihm eine verblasene
Behandlung erwar-
ten. Alles ist kräftig,
nervig, urgesund."


Abb. 91. Lämmergeier im Hochgebirge.
Ölbild im Großherzogl. Museum, Weimar.
Photographie von Kemlein nach der Kohlezeichnung. (Zu Seite 86.)

Die Sehnsucht
nach Italien und
nach der Welt Ho-
mers hatte doch un-

ter der Asche fortgeglommen. Prellers Gattin, die in der Odyssee so gut zu Hause war

wie er selber, hegte schon längst den Wunsch, von den Bildern im Römischen Haus in
Leipzig, das sie mit ihm besucht hatte, Kopien für ihr Album zu haben. Jetzt bot sich
ein besonderer Anlaß zur Erfüllung dieses Wunsches: Preller erfuhr, daß der derzeitige
Besitzer des Hauses das Odyssee-Zimmer als Bücherlager benutze und daß die Bilder in
Gefahr seien zugrunde zu gehen. Nach Verständigung mit diesem begab er sich im
Herbst 1855 mit seinem Sohn Friedrich auf ein paar Wochen nach Leipzig, um die
Kopien zu fertigen. Friedrich zeichnete sie, er selber führte sie mit Sepia weiter
aus. Schon damals trug er sich mit dem Gedanken, die Reihe der Bilder durch
einige neue zu ergänzen.
Während eines Aufenthalts in Düsternbrook an der Kieler Bucht, im Sommer
1856, reifte unter dem ermunternden Einflüsse seiner Gattin dieser Gedanke mehr und
mehr. Auf der Reise dorthin hatte der Meister in Hannover beim Archivrat Kestner,
dem Bruder des römischen Kestner, die nach dessen Tode dahin verpflanzte Kunstsamm-
lung des verehrten Gönners eingehend besichtigt. „Ich durchlebte," schreibt er an die
Soest, „nochmals die glückliche schöne Zeit in Rom. Die meisten der herrlichen Sachen
waren mir teure alte Bekannte, unter denen ich mit dem Seligen viele schöne Stunden
verlebte . . . Durch ihn wurde mir Rom zur Heimat." Sicher hat diese Erinnerung
dazu beigetragen, den Odyssee-Gedanken zu beleben. Im November schon kann er Frau
Storch mitteilen, daß er, neben der Ausführung verschiedener älterer Aufträge, „fünf
Kartone der Härtelschen Bilder", d. H. der Umarbeitung der früher im Römischen Haus
 
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