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wärtigen Freund, „Haben es nicht für gut befunden, mir Besuche zu machen; sie haben
mich damit der Notwendigkeit von Gegenbesuchen überhoben." Den Leistungen der
neuen Schule in seinem Urteil gerecht zu werden, war sein ehrlicher Vorsatz; ihn aus-
zuführen, fiel ihm freilich nicht so leicht wie hie und da ein derbes Scherzwort über
ihre Schwächen, das dann von sogenannten guten Freunden geschäftig weitergetragen
wurde. Im ganzen kümmerte er sich wenig um sie — hatte er doch mit seiner eignen
großen Aufgabe genug zu tun.
Die Entschließung über die Art der Ausführung der Odyssee-Bilder schob sich in
einer Weise hinaus, die ihm oft schwere Sorge machte. Der Großherzog verhielt sich
zeitweise auffallend lau; inwieweit dabei der Einfluß neuer Ratgeber im Spiel ge-
wesen ist, muß dahingestellt bleiben. Schließlich wurde doch eine befriedigende Lösung
gefunden: anstatt eines nur für diesen Zweck bestimmten Bauwerks, wie es ursprüng-
lich beabsichtigt war, wurde die Errichtung eines größeren Gebäudes beschlossen, in
dem die bereits vorhandene Kunstsammlung würdig untergebracht und eine besondere
monumentale Halle für die Odyssee-Bilder geschaffen werden sollte. Im Frühjahr
1862 verwilligte der Landtag einstimmig den nachgesuchten Beitrag von 60 000 Taler.
Der Ausschußbericht hatte es als eine des weimarischen Landtags würdige Aufgabe
bezeichnet, mit beizutragen zur Ausführung namentlich der Prellerschen Wand-
gemälde, „als eines unvergleichlichen Monumentes, des Meisters und des Fürsten
würdig, der es mit ins Leben gerufen". Mit der Ausarbeitung der Entwürfe wurde
der österreichische Baumeister Josef Zitek beauftragt, den Preller in Italien kennen
gelernt und mit dem er die Angelegenheit eingehend besprochen hatte. Unter seiner
Oberleitung wurde der Bau im Oktober 1863 begonnen und im Januar 1868 bis auf
die innere Einrichtung vollendet.
Nach der Rückkehr aus Italien hatte Preller zunächst an den neuen Kartonen
fleißig gearbeitet. Erst nach Bestimmung der Abmessungen des Raumes, den er
schmücken sollte, konnte der Cyklus seinem Inhalte nach abgerundet werden; erst jetzt
empfing er den für den monumentalen Charakter des Werkes unerläßlichen Rhythmus.
Die Halle sollte im Grundriß die Gestalt eines langen Rechtecks von rund achtzig
Fuß Länge und zwanzig Fuß Breite erhalten; an der einen Langseite die Fenster, in
der Mitte jeder der beiden Schmalseiten eine Tür. Die Zahl der landschaftlichen
Darstellungen wurde auf sechzehn festgestellt: je zwei schmale zu den Seiten der beiden
Türen, an der den Fenstern gegenüberliegenden Langseite aber, durch Pfeiler getrennt,
vier Gruppen von je drei Bildern: einem breiten mit zwei schmäleren zu beiden
Seiten. Für die Eingangsseite bestimmte Preller zwei neue Gegenstände, die eine
sachlich angemessene Einleitung des Ganzen bilden: die Abfahrt der Griechen von dem
besiegten Troja und den von dem Helden Odysseus gedeckten Rückzug ans dem Kampfe
mit den Kikonen, deren Land wir uns nicht fern von Troja, in der Gegend der
jetzigen Provinz Ostrumelien, zu denken Haben. Nun die erste Gruppe der Langseite
(die Breitenbilder wieder durch gesperrte Schrift hervorgehoben): Flucht aus der Höhle
des Polyphem; Abfahrt von dessen Insel, die er durch den Wurf eines Fels-
stücks zu vereiteln sucht; Kundschaft des Odysseus auf der Insel der Kirke. — Zweite
Gruppe: Verwandlung der Genossen durch Kirke; Begegnung des Odysseus
mit Hermes, der ihm das heilsame Kraut Moly reicht; Befragung des Sehers
Teiresias am Eingänge der Unterwelt. — Dritte Gruppe: die Sirenen; Tötung der
Rinder des Helios; Abschied von Kalypso. — Vierte Gruppe: Rettung durch
Leukothea; Begegnung mit Nausikaa; Landung auf Ithaka. — Ausgangsseite:
Wiedersehen des Telemachos beim Eumaios; Wiedersehen des Laörtes. Man braucht
nur die frühere Reihenfolge (S. 97) zu vergleichen, um des Rhythmus inne zu werden.
Auch sachlich scheiden sich jetzt die Gruppen schicklich von einander ab — mit einer
Ausnahme, auf die schon R. Schöne in dem noch heute sehr lesenswerten (ohne Namen
erschienenen) Schristchen: Friedrich Prellers Odyssee-Landschaften (Leipzig 1863) hin-
gewiesen hat: die Kundschaft auf der Kirke-Insel ist der Polyphem-Gruppe beigesellt,
während sie streng genommen zur nächsten Gruppe gehört.
wärtigen Freund, „Haben es nicht für gut befunden, mir Besuche zu machen; sie haben
mich damit der Notwendigkeit von Gegenbesuchen überhoben." Den Leistungen der
neuen Schule in seinem Urteil gerecht zu werden, war sein ehrlicher Vorsatz; ihn aus-
zuführen, fiel ihm freilich nicht so leicht wie hie und da ein derbes Scherzwort über
ihre Schwächen, das dann von sogenannten guten Freunden geschäftig weitergetragen
wurde. Im ganzen kümmerte er sich wenig um sie — hatte er doch mit seiner eignen
großen Aufgabe genug zu tun.
Die Entschließung über die Art der Ausführung der Odyssee-Bilder schob sich in
einer Weise hinaus, die ihm oft schwere Sorge machte. Der Großherzog verhielt sich
zeitweise auffallend lau; inwieweit dabei der Einfluß neuer Ratgeber im Spiel ge-
wesen ist, muß dahingestellt bleiben. Schließlich wurde doch eine befriedigende Lösung
gefunden: anstatt eines nur für diesen Zweck bestimmten Bauwerks, wie es ursprüng-
lich beabsichtigt war, wurde die Errichtung eines größeren Gebäudes beschlossen, in
dem die bereits vorhandene Kunstsammlung würdig untergebracht und eine besondere
monumentale Halle für die Odyssee-Bilder geschaffen werden sollte. Im Frühjahr
1862 verwilligte der Landtag einstimmig den nachgesuchten Beitrag von 60 000 Taler.
Der Ausschußbericht hatte es als eine des weimarischen Landtags würdige Aufgabe
bezeichnet, mit beizutragen zur Ausführung namentlich der Prellerschen Wand-
gemälde, „als eines unvergleichlichen Monumentes, des Meisters und des Fürsten
würdig, der es mit ins Leben gerufen". Mit der Ausarbeitung der Entwürfe wurde
der österreichische Baumeister Josef Zitek beauftragt, den Preller in Italien kennen
gelernt und mit dem er die Angelegenheit eingehend besprochen hatte. Unter seiner
Oberleitung wurde der Bau im Oktober 1863 begonnen und im Januar 1868 bis auf
die innere Einrichtung vollendet.
Nach der Rückkehr aus Italien hatte Preller zunächst an den neuen Kartonen
fleißig gearbeitet. Erst nach Bestimmung der Abmessungen des Raumes, den er
schmücken sollte, konnte der Cyklus seinem Inhalte nach abgerundet werden; erst jetzt
empfing er den für den monumentalen Charakter des Werkes unerläßlichen Rhythmus.
Die Halle sollte im Grundriß die Gestalt eines langen Rechtecks von rund achtzig
Fuß Länge und zwanzig Fuß Breite erhalten; an der einen Langseite die Fenster, in
der Mitte jeder der beiden Schmalseiten eine Tür. Die Zahl der landschaftlichen
Darstellungen wurde auf sechzehn festgestellt: je zwei schmale zu den Seiten der beiden
Türen, an der den Fenstern gegenüberliegenden Langseite aber, durch Pfeiler getrennt,
vier Gruppen von je drei Bildern: einem breiten mit zwei schmäleren zu beiden
Seiten. Für die Eingangsseite bestimmte Preller zwei neue Gegenstände, die eine
sachlich angemessene Einleitung des Ganzen bilden: die Abfahrt der Griechen von dem
besiegten Troja und den von dem Helden Odysseus gedeckten Rückzug ans dem Kampfe
mit den Kikonen, deren Land wir uns nicht fern von Troja, in der Gegend der
jetzigen Provinz Ostrumelien, zu denken Haben. Nun die erste Gruppe der Langseite
(die Breitenbilder wieder durch gesperrte Schrift hervorgehoben): Flucht aus der Höhle
des Polyphem; Abfahrt von dessen Insel, die er durch den Wurf eines Fels-
stücks zu vereiteln sucht; Kundschaft des Odysseus auf der Insel der Kirke. — Zweite
Gruppe: Verwandlung der Genossen durch Kirke; Begegnung des Odysseus
mit Hermes, der ihm das heilsame Kraut Moly reicht; Befragung des Sehers
Teiresias am Eingänge der Unterwelt. — Dritte Gruppe: die Sirenen; Tötung der
Rinder des Helios; Abschied von Kalypso. — Vierte Gruppe: Rettung durch
Leukothea; Begegnung mit Nausikaa; Landung auf Ithaka. — Ausgangsseite:
Wiedersehen des Telemachos beim Eumaios; Wiedersehen des Laörtes. Man braucht
nur die frühere Reihenfolge (S. 97) zu vergleichen, um des Rhythmus inne zu werden.
Auch sachlich scheiden sich jetzt die Gruppen schicklich von einander ab — mit einer
Ausnahme, auf die schon R. Schöne in dem noch heute sehr lesenswerten (ohne Namen
erschienenen) Schristchen: Friedrich Prellers Odyssee-Landschaften (Leipzig 1863) hin-
gewiesen hat: die Kundschaft auf der Kirke-Insel ist der Polyphem-Gruppe beigesellt,
während sie streng genommen zur nächsten Gruppe gehört.