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ANLAGE II
DER PHIL0N1SCHE TRAKTAT ÜBER DIE Hott]«
Rer. Div. Fier. 141—206
Die Überlieferung des Philo setzt mehr oder weniger deutlich den göttlichen Logos
mit derHo-n]« gleich. Die Fähigkeit des Logos (X6705-t6p.ee>«), die beiden vornehmsten
göttlichen Kräfte, die weltschöpferische, gütige (Elohim) und die weltbeherrschende,
strafende (Jahwe) zu teilen und miteinander im Gleichgewicht zu halten, wird Rer.
Div. Her. 166 mit ioö-rrj« umschrieben. Damit ist die kosmische Bedeutung der Hott]«
angegeben. Die Hottj« ist das Grundprinzip des Kosmos. So nimmt es nicht wunder,
wenn a. a. O. 163 f. bei einer Auslegung einiger Verse aus Gen. 1 die Hott]« mit Gott
selbst gleichgesetzt ist. Diese ordnende Tätigkeit der Hott]« macht sie zur Amme der
oixaioaiiMT] (163). In Gestalt der 3txaioa6vr( bewirkt die Hott]« den Ausgleich aller Lln-
gleichheiten, der Wurzel von Parteiungen, Streit, Krieg und anderen Äußerungen der
Ungerechtigkeit. So kann auch hier der H6tt]« Heilsbedeutung zugeschrieben werden:
„Die Gleichheit gebiert den Frieden."
Bezeichnend für die hellenistisch-jüdische Weisheitsspekulation ist es, daß kos-
mische Gedanken mit mystischen verbunden werden, ja beide ineinanderfließen. So
wird in der Lehrtradition Philos die Aussage über die kosmische Bedeutung der Hott]«
fortgesetzt in einer Darstellung der Bedeutung der Hott;« für geistliches Opfer und
damit für geistlichen Gottesdienst (174 ff.). Auch in diesem Abschnitt wird Hott]« dem
göttlichen Logos gleichgesetzt (201—206). Die Hott;« schafft überhaupt erst die Ge-
gebenheiten, derentwegen Opfer geschehen: die durch die Opfer dann zu beseitigen-
den Spannungen und Gegensätze (bes. 182 ff.). Die Hott]« ordnet die Opfer. Sie selbst
ist aber auch der Wesenszug der Gabe, die die Reinigung und Erlösung vollbringt:
der himmlischen Weisheit. Dies wird 191 mit Ex. 16, 18 belegt. In der angegebenen
Stelle heißt es: „Die himmlische Speise der Seele, die Weisheit, die (Mose) Manna
nennt, wird vom göttlichen Logos gleichmäßig an alle verteilt, die sie gebrauchen
wollen, wobei er (der Logos) sorgfältig auf Gleichheit bedacht ist. Mose bezeugt das
folgendermaßen: »Es hatte nicht mehr der, der viel hatte, und der, der wenig hatte,
hatte nicht weniger«, (dann nämlich) als sie das wunderbare und kostbare Maß der
Analogie benutzten.“ Daß jeder das erhielt, was ihm zukam, ist Zeichen dafür, daß
es sich bei der Gabe nicht um äußerliche, sondern um innerliche Speise handelte, eben
um die himmlische Weisheit.
Von dieser göttlichen Weisheit hatte es vorher (183) geheißen: „Die göttliche Art
(der Weisheit) ist ungemengt und ungemischt und wird deshalb dem ungemengten
und ungemischten Gott, der in seiner Einsamkeit Einheit ist, als Trankopfer darge-
bracht.“ Gleich darauf wird gesagt: „Der Teil der Seele, der ungemengt und unge-
mischt ist (wie die göttliche Weisheit), ist der Geist (voü«) in seiner völligen Unver-
sehrtheit. Er wird, wenn er von oben, vom Himmel her, mit dem Hauch (der gött-
lichen Weisheit) begabt ist, unversehrt und unverletzt bewahrt, und er wird dem,
der ihn inspiriert und vor jedem Übel bewahrt hat, in angemessener Weise als ein
ganzer und auf seinen Grundbestandteil zurückgebildet in Gestalt eines Trankopfers
dargebracht (wie die göttliche Weisheit).“ Dabei vermag dann dieses Opfer, das
ANLAGE II
DER PHIL0N1SCHE TRAKTAT ÜBER DIE Hott]«
Rer. Div. Fier. 141—206
Die Überlieferung des Philo setzt mehr oder weniger deutlich den göttlichen Logos
mit derHo-n]« gleich. Die Fähigkeit des Logos (X6705-t6p.ee>«), die beiden vornehmsten
göttlichen Kräfte, die weltschöpferische, gütige (Elohim) und die weltbeherrschende,
strafende (Jahwe) zu teilen und miteinander im Gleichgewicht zu halten, wird Rer.
Div. Her. 166 mit ioö-rrj« umschrieben. Damit ist die kosmische Bedeutung der Hott]«
angegeben. Die Hottj« ist das Grundprinzip des Kosmos. So nimmt es nicht wunder,
wenn a. a. O. 163 f. bei einer Auslegung einiger Verse aus Gen. 1 die Hott]« mit Gott
selbst gleichgesetzt ist. Diese ordnende Tätigkeit der Hott]« macht sie zur Amme der
oixaioaiiMT] (163). In Gestalt der 3txaioa6vr( bewirkt die Hott]« den Ausgleich aller Lln-
gleichheiten, der Wurzel von Parteiungen, Streit, Krieg und anderen Äußerungen der
Ungerechtigkeit. So kann auch hier der H6tt]« Heilsbedeutung zugeschrieben werden:
„Die Gleichheit gebiert den Frieden."
Bezeichnend für die hellenistisch-jüdische Weisheitsspekulation ist es, daß kos-
mische Gedanken mit mystischen verbunden werden, ja beide ineinanderfließen. So
wird in der Lehrtradition Philos die Aussage über die kosmische Bedeutung der Hott]«
fortgesetzt in einer Darstellung der Bedeutung der Hott;« für geistliches Opfer und
damit für geistlichen Gottesdienst (174 ff.). Auch in diesem Abschnitt wird Hott]« dem
göttlichen Logos gleichgesetzt (201—206). Die Hott;« schafft überhaupt erst die Ge-
gebenheiten, derentwegen Opfer geschehen: die durch die Opfer dann zu beseitigen-
den Spannungen und Gegensätze (bes. 182 ff.). Die Hott]« ordnet die Opfer. Sie selbst
ist aber auch der Wesenszug der Gabe, die die Reinigung und Erlösung vollbringt:
der himmlischen Weisheit. Dies wird 191 mit Ex. 16, 18 belegt. In der angegebenen
Stelle heißt es: „Die himmlische Speise der Seele, die Weisheit, die (Mose) Manna
nennt, wird vom göttlichen Logos gleichmäßig an alle verteilt, die sie gebrauchen
wollen, wobei er (der Logos) sorgfältig auf Gleichheit bedacht ist. Mose bezeugt das
folgendermaßen: »Es hatte nicht mehr der, der viel hatte, und der, der wenig hatte,
hatte nicht weniger«, (dann nämlich) als sie das wunderbare und kostbare Maß der
Analogie benutzten.“ Daß jeder das erhielt, was ihm zukam, ist Zeichen dafür, daß
es sich bei der Gabe nicht um äußerliche, sondern um innerliche Speise handelte, eben
um die himmlische Weisheit.
Von dieser göttlichen Weisheit hatte es vorher (183) geheißen: „Die göttliche Art
(der Weisheit) ist ungemengt und ungemischt und wird deshalb dem ungemengten
und ungemischten Gott, der in seiner Einsamkeit Einheit ist, als Trankopfer darge-
bracht.“ Gleich darauf wird gesagt: „Der Teil der Seele, der ungemengt und unge-
mischt ist (wie die göttliche Weisheit), ist der Geist (voü«) in seiner völligen Unver-
sehrtheit. Er wird, wenn er von oben, vom Himmel her, mit dem Hauch (der gött-
lichen Weisheit) begabt ist, unversehrt und unverletzt bewahrt, und er wird dem,
der ihn inspiriert und vor jedem Übel bewahrt hat, in angemessener Weise als ein
ganzer und auf seinen Grundbestandteil zurückgebildet in Gestalt eines Trankopfers
dargebracht (wie die göttliche Weisheit).“ Dabei vermag dann dieses Opfer, das