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Gerhard, Eduard
Auserlesene Griechische Vasenbilder, hauptsächlich Etruskischen Fundorts (Band 2): Heroenbilder — Berlin, 1843

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https://doi.org/10.11588/diglit.24596#0147
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HERAKLES UND KYKNOS.

143

Die Thiergruppen der unteren Reihe dieses Bildes gehören den zier-
lichsten an, die in archaischer Zeichnung zu finden sind. Aufschauende und
aufspringende Rehe fesseln durch ihre lebendige Anmuth zunächst unsre
Blicke; aber auch die übrigen Figuren verleugnen bei aller Strenge des
Styls weder das Verständnifs des Künstlers noch eine gewisse unabweis-
liche Zierlichkeit ihrer würdevollen Erscheinung. Zweimal wiederholt ist
die Gruppe eines Stiers, den zwei Löwen zerfleischen; aufserdem ist von
ähnlichen Gruppen ein Eber bemerklich, der einem Löwen zum Opfer wird.
Unabweislich und auch durch Dichterstellen begründet ist zunächst die
Vergleichung ähnlicher Gruppen mit dem im oberen Raum dargestellten
Schrecken des Zweikampfs; doch w7urde ganz ähnlicher Ebergruppen Na-
tursymbolik (62) schon früher uns kund, und bestimmt uns zugleich die
vorliegenden Gruppen zerfleischter Stiere in ähnlicher Weise zu deuten,
zumal uns gerade diese auch sonst, in altgriechischen Tempelfriesen f63),
den Zwiespalt des Lichts mit der Erdkraft vor Augen führen.

CXXIV. Schliefslich fügen wir unsern Kyknosbildern noch eine Dar-
stellung freieren Styls hinzu, die einer nolanischen Amphora des Hrn. Cale-
fatti zu Nola entnommen ist. Mit Bogen und Keule steht Herakles einem
lanzenschwingenden Kämpfer gegenüber, den wir kaum anders als auf jenen
berühmtesten herakleischen Zweikampf deuten können. Gröfse und Schön-
heit des Gefäfses und seiner Figuren mochten zugleich mit der Berühmt-
heit des Gegenstandes zum Anlafs werden, dafs die Person jenes Gegners
uns nicht namhafter dargeslellt ist. Deutliche, aber unverständliche Bei-
schriften — AOETE£, EN94-EN, KAON — geben keinen Aufschlufs
darüber; da jedoch die Anwendung der Keule den Gedanken an einen
Gigantenkampf zurück weist (64), so ist die unvollständige Darstellung für
uns kein Hindernifs, auch ohne den gefallenen Kyknos einen Ares, oder
wahrscheinlicher einen Kyknos auch ohne des Ares Gegenwart (6 5), zu
erkennen.

(si) Oben S. 56.

(,3) Stierzerüeischungen, aufser den Reliefs
von Assos, auch auf den Thonreliefs eines grois-
griechischen Grabmals (Gerhard Bildw. Taf. 78, 2:
ein Stier von zwei Löwen bekämpft).

(C4) Den Giganten gehört die Keule, dem He-
rakles Bogen und Pfeil. Vgl. Trinkschalen S. 21.

(6i) Wie in dem mit Inschriften versehenen
Zweikampf einer von Millingen (Uned. Mon. I, 38)
herausgegebenen Amphora.
 
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