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Gerhard, Eduard [Hrsg.]
Etruskische Spiegel (Band 4) — Berlin, 1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.5025#0068
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64 III. VERMISCHTE GÖTTERBILDER.

verhüllen (224). An Stirn Ohr und Hals ist sie geschmückt; ihre Füsse sind zerstört.
Die Inschriften, deren lateinische Fassung diesem Spiegel einen hesondern Werth ver-
leiht^25), lauten Venös, Diovem und Prosepna oder ProsepnaiQ™). Diese Namen
sind nicht nur durch ihre verschiedene Casualendung (227), sondern auch durch ihre
alterthümlichen Sprachformen merkwürdig(228), bei deren sichtlichem Alter die Thatsache
doppelt überrascht, dass dieser Spiegel in geringer Tiefe zum Vorschein kam, während
an gleicher Stelle, aber ungleich tiefer, etruskische Gegenstände aus verhältnissmässig
guter Zeit gefunden wurden (22!)). Gehört er, wie nach den Schriftzügen sich annehmen
lässt, ins fünfte Jahrhundert Roms, so lassen jene Umstände der Auffindung nur aus
der Zufälligkeit sich erklären, dass man zur Ausstattung eines ärmlichen Grabs auch
manches alte und anderweitig gebrauchte Geräth zu Hülfe nahm. Uebrigens ist das
von uns beschriebene Bild mit einem oben unierbrochenen Efeukranz eingefasst.

Tafel CCCXXVI (CXVIIa = Paralip. 246*). thalna und anchises; Spiegel
im Museum des Louvre. — Ein oberhalb nackter Jüngling, hinter welchem das Vor-
dertheil eines Schwans hervortritt, mit der Inschrift AncArs, sitzt einer bekleideten
Göttin Namens Thalna gegenüber, welche von ihrem Silz aus etwa eine schmückende
Binde (23°) mit beiden Händen gefasst hält. Der Jüngling blickt mit bewegter Handgeberde
aufmerksam auf die Göttin. Oberhalb des von derselben gehaltenen Gegenstands tritt
ein Myrtenzweig in die Höhe; noch ein andrer wird zwischen beiden Figuren bemerkt.
Der zwischen ihnen befindliche leere Raum ist mit aufspriessendem Gewächs, oberhalb
des Jünglings mit zwei Verzierungen ausgefüllt, welche zum voraussetzlichen Felsen-
grund einer Grotte gehören mögen. Hinsichtlich der mythischen Deutung dieses Bildes
sind wir durch den unverkennbaren Namen des Anchises angewiesen, in der ihm ge-

(224) Sonstige Thränen der Venus bat Cavedoni Bull,
dell' Inst. 1859 p. 176 (aus Virgil Aen. I, 228) und, wenn
er richtig sah, auch aus Tafel CXIV und CXVII unserer
Spiegel nachgewiesen.

(225) Es war dies laut Henzen's Nachweisung (Bull.
1854 p. 104, mit Bezug auf unsere Tafeln CXLVII.
CLXXI. CLXXXII) der vierte bekannt gewordene Spie-
gel mit lateinischer Inschrift. Zwei andere (C. I. Lat.
p. 26 no. 58 L'udido; no. 60 Melerpanta) fanden bald
darauf sieh hinzu.

(226) Worüber, da dem /f\ nur ein kleiner Strich folgt,
auch Eitschl unentschieden sich äussert.

(227) Ein Accusativ kann für Diovem durch die an
ihn gerichtete Ansprache, ein Genetiv Prosepnai zur
Andeutung ihres Besitzes der Cista gewählt worden sein;
so scheint es Garrucci (Bull. 1858 p. 52) gemeint zu
haben und auch Henzen (1. c. p. 104) nicht zu miss-

billigen , welcher jedoch auch der Möglichkeit Kaum
giebt, dass Diuves zu lesen und als Juvis zu verste-
hen sei.

(228) Diovem mit dem Jovei unsrer Tafel CXLVII
verglichen, zeigt das höhere Alter des vorliegenden Spie-
gels , wie Henzen (1 c. p. 104) mit Rückweisung auf
Annali 1855 p. 81 bemerkt. Ein gleich hohes Alter
gehe auch aus der Namensform Venös hervor, muth-
masslich das fünfte Saeculum Roms.

(229) Vierzehn Ellen (brnecin) tief, dagegen unser
Spiegel nur vier Ellen tief gefunden wurde; vgl. Bullet-
tino 1854 p. 104, Mommsen 1. c. p. 16.

(230) Der fragliche Gegenstand ist in der Mitte ge-
schmückt und in sich geschlossen. Für ein Stirnband
scheint derselbe allzu geräumig, eine Binde erwartet
man nicht geschlossen; doch ist es wahrscheinlicher,
dass eine dem Anchises bestimmte Tänia gemeint sei,
als etwa der aphrodisilche Gürtel.
 
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