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Gerhard, Eduard [Hrsg.]
Etruskische Spiegel (Band 4) — Berlin, 1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.5025#0069
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TAFEL CCCXXV-CCCXXVII.

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seilten Frau die ihm wohlgewogene Liebesgöttin vorauszusetzen, dem homerischen
Hymnus gemäss, der dies zarte Verhällniss so antnüthig feiert; doch kann dies, nach-
dem eine Gruppe von Turan und Thalna uns erst kurz vorher begegnete (CCCXX),
nur mit Ueberwindung und mit der allerdings auch sonst begründeten Annahme ziemlich
willkürlicher Anwendung des so vieldeutigen als beliebten Namens Thalna (231) gesche-
hen. Uebrigens ist dies Bild mit einem Efeukranz eingefasst und an der Mündung
des Griffes mit einem Blöthenkelche verziert.

Tafel CCCXXVII (CXVII/5. Paralip. 246** = 441). aphroditens Verführung;
pränestinischer Spiegel des Prinzen Barberini. — Dem in den vorstehenden Tafeln be-
trachteten Bilderkreis der Aphrodite gehört auch dieser, bisher auf Paris und Helena
gedeutete, Spiegel unsres Erachlens unzweifelhaft an; ein Sieg der Liebesgöttin und
ihres Sohnes wird vorbereitet, und da es nicht klar ist wer die Gewalt dieser Mächte
hier zu empfinden hat, so findet dies Bild lieber hier seine Stelle als etwa im Vorrath
troischer Darstellungen. Links vom Beschauer sitzt hier ein Jüngling mit umgeschla-
genem, rechterseits abgestreiftem, Himation; an den Füssen zierlich beschuht, mit vor
sich gehaltenem langem Stab, sitzt er in nachlässig bequemer Stellung die Beine über
einander geschlagen und seinen rechten Arm darauf stützend. Diesem unbesorgten Jüng-
ling droht die Heimsuchung des Liebesgottes, der, einen Pfeil in seiner Rechten erhe-
bend, ihm bereits gegenübersteht; der geflügelte Knabe selbst, dessen auffallend grosse
Flügel in die Höhe gerichtet sind, vollstreckt offenbar nur den Willen der silzenden
Göttin, welche ihm zur Seite, das rechte Ende des Bildes ausfüllend, ihre Rechte ver-
traulich auf seine linke Schuller stützt. Aphrodite, in gegürteter Kleidung mit Ober-
ärmeln, an den Armen geschmückt, auch beschuht, blickt linkshin ohne sichtlichen
Zielpunkt und lässt uns mithin ungewiss wessen Sprödigkeit von ihr gerächt werden
solle. Nach dem vorigen Bild könnte man an Anchises denken, der des huldreichen
Besuches der Göttin so wenig gewärtig war. Der Künstler war nicht gebunden der
Göttin Besuch bei ihrem troischen Liebling in jenem vollen Glanz darzustellen, den der
homerische Hymnus auf Aphrodite uns berichtet; wird dies hier vermisst (und allerdings
lässt Aphrodite hier auch keine Spur von Zuneigung blicken), so steht es frei dieses
Bild auch auf des Paris berühmte Verführung durch Aphrodite zu Gunsten der Helena
zu beziehen oder sonst einen von Amors Pfeilen auf seiner Mutter Geheiss bedrohten
Jüngling in unserm Bild zu erkennen. Jedenfalls wird man die gefällige Gruppirung
und Zeichnung desselben zu loben haben, der auch im künstlichen Sessel(232) und im

(231) Thalna: zuletzt besprochen oben Anm. 166.

(232) Ungewöhnlich ist ein vom Polster dieses Ses-
sels herabhängendes vermuthliches Tragband.

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