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Gerhard, Eduard [Hrsg.]
Etruskische Spiegel (Band 4) — Berlin, 1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.5025#0072
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68

III. VERMISCHTE GÖTTERBILDER.

noch der allen diesen Knaben zngetheilte Schmuck von Armbändern (23n) und Knöchel-
ringen zu beachten. Der so reich angefüllte Raum war zu einer besondern Einfassung
nicht mehr genügend, dagegen die Mündung des Griffes mit phantastischem Blätterwerke
verziert ist.

Tafel CCCXXX (CXX, 5. Paralip. 253). amou als Zimmermann; Spiegel,
welcher im Jahr 1859 zu Berlin durch den Kunsthändler Boeke aus London gezeigt
ward. — Dieser Spiegel zeichnet zuvörderst durch seinen statuarischen Griff sich aus,
bestehend aus einer geflügelten nackten und beschuhten Lasa mit zierlichem Haarputz,
welche ein Schreib- oder Salbgefäss mit der Rechten an sich drückt, während ihre
Linke an den Mund gehalten ist, eine Geberde der Schweigsamkeit wie sie solchen
dämonischen Gestalfen wol angemessen, aber keineswegs gewöhnlich ist(240). Nicht
minder eigentümlich, obwohl nach Styl und Ausführung von untergeordnetem Werth,
ist das flach gravirte Innenbild dieses Spiegeis; es zeigt einen vor sich hinblickenden
geflügelten Jüngling, der mit beiden Händen einen Hammer an sich drückt (241) und von
zahlreichen Attributen, insonderheit von Geräthen des Tischlerhandwerks umgeben ist.
Namentlich erblickt man rechterseits drei Hämmer von zunehmender Grösse, unterhalb
derselben eine Säge und ein für uns unverständliches viereckiges Arbeitsgerät, linker-
seits aber unten eine Arbeitsbank mit einem auf seine Kante gestellten Brett, oben
eine Amphora, vielleicht als Oelgefäss zur Anfeuchtung der Gerälhe. Diese zum Theil
uns rätselhaft bleibenden Gerätschaften rechtfertigen im Allgemeinen die für dies Bild
vorausgesetzte Technik eines Zimmermanns, wie sie in Gemmenbildern wol auch als
Beschäftigung des Amor sich findet(242); es bleibt jedoch zweifelhaft, ob auch in der
vorliegenden Figur ein Amor erkannt werden darf. Weder ihr reifes Ephebenalter
noch auch ihr geringer Kunstwerth sprechen entscheidend dagegen; doch lässt sich
fragen, ob etwa die dädalische Kunst, die mit Hammer Säge und Meissel umzugehn
und auch im Ansatz von Flügeln zu arbeiten wusste, vielleicht durch einen ihrer Ver-
treter, namentlich den athenischen Kalos oder TaIos(243), in diesem beflügelten Zim-

(239) Jode dieser Figuren trägt an jedem Arm ein
Armband; nur bei dem am Boden liegenden siebenten
wird es am linken Arm vermisst, bei der achten Figur
am rechten.

(240) In der zahlreichen Reihe der auf Spiegeln ein-
gegrabenen Lasen kommt diese Geberde des Schweigens
allerdings nicht vor, wohl aber eine Richtung der Hand,
welche nachdenkend zu gebieten scheint.

(241) Sicher gehalten wird dieser Hammer nur von

der rechten Hand der Figur, so jedoch dass die auf die
Brust gelegte Linke denselben gleichfalls berührt.

(242) Auf Gemmenbildern sind Amoren bei der Ho-
belbank, namentlich Bogen und Pfeile zimmernd (Tassie
no. 7000) nicht unerhört.

(243) Der als Erfinder der Töpferscheibe, Säge und
andrer Werkzeuge berühmte Talos (Apollod. III, 15, 9)
wird bei Pausanias (I, 21, 6. VII, 4, 5), welcher dessen
zu Athen erfolgten gewaltsamen Tod berichtet, Kalos
genannt; vgl. Arch. Ztg. VI, 387.
 
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