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Gerhard, Eduard [Hrsg.]
Etruskische Spiegel (Band 4) — Berlin, 1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.5025#0181
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TAFEL CDI. CDU.

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zu lassen. Die Nebenfiguren, jederseits eines Jünglings in fesler hochauflretender Stel-
lung, können bei solcher Auslegung für Zuschauer aus dem Griechenheer gelten, ob-
wohl man zu voller Deutlichkeit sowohl ihre aufgestützten Speere als auch die trotzi-
gen Mienen der Myrmidonen vermisst. Diesen Umstand zu erklären, dürfte die be-
kleidete Flügelgestalt uns zu Hülfe kommen, welche wir zwischen dem Jüngling zu
unserer Linken und zwischen der Mittelgruppe hervorschauen sehen, wenn anders sich
annehmen lässt dass in der Verknüpfung tragischer Motive dem furchtbaren Untergang
der Polyxena die Ermächtigung eines ungestörten Abschiedes von Hekuba durch Ver-
mittlung der Gölterbotin Iris vorangegangen war. Zur Einfassung dieses Bildes dient
ein Efeukranz; die Mündung des Griftes ist mit einem Kindskopf von ungewisser Deu-
tung, auf der Kehrseite aber mit einer Palmetle verziert, an welche der in einen Reh-
kopf endende Griff sich anschliesst.

Tafel CDU (CCXXXI*. Paralip. 349*). thetis und priumne, Inschriftspiegel
ohne Griff, aus dem Museo Campana in die kaiserlich russische Sammlung versetzt,
herausgegeben unter gleichem Titel in meinem Programm zum Berliner Winckelmanns-
fest 1862. Vgl. Arch. Anz. 1862 S. 366* f. 1863 S. 66*ff. — Das räthselhafte und
durch Kunstwerth einladende Bild dieses ansehnlichen Spiegels, welches wir zunächst
unabhängig von seinen Inschriften betrachten, besteht aus fünf nebeneinander gereihten
Figuren, über denen neben dem Gebälk eines Prachtbaues im Hintergrund noch eine
sechste in schwebender Stellung bemerkt wird. Es rst dies eine lang bekleidete, an
Hals und Ohren geschmückte weibliche Flügelgestalt, welche der am linken Ende des
Bildes stehenden schönen Frau Geräthe der Schmückung, nämlich in ihrer zurückge-
haltenen Linken ein Alabastron, in der vorgestreckten Rechten den zur Salbung des
Haares auch sonst angewandten Griffel (178) entgegenträgt. Die Schöne erscheint in
angelehnter nachdenklicher Stellung unverhüllt, nur dass ein leichtes Gewand ihr linker-
seits Schulter und Schenkel bedeckt und ihre Füsse beschuht sind, sie hält gesenkten
Hauptes die linke Hand an ihr Kinn; ihr massenhaftes Haar ist wohlgeordnet, ihre Ge-
stalt mit Einschluss der Hände sehr wohl gezeichnet, nur dass der rechte Fuss auf-
fällig dagegen absticht. Neben ihr stehend blickt hienächst ein mit umgeknüpfter Chlamys
leicht bekleideter Jüngling sie zärtlich an; seinen rechten Arm hat er in die Seite
gestemmt, während der linke einen aufgestützten Speer dicht unterhalb seiner Spitze
gefasst hält. Diesem vermulhlich durch Liebesneigung" zusammengeführten Paar folgt,

(178) Dieser in ähnliehen Sehmückungsscenen (II,
213) uns zu Gesicht gekommene und auch im Zusam-
menhang mit dem üblichen GerUth der beflügelten Lasa
neuerdings besprochene Griffel, den man nicht leicht

ohne Begleitung des Salbgefasses vorfindet, war viel-
leicht, wie Garrucci annimmt (Bull. dell'Inst. 1865p. 55 ff.),
vorzugsweise als zur Scheitelung des Haares bestimmt.
 
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