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Gerschmann, Sina
Der Meister E. S. und sein Einfluß auf die deutsche Plastik — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.72585#0035
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Frauenhaus, ebenfalls in Straßburg, von denen! sogar die
Sage geht, daß es der Graf von Hanau und seine Geliebte
Bärbel von Ottenheim sind, dem Mönchskopf im Museum
der Pfalz in Speier, aus der Schule Nikolaus Gerharts,
ebenso wie später bei den Heiligenfiguren des Isenheimer
Altars im Museum Unterlinden in Kolmar, hat man immer
zugleich einen Eindruck ganz bestimmter, in der dama-
ligen Zeit lebender Menschen. Im Gesichtsausdruck, in
den Bewegungen spiegelt sich der Charakter des Dar-
gestellten wieder. Dagegen sind die Heiligen Michael
Pachers, des Meisters des Kefermarkter Altars — der
Christophorus1 —, von einer allgemeinen Idee ergriffen,
deren Träger sie nur sind. Trotz aller Ähnlichkeit des
Ausdrucks mit der Bärbel von Nikolaus Gerhart wirkt die
Madonna aus Dangolsheim vom Meister des Nördlinger
Hochaltars im Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin viel un-
persönlicher, viel mehr von der Wirklichkeit losgelöst.
Am deutlichsten sieht man das, wenn man den Grafen
von Hanau von Nikolaus Gerhart mit der einen älteren
Prophetenbüste im Hospital St. Marx in Straßburg ver-
gleicht; zwei im Prinzip ganz ähnliche Werke. Für Niko-
laus Gerhart ist der Mensch etwas Ganzes, in sich Ab-
geschlossenes. Für den Meister E. S. und die Altar-
schnitzer der achtziger und neunziger Jahre sind die Fi-
guren Teile einer Bewegung, die durch die ganze Kom-
position hindurchgeht. Man braucht nur den Altar von
Peter von Wederath in S.t Gangolf in Trier mit dem Altar
Pachers in St. Wolfgang am Abersee im Salzkammergut
zu vergleichen. Eine Parallele dazu findet man im Isen-
heimer Altar in Kolmar und dem Hochaltar in Breisach
vom Meister H. L.
Der Unterschied von den manieristischen Werken des
frühen 16. Jahrhunderts liegt in der viel größeren Akti-
vität der Figuren Grassers, des Meisters des Lautenbacher
Altars, „Simon Lainbergers", des Meisters E. S. Rein for-
mal ist die Ähnlichkeit manchmal sehr groß; so z. B.
1 Pinder: Die deutsche Plastik des 15. Jahrh. Kurt Wolff-Verlag, 1924.
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