gerückt und von dem Nacheinander der Formensysteme
zunächst abgesehen. Das bedeutet einen grundlegenden
Unterschied zu den historischen Kunstbetrachtungen,
die alle kunstgeschichtlichen Arbeitsweisen anstreben,
die, so mannigfaltig sie sind, sich doch auf einen ge-
meinsamen Generalnenner bringen lassen. Alle ihre
Methoden arbeiten mit Vertikalschnitten, zeigen, wie
die Schichten sich nacheinander setzten und wie die Ab-
lagerungen ineinander übergehen und verzahnt sind.
Für die Kunstgeographie Europas erheben sich zu-
nächst die Fragen, ob und wie die physikalischen Gliede-
rungen bedeutsam sind als Grenzen einheitlicher Kunst-
gebiete. Spielen Gel irge und Flüsse dabei eine Rolle
oder sind sie bedeutungslos? Trennen die Meere oder
binden sie die Kunst der Länder, die Angesicht zu An-
gesicht, aber durch das Wasser getrennt stehen? Das
eine wird zunächst sicher sein: die kunstgeographischen
Grenzen stehen durchweg außerhalb des Zusammen-
hanges mit den politischen Grenzen. Ihre Ausmaße
sind weiter gespannt und ohne Engherzigkeit, da hier
die naturgegebenen Bedingungen eine unsichtbare, aber
stärkere Macht entfaltet haben als alle politische Be-
rechnung. Da die bildende Kunst wie die Sprache ein
Ausdrucksorgan ist, so werden die physikalisch gege-
benen Grenzen der Kunst oft auch völkergeographisch
verbindlich sein. Wollte man nun allerdings dieses allge-
meinste Bild mit Innenzeichnung anfüllen, so könnte das
nur auf dem Wege einer Folge von kunsthistorischen
Übersichtskarten geschehen. Nur so könnten die Fragen
der Kunstwanderung in bestimmten Richtungen, der all-
seitigen Kunststrahlung von einem Zentrum aus und
des Wechsels im Primat der kunsttragenden Völker
einfach und sinnfällig dargestellt werden. Damit würde
die Kunstgeographie aber auch den Charakter einer
kunsthistorischen Geographie annehmen.
Aber es gibt noch eine große und grundsätzliche
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zunächst abgesehen. Das bedeutet einen grundlegenden
Unterschied zu den historischen Kunstbetrachtungen,
die alle kunstgeschichtlichen Arbeitsweisen anstreben,
die, so mannigfaltig sie sind, sich doch auf einen ge-
meinsamen Generalnenner bringen lassen. Alle ihre
Methoden arbeiten mit Vertikalschnitten, zeigen, wie
die Schichten sich nacheinander setzten und wie die Ab-
lagerungen ineinander übergehen und verzahnt sind.
Für die Kunstgeographie Europas erheben sich zu-
nächst die Fragen, ob und wie die physikalischen Gliede-
rungen bedeutsam sind als Grenzen einheitlicher Kunst-
gebiete. Spielen Gel irge und Flüsse dabei eine Rolle
oder sind sie bedeutungslos? Trennen die Meere oder
binden sie die Kunst der Länder, die Angesicht zu An-
gesicht, aber durch das Wasser getrennt stehen? Das
eine wird zunächst sicher sein: die kunstgeographischen
Grenzen stehen durchweg außerhalb des Zusammen-
hanges mit den politischen Grenzen. Ihre Ausmaße
sind weiter gespannt und ohne Engherzigkeit, da hier
die naturgegebenen Bedingungen eine unsichtbare, aber
stärkere Macht entfaltet haben als alle politische Be-
rechnung. Da die bildende Kunst wie die Sprache ein
Ausdrucksorgan ist, so werden die physikalisch gege-
benen Grenzen der Kunst oft auch völkergeographisch
verbindlich sein. Wollte man nun allerdings dieses allge-
meinste Bild mit Innenzeichnung anfüllen, so könnte das
nur auf dem Wege einer Folge von kunsthistorischen
Übersichtskarten geschehen. Nur so könnten die Fragen
der Kunstwanderung in bestimmten Richtungen, der all-
seitigen Kunststrahlung von einem Zentrum aus und
des Wechsels im Primat der kunsttragenden Völker
einfach und sinnfällig dargestellt werden. Damit würde
die Kunstgeographie aber auch den Charakter einer
kunsthistorischen Geographie annehmen.
Aber es gibt noch eine große und grundsätzliche
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