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https://doi.org/10.11588/diglit.61188#0026
einzelne Haus ein wenig hervorhebt, etwa durch eine
seitliche Quadereinfassung.
Nach Westen läßt sich diese optische Zone bis weil
nach Frankreich hinein verfolgen. Fachwerkhäuser in
Miltenberg a. M. teilen mit französischen Fachwerk
häusern z. B. in Reims1 den offen heiteren Charakter,
der aus ihrer hohen, glatten Flucht hervorsieht, da sie
über den Fenstern eine freie Stirnwand haben, während
das norddeutsche Fachwerkhaus ein Geschoß über das
andere vorragen läßt und die Fenster düster einbettet.
Den Reiz eines weichen, die Form verhüllenden Schat-
tens im Fachwerkbau hat also nur die malerische nörd-
liche Zone entwickelt, während diese erste Binnenland-
zone dies nicht mehr kennt, aber doch noch im flächen-
haften Sehen bleibt.
4. Deutlich und scharf umrissen zeigt sich erst wieder
die nächste Zone einer gemeinsamen optischen Auf-
fassung, die die Gebirgsnähe verkündet. Es ist keine
Frage, daß die Lebhaftigkeit der Naturumgebung, das
Auf und Ab plastisch gegliederter Massen die Geistig-
keit der Bewohner solcher Gegenden entscheidend be-
einflussen. Für die Dichtkunst hat schon Dilthey die
Einwirkung der Bodenformation auf die Phantasie-
tätigkeit erkannt, wenn er Hölderlins Eigenart aus der
lieblich gewellten Hügellandschaft seiner schwäbischen
Heimat entwickelt2. Wieviel mehr aber muß sich dies
in der bildenden Kunst äußern, da es doch optische
Eindrücke sind, die sich hier in Werken niederschlagen,
die allein wieder für den Augensinn bestimmt sind.
Nirgends ist die Kraft der plastischen Formgebung
stärker als in dieser Zone, die die Schweiz, Süddeutsch-
land, Deutsch-Österreich und Böhmen umfaßt. Der
feste, kubische Blockcharakter jedes Hauses wird be-
1 Vgl. Will). Fiedler, Das Fachwerkhaus in Deutschland, Frankreich und Eng-
land. 1902. Abb. S. 16. Reims, Marktplatz 9.
2 Erlebnis und Dichtung.
22
seitliche Quadereinfassung.
Nach Westen läßt sich diese optische Zone bis weil
nach Frankreich hinein verfolgen. Fachwerkhäuser in
Miltenberg a. M. teilen mit französischen Fachwerk
häusern z. B. in Reims1 den offen heiteren Charakter,
der aus ihrer hohen, glatten Flucht hervorsieht, da sie
über den Fenstern eine freie Stirnwand haben, während
das norddeutsche Fachwerkhaus ein Geschoß über das
andere vorragen läßt und die Fenster düster einbettet.
Den Reiz eines weichen, die Form verhüllenden Schat-
tens im Fachwerkbau hat also nur die malerische nörd-
liche Zone entwickelt, während diese erste Binnenland-
zone dies nicht mehr kennt, aber doch noch im flächen-
haften Sehen bleibt.
4. Deutlich und scharf umrissen zeigt sich erst wieder
die nächste Zone einer gemeinsamen optischen Auf-
fassung, die die Gebirgsnähe verkündet. Es ist keine
Frage, daß die Lebhaftigkeit der Naturumgebung, das
Auf und Ab plastisch gegliederter Massen die Geistig-
keit der Bewohner solcher Gegenden entscheidend be-
einflussen. Für die Dichtkunst hat schon Dilthey die
Einwirkung der Bodenformation auf die Phantasie-
tätigkeit erkannt, wenn er Hölderlins Eigenart aus der
lieblich gewellten Hügellandschaft seiner schwäbischen
Heimat entwickelt2. Wieviel mehr aber muß sich dies
in der bildenden Kunst äußern, da es doch optische
Eindrücke sind, die sich hier in Werken niederschlagen,
die allein wieder für den Augensinn bestimmt sind.
Nirgends ist die Kraft der plastischen Formgebung
stärker als in dieser Zone, die die Schweiz, Süddeutsch-
land, Deutsch-Österreich und Böhmen umfaßt. Der
feste, kubische Blockcharakter jedes Hauses wird be-
1 Vgl. Will). Fiedler, Das Fachwerkhaus in Deutschland, Frankreich und Eng-
land. 1902. Abb. S. 16. Reims, Marktplatz 9.
2 Erlebnis und Dichtung.
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