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Gertz, Ulrich
Die Bedeutung der Malerei für die Evangeliumsverkündigung in der evengelischen Kirche des XVI. Jahrhunderts — Berlin: Pfau, 1936

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https://doi.org/10.11588/diglit.53082#0017
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Bedeutung des Bildwerkes für die
evangelische Qlaubenserziehung.
(Martin Luther)
Jede Form von kultureller Betätigung, die nicht der Theologie
diente und aus der ungebundenen Glaubenshaltung heraus entwuchs,
besaß für Luther keinen Wert. All die Aeußerungen des mensch-
lichen Lebendig-Seins, alle aus menschlichem Schöpfertriebe ent-
standenen Zeugnisse von Geist und Wissen waren nebensächlich,
wenn sie nicht dem Einen dienten: der Verbreitung evangelischer
Lebenshaltung.
Die Reformation Luthers war aus dem Widerspruch gegen die
kirchlichen Lehrmeinungen entstanden, in ihrem Verlauf aber zeigte
es sich, daß es noch etwas ganz anderes war, was er seinem Volke
brachte: ein Abwenden von den betörenden Formen einer im Sinn-
lichen ruhenden Kirchenkunst.
Das Gewissen und die Erkenntnis waren für ihn die bestimmen-
den Urteilsebenen — nicht die religiöse Empfindsamkeit. Die
ethische Haltung, die sich am stärksten in der Frage nach Recht und
Unrecht ausprägte. Sein Glaube war nichts Undeutliches, Unver-
ständiges. Das Gewissen mit seinem glaubensmäßig bestimmten
Rechtsempfinden bedeutete für den evangelischen Menschen einen
unnachgiebigen Herren über das Tun jedes Einzelnen. Bei aller
Lebensfreude und der anerkannten Gebundenheit an die Wechsel
der Erde, die Abhängigkeit von einer Reihe natürlicher Kraftzentren,
fehlte dennoch dem Protestanten jene betäubende Sinnenfreudig-
keit, die sich im Kulturleben der katholischen Kirche unbehindert
und schrankenlos auswirken konnte.
Im Protestantismus machte sich im Gegensatz hierzu eine ver-
standesmäßige Bestimmung der Lebenshaltung des Einzelnen wie
der Gemeinschaft bemerkbar. Der Lebensgenuß lag auch im XVI.
Jahrhundert für den Protestanten im Dienst für eine Idee, eine
Ueberzeugung. Der Protestant sah das Leben — auch dort, wo es

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