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F. Buhot, durch geistvolle Original-Radirungen wohl bekannt,bereitet Illustrationenzu den phantastischen Erzählungen
Hoffmann's, der interessantesten Erscheinung unter den deutschen romantischen Novellisten, vor; die Proben, die er
uns zeigte, waren vielversprechend.
Noch ein Wort über die Aquafortisten, welche auf der Ausstellung nicht vertreten waren. Abgesehen von
den zahlreichen jungen Talenten, die in den letzteren drei Jahren aufgetaucht sind, den Schülern Flameng's, Waltner's,
Rajoiis und anderer jüngerer Meister, vermissten wir die Gruppe der Künstler, die mehr aus Liebhaberei, als aus
Erwerbsrücksichten zur Nadel greifen. In Frankreich wie in England ist deren Anzahl nicht unbedeutend und an
Begabung wie an technischem Vermögen sind viele sehr beachtenswerth. Aquafortisten wie E. L. Montefiore, der
unseren Lesern bereits durch seine vorzügliche Radirung nach Fromcntin bekannt ist („Graph. Künste", Bd. I,
S. 33), wie M. Lalanne, wie Edouard Manct, das vielbesprochene Haupt der „Impressionisten", der aus Liebhaberei
manchmal die Nadel zur Hand nimmt, und andere minderbekannte Künstler hätten auf der Ausstellung vorgesührt
werden sollen. Mit Bedauern vermissten wir auch die „pointes seches" von M. Desboutin, eine berühmte Specialität
dieses Porträtisten : Bildnisse nach der Natur bloss mit der sogenannten ,,kalten Nadel" ohne Anwendung eines
Ätzmittels hergestellt. Die durch grosse Porträtähnlichkeit und geistreichen Vortrag ausgezeichneten Blätter von
Desboutin gehören zu den seltensten Errungenschaften der Sammler, da vermöge der Natur der erwähnten Technik
von einer Platte nur wenige schöne Abdrücke zu erzielen sind.
Angesichts dieser üppigen Entwicklung der Radirung will es wenig besagen, dass die Lithographie selbst in
Frankreich ihre Rolle nahezu ausgespielt hat, denn von allen reproduzirenden Künsten ist sie unstreitig diejenige,
welche die geringste technische Ausbildung beansprucht und von jedem Zeichner leicht geübt wird. Aus diesem
Grunde wird die Lithographie auch ohne alle Unterstützung insolange nicht erloschen, als es Künstler gibt, die
gelegentlich den Stift in die Hand nehmen, um ihren Ideen auf eine bequeme, von technischen Schwierigkeiten
ganz freie Art gleichsam improvisatorischen Ausdruck zu geben. Reproduzirend tritt die Lithographie selbst in
Frankreich nur mehr sporadisch auf, und nicht mehr in neuester Zeit, so dass vom Altmeister A. Mouilleron gar keine
Arbeit zu sehen war. D. C. Bours schöne Thierstücke nach Brascaffat datiren von 186g; T. Chauvel und A. J. Gilbert,
die noch vor wenigen Jahren vortrefsliche Lithographien nach modernen französischen Malern anzufertigen pssegten,
von denen einige glänzende Proben zu sehen waren, haben seit der Gründung der Zeitschrift LArt den Stift mit
der Nadel vertauscht. So finden wir unter den letzten Getreuen der Lithographie nur noch A. F. Lemoine, A. Sirmiy
mit einigen älteren Arbeiten und E. L. Vemier, den insbesondere die Meister des payfage intime, die Landschaften
von Duprc, Corot und Daubigny zu fein gestimmten, reizenden Blättern begeistert haben. Die Chromolithographie
hatte man zur französischen Kunstabtheilung nicht zugelassen; aber auch die Original-Lithographie war gar nicht
vertreten. Wir sind desshalb doppelt erfreut, eine Original-Lithographie von Henry Fantin-La-Tour vorführen
zu können. Dieser als Maler und Aquarellist nicht nur in seiner Heimat, sondern auch in England geschatzte
Künstler zählt zu den Häuptern der gegenwärtig so zahlreichen Gemeinde der „Zukunftsmusiker" in Frankreich und
ist durch die epochemachenden Bayreuther Aufführungen zu einer Reihe geist- und phantasievoller Bilder inspirirt
worden, welche Scenen aus den Musikdramen Richard Wagner 's sinnreich illustriren. Aus der Fülle dieser kostbaren
unverösfentlichten Blätter bieten wir die reizvoll componirte Schlussscene von „Rheingold" in einer, trotz der
starken Reduclion trefslich gerathenen Uebertragung der Lithographie auf die Kupferplatte — ein technisches
Experiment, welches dem k. k. militär-geographisclien Inßitute über alle Erwartung gelungen ist.
Dem künstlerischen Holzschnitte droht auch in Frankreich der Untergang und die noch vorhandenen Meister
denken daran, ihre Kraft der lohnenderen und ungleich beliebteren Radirung zuzuwenden. Das procede, welches so
rasch, wohlfeil und treu reproduzirt, verdrängt immer mehr und mehr den langsamen, kostspieligen, die Umrisse der
Vorzeichnung benagenden Holzschnitt, und seitdem die Zeitschrift LArt durch mannigfache Anwendung des
procede ihren zahlreichen Textiliustrationen den Reiz der Aktualität und des Facsimile zu geben begonnen, haben
sich die Vortheile dieser Praxis so klar herausgestellt, dass selbst die Gazette des Bcaux-Arts ihr anfangliches
Festhalten am Holzschnitte seit der Weltausstellung aufgegeben hat. Gegenwärtig kann man wohl sagen, dass der
Holzschnitt von den illustrirten Zeitschriften und Werken in Frankreich hauptsachlich desshalb beibehalten wird,
weil er im grossen Publikum eingebürgert ist und dasselbe längere Zeit braucht, um sich an die neuen Illustrations-
arten des procede zu gewöhnen. Auf der Ausstellung waren mehrere bedeutende französische Xylographen, wie
Yon, Boetzel, Huyot, Jolicl, Vallette gar nicht vertreten; von Chapon, Robert und Thiriat waren schöne Bildnisse,
von Froment vorzugliche Facsimileschnitte nach englischen Zeichnungen für die Zeitschrift Graphic zu sehen.
Tresfliche Leistungen des modernen französischen Holzschnittes sind das Blatt von F. Meaullc, nach Fortunys
 
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