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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Editor]
Die Graphischen Künste — 2.1880

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https://doi.org/10.11588/diglit.4148#0121
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HULDIGUNGS-FESTZUG DER STADT WIEN

Feier der silbernen Hochzeit



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IHRER MAJESTÄTEN DES KAISERS ERANZ JOSEPH I, UND DER KAISERIN ELISABETH
HERAUSGEGEBEN VON DEM GEMEINDERATHE DER K. K. REICHSHAUPT- UND RESIDENZSTADT WIEN.
Reprod-uclion ttnd Druck der Gefell/chast für vervielfältigende Kunß.
WIEN, 1880.
IT VEREINTEN KRÄFTEN! Diesem Wahlspruche strebte die Stadt Wien, strebten alle Wiener nach,
da es galt, gelegentlich der Feier der silbernen Hochzeit des Kaiserpaares ihre loyalen Gefühle
in einer der Reichshauptstadt würdigen Weise an den Tag zu legen. Wie dies am Festtage, dem
27. April 1879, vor sseh gegangen, wie herrlich und kunstgeschmückt der Zug sich entwickelte, in
dessen Reihen die Vertreter der bürgerlichen Berufszweige glückwünsehend vor der kaiserlichen Familie erschienen,
wird allen unvergesslich bleiben, denen es gegönnt gewesen, Augenzeugen dieses erhebenden Festes zu sein. Aber
die künstlerische Gestaltung der Ovation, welche die unter der Regierung des Kaisers FRANZ JOSEPH zur Kunststadt
erwachsene Residenz dem Beschützer der Künste dankbar zugedacht, konnte und durfte nicht in dem Augenblicke
untergehen, in welchem ihr unmittelbarer Zweck erfüllt war; die künstlerische Erscheinung des Huldigungszuges
für die Zeitgenossen und die Nachwelt mit Hilfe der vervielfältigenden Künste dauernd zu bewahren, war für die
Stadt Wien eine unabweisliche und von deren Vertretern willig anerkannte Pssicht.
Der Vorstand unserer Gesellschast, hinsichtlich der Publication eines Werkes über den Festzug zu Rathe
gezogen, glaubte von dem Standpunkte aus, den die Gefellfcliast für vervielfältigende Kunfl einnimmt, das
Schwergewicht auf die künstlerische Reproduktion legen zu sollen, und schlug daher in erster Linie den Stich und
die Radirung vor, daneben aber auch die Anwendung des Holzschnittes, der schwarzen und farbigen Lithographie,
und der neuen, auf der Photographie beruhenden Reproductionsarten, damit das Werk zugleich eine vollständige
Übersicht über den gegenwärtigen Stand der reproduzirenden Künste gewähre. Allein die Delegirten der Wiener
Künstlergenossenschaft: Professor Makart, Architect Andreas Streit und Maler Jofef Fux empfahlen die Anfertigung
einer Anzahl von grossen, in Zukunft zum Schmucke des neuen Rathhauses der Stadt Wien verwendbaren
Cartons mit Abbildungen des Festplatzes und der sämmtlichen Festzugs-Gruppen im Costüm durch eine Reihe
namhafter Wiener Künstler, und deren Reprodu6tion. Dieser Vorschlag erhielt die Genehmigung des Gemeinde-
rathes, und als Reproduftionsmittel wurde ganz fachgemäss die Heliogravüre gewählt, durch die allein das
ganze Unternehmen auf der beschlossenen Grundlage überhaupt verwirklicht werden konnte. Um nahezu vierzig
Blatter, deren Bildfläche mehr als drei Viertel Meter breit und mehr als ein Viertel Meter hoch ist, auch nur durch die
Radirung zu reproduziren, wäre nämlich, abgesehen von dem grossen Zeitverluste, ein Aufwand von weit über
hunderttausend Gulden erforderlich gewesen. Nun liegt es auf der Hand, dass der Gemeinderath nicht daran
denken durfte, den Preis der Publication von Vornherein zu einem nur für wenige ausserordentlich reiche Liebhaber
erschwinglichen zu machen, und dass er trachten musste, das Erscheinen des Festzugswerkes derart zu beschleunigen,
dass es nicht gleich um mehrere Jahre pofl fessum komme. Überdies aber ist die Heliogravüre in ihrer gegenwärtigen
Vervollkommnung ein künstlerisch wirkendes Reproductionsmittel, und das Zetergeschrei jener graphischenPuritaner,
welche verblümt fordern, dass man heutzutage Kunstwerke nur in der Weise reproduzire wie zu den Zeiten Dürer 's
und Marc Anton's, ist eitel Heuchelei. Hatte Dürer die Heliogravüre gekannt, so würde er sich, unbekümmert um
die künftigen Kupferstichliebhaber von der strengen Observanz, sicherlich der Heliogravüre oft bedient und seine
Compositionen nicht immer selbst mühsam gestochen haben, zumal der Stichel ja nachzubessern vermag, was der
Apparat mitunter unvollkommen reproduzirt. Makart, der künstlerische Urheber des Festzuges, hat daher mit Recht
für die Reproduktion der Cartons zum Festzugswerke die Anwendung der Heliogravüre gebilligt, die jeden Strich,
jede Tuschlage treu und farbig wiedergibt und das Original mit der malerischen Wirkung einer Radirung absolut
faesimilirt, so dass den Reproduktionen der volle künstlerische Werth der Originalzeichnungen innewohnt.


 
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