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Adalbert Stifter als Schilderer gebraucht hätten. Es waren — ja, denn sie existiren fast nirgends
mehr, Strassen- und Canalregulirungen haben damit gründlich aufgeräumt.
Wenban hat mancherlei davon festgehalten, leider auch meist auf Zinkplatten, die er, wenn
ein paar Abdrücke davon gemacht waren, beiseite legte, ohne sich dann weiter darum zu kümmern.
Er hat bei seinen Radirungen nie etwas anderes als die Nadel und gewöhnlichen Ätzgrund
verwendet. All' die neuerlichen Combinationen der verschiedensten Techniken Hess er völlig ausser
Spiel, denn er gieng von dem Grundsatze aus, dass nicht ein Verfahren durch ein anderes
beeinträchtigt werden dürfe. So hat er auch bei seinen zahlreichen Aquarellen niemals Gouache
verwandt. Bei Kohle wandte er oft den feuchten Pinsel an, so dass sich eine Art Brei bildete. In
diesem wirthschaftete er dann die Kreuz und Quere herum, kratzte, schabte und setzte wieder
frisch auf. Daher haben denn viele seiner Kohlenzeichnungen etwas unglaublich Derbes, aber im
besten Sinne des Wortes, während er bei anderen Arbeiten die grösste Zartheit in der ganzen
Haltung vorwiegen Hess. Er wusste eben immer, worauf es im speciellen Falle ankam und war
somit weit davon entfernt, alles über einen Leisten zu schlagen, eine Technik für alles als aus-
reichend zu erachten. Vor allem hat er, zumal in späteren Jahren, der Technik der Ölfarbe nicht
den Vorzug vor anderen malerischen Darstellungsmitteln gegeben, ja er hatte schliesslich geradezu
eine Aversion dagegen und wusste in seinen Aquarellen und Pastellen weit feinere Wirkung zu
erzielen als dies mit der Ölfarbe möglich gewesen wäre.
Man kannte ihn nicht, wurde zu Anfang dieser kurzen Erörterung gesagt. Wird wieder einmal
eine Geschichte der Münchener Malerei geschrieben, dann wird Sion Wenban vielleicht in jenes
Licht gerückt werden, das ihm gebührt. Er war unter den Landschaftern des letzten Decenniums
einer der Hervorragendsten und in der Geschichte der graphischen Künste unserer Tage ist es
nicht um ein Jota anders.
H. E. v. Berlepsch.


Nach einer Radiruug von Sion Wenban.
 
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