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wesentlichen von der italienischen Kunst unabhängigen Entwicklung. Im XYIII. Jahrhundert hatte
zwar ein Italiener, Pannini, eine besondere Gattung dekorativ wirksamer römischer Veduten ge-
schaffen, an die sich auch Fragonard und im besonderen Robert zunächst angeschlossen haben. Aber
der Gegensatz, vor allem die größeren Fortschritte der Franzosen springen so sehr in die Augen,
daß die Verwandtschaft auf Äußerlichkeiten beschränkt bleibt. Dabei ist der Italiener durchaus nicht
von vornherein dem Franzosen gegenüber als unterlegen anzuseilen. Die größere Vertrautheit mit
der antiken Baukunst, das angeborene Gefühl für architektonische Wirkungen zeigt sich bei Pannini
in einer den Franzosen überlegenen Darstellung der Baulichkeiten. Allerdings steht seine Welt dem
Theater sehr nahe, so daß die Architekturen nur als Kulissen zu werten sind. Dies entsprach durch-
aus dem Zeitempfinden, was seiner Kunst einen geschlossenen und einheitlichen Charakter gab.

Pannini kam mit der lichten Farbigkeit und dekorativen Haltung seiner Bilder den Absichten
der Franzosen mehr entgegen als Piranesi, dessen Kunst als etwas durchaus Fremdes, einer ver-
gangenen Periode Angehöriges empfunden werden mußte. Wie fast alle großen italienischen Künstler
des ausgehenden Barocks lebte er ausschließlich in der Vergangenheit, als deren Hüter und Ver-
teidiger er erscheint. Es ist eine merkwürdige Tatsache, daß erst zu dem Zeitpunkt, als sich die
Blicke von Rom fort nach Griechenland und Asien richteten, die Römer selbst der Bedeutung und
Größe ihrer Stadt voll bewußt wurden. Das, was bisher als selbstverständlicher Besitz gegolten
hatte, mußte nun verteidigt werden. Piranesi fand in dieser Aufgabe den wichtigsten Impuls seiner
Kunst. Er wurde nicht müde, der Welt die großen Gedanken, die in den römischen Bauten lebten,
vor Augen zu führen. Seine Kunst ging von einer Idee aus. kämpfte in erster Linie mit geistigen
Waffen und nahm dabei teilweise einen wissenschaftlich literarischen Charakter an; die Natur galt
ihm nichts. Seine schwarzen, von grellen Lichtern erhellten Steinmassen, die sich in übertrieben
starker Verkürzung auftürmen, und die gespenstische durchaus an das XVII. Jahrhundert erinnernde
Staffage dürfen nur in Verbindung mit der den Künstler beherrschenden Ideenwelt aufgefaßt werden.
Als definitiver Abschluß einer langen Entwicklungskette konnte Piranesi den Franzosen, die nach
einem neuen Verhältnis zur Natur suchten, wenig geben.

Unter ihren eigenen direkten Vorläufern warnur Yernetähnliche Wege, als sie einschlagen wollten,
gegangen. Aber Fragonard stand allzusehr im Lager Bouchers und auch Robert neigte zu einer intimeren
und leichteren Naturauffassung, als daß sie in die Bahnen der heroischen Landschaft eingelenkt wären.
Beide standen demnach bei ihrer Ankunft in Rom neuen bisher nicht gelösten Aufgaben gegenüber. Um
so verständlicher ist die Nachricht, daß sich Fragonard zunächst in ziemlicher Ratlosigkeit befand.

Als Schüler der französischen Akademie begann er im Dezember 1756 unter dem Direktorat
Natoires seine Studien. Robert weilte schon seit zwei Jahren in Rom, wohin er in Begleitung des
Duc de Choiseul gelangt war. Obgleich er nicht im Besitz des Rompreises war, hatte man ihn doch
in den Schülerkreis der Akademie aufgenommen, ja ihm sogar Wohnung und Kost bewilligt. Der
Direktor Natoire. der sich in seinen eigenen Bildern als schwächlicher Modemaler zeigt, war zunächst
sichtlich bestrebt, den Feuergeist seiner Schüler zu zügeln. Sicherlich hätte er nur hindernd auf ihr
Vorwärtskommen eingewirkt, wenn nicht die maßgebenden Stellen in Paris, der Directeur des
bätiments Marquis de Marigny und vor allem sein Berater, der sowohl als Künstlei' wie als Kritiker
hervorragend befähigte Cochin le fils, hinter ihm gestanden hätten. Sie ließen sich die Zeichnungen
der jungen Künstler nach Paris kommen und unterzogen sie einer eingehenden Kritik. Ihr Urteil,
das uns in der Correspondance des directeurs de l'ecole de Rome erhalten ist, galt ebensosehr den
Schülern wie dem Lehrer, der auf diese Weise von einer verkehrten Pedanterie abgehalten wurde.
Die Briefe selbst sind von Marigny geschrieben, aber sichtlich von Cochin inspiriert. Dieser hatte

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