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besucht zu haben scheint, sondern auch sonst viel für seine Bildung getan hat. Er muß von einem
brennenden Bildungsdurst beseelt gewesen sein und längere Zeit zwischen Kunst, Philosophie und
Medizin geschwankt haben. Insbesondere wurde die Beschäftigung mit der deutschen idealistischen
Philosophie schlechthin bestimmend für seinen Charakter und sein ganzes späteres Leben. Je tiefer
er sich aber in das Reich der Ideen versenkte, desto unmöglicher wurde es ihm, sich in der Wirk-
lichkeit zurechtzufinden. Schon damals von der brutal emporschießenden Großstadt, ihrer Laster-
haftigkeit und ihrem Dünkel, der Afterweisheit des Pietismus ebenso angeekelt wie von der
aristokratischen Götzendienerei, der bürokratischen Feigheit und dem Despotismus der Fürsten,
wie er sich ausdrückt, unternimmt er eine Reise nach Italien, die ihn bis Neapel und Sizilien führt.
Ein ganz kleines Skizzenbuch mit Skizzen nach Landschaften und Volkstypen aus der Gegend von
Sorrent hat sich aus dieser Zeit erhalten. Außerdem sind italienische Eindrücke in zwei radierten
Titelblättern zu einer Sammlung eigener Gedichte verwertet, die von Karl Banck, mit dem er be-
freundet war, in Musik gesetzt wurden.1 Die folgenden Jahre verbringt er zum Teil in der größten
Einsamkeit in Tirol oder Italien,2 so daß er sich in einer Kritik der Agassizschen Gletschertheorie,
in der er allerdings nicht Recht behielt, auf seine genaue Kenntnis der Örtlichkeiten und des geolo-
gischen Aufbaus berufen zu können glaubt.Erst nach seinerVerheiratung 1832 finden wir ihn wieder in
Berlin. Dort kommt es zu einem Zusammenstoß mit Alexander Häring (Willibald Alexis), der ihn eines
Bildes »Die Schöpfung Adams« (heute im Museum in Leipzig) wegen als Atheist verschreit. »Herr
Häring, welcher seinen stinkendenNamen damals in das romantische Willibald Alexis übersetzte, begoß
mein Kunstwerk mit dem stark gesalzenen Lack, in welchem er zu schwimmen gewohnt war, und
vernichtete meine künstlerische Existenz, indem er bewies, daß ich gefährlichen Theorien huldige«,
berichtet er. »Jung und eitel empörte mich diese Mißhandlung, ich warf den Pinsel in die Ecke und
machte eine Probe mit der Feder. Allein Elend und Not folgten den Spuren eines ersten Fehltritts«.3
Simon verläßt Berlin und von etwa 1835 ab ist er in Weimar tätig, Weimar ein paar Jahre
nach Goethes Tod! Auch dort sollte er kein Glück finden. Er wird zur Mitarbeit an der Ausmalung
der Dichterzimmer im Schloß herangezogen. Preller entwarf im Wielandzimmer die großen land-
schaftlichen Fresken zum Oberon, und Simon war es vorbehalten, sie mit Arabeskenstreifen zu um-
geben. Eine Aufgabe, wie er sie sich nicht schöner hätte wünschen können, wie sie seiner Natur
vollkommen entsprach und der er sich denn auch mit dem ganzen Feuer seiner Person hingab.
Freilich die Ausführung in Wachsfarben wurde nicht ihm selbst, sondern Handwerkern, Hütter
und Witter, überlassen, worüber er sich später dem Erbprinzen Carl Alexander gegenüber in bitteren
Worten beschwert. »Er hätte sie besser gemacht, namentlich hätte er sich vorbehalten, die untersten
Bilder selbst zu malen, allein — und damit wird der wunde Punkt seines Weimarer Aufenthalts
berührt — das mißliche Verhältnis zu Herrn v. Schorn habe ihn davon abgehalten«. Ihm wie dem
Minister Schweitzer ist sein Pathos zuwider, sie ärgern sich an der flammenden Begeisterung dieses
Mannes, der sich ihnen gleich fühlt und »nur einen geistigen Maßstab zwischen ihnen gelten lassen
will«. All das hat jedoch Schorn nicht gehindert, sich in »Weimars Album zur vierten Säcularfeier der
Buchdruckerkunst von 1840«' in der anerkennendsten Weise über die Arabesken zu äußern. Auch
der Baron A. v. Sternberg, der im Kunstblatt von 1839, Nr. 87, und 1840, Nr. 27, eine ausführliche

1 Lieder aus Deutschland in Musik gesetzt von Carl Banck, T. Trautwein, Berlin ca. 1830. — - Auf dort erhaltenen Eindrücken beruhen
wohl die bei Thieme-Beeker aufgezählten und 1832 und 1834 in der königlichen Akademie der Künste in Berlin ausgestellten Bilder: Eine flüchtende
Räuberfamilie, Aufstand der Tiroler 1809, II Riposo, Die Saltarella, Die Fischer. In Stuttgarter Privatbesitz sind mir zwei weitere Bilder bekannt
geworden, ein Porträt seiner Frau und ein weiblicher Akt. Im Besitz der Familie befindet sich ein Selbstbildnis. — 3 Dieses wie alle übrigen
Zitate stammen aus dem von mir bei Nachkommen aufgefundenen Nachlaß Simons. — 1 Die Kenntnis dieses Werkes verdanke ich der Freund-
lichkeit von Dr. Frh. v. Schenk zu Schweinsberg in Weimar.

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