JAN KONÜPEKS GRAPHISCHE ZYKLEN.
Die graphischen Zyklen Jan Konüpeks sind das Werk einer Persönlichkeit, deren künstlerischer
Ursprung im malerischen Symbolismus zu Beginn des Jahrhunderts liegt. Geboren am 10. Oktober
1886 zu Jungbunzlau in Böhmen, wurde Jan Konupek nach Vollendung des humanistischen Studiums
und der Technischen Hochschule Maler. Leicht überwand er die akademischen Lehren Pirners und
gelangte bald zum zeitgenössischen dekorativen Stilismus. Anfangs beruht seine Arbeit überhaupt
auf dieser »sezessionistischen« Richtung, die insbesondere in der angewandten graphischen Kunst
und im Kunsthandwerk in der Kunstvereinigung »Ariel« eifrige Verfechter fand. Konupek wurde
eines der ersten Mitglieder. Schon in dieser frühen Periode des dekorativen malerischen Stils, der
sich besonders in der persönlichen Vorliebe für allegorische Sujets gefiel, gewinnt sein graphischer
Stil Ausdruck. In einer kurzen Reihe von Jahren entstehen die großen Kompositionen der »Ferien«,
im Inhalt literarisch dekadent, der Technik nach abwechselnd kolorierte Zeichnungen oder Guasch-
blätter, häufig großen Formats. Doch nicht nur literarische Motive, sondern auch musikalische
Allegorien erzwingen sich in unproportionierten Gestalten mit langgestreckten Gliedern und leiden-
schaftlichen Bewegungen bildkünstlerische Auslegung. Zu diesen einmaligen Blättern gehören der
»Beethoven-Zyklus« und die Blätter zu Gedichten Ottokar Bfezinas; in ihnen sind Kompositionswille
und malerischer Ausdruck zu einheitlicher Gesamtvision konzentriert, voll gefühlsmäßiger Ein-
genommenheit für Geheimnis und prophetische Kraft von Form und Wort.
Neben den zyklischen Zeichnungen dieses Typus gilt Konüpeks Bemühen der subtilen gra-
phischen Linie in einfachen Motiven von Stadtansichten und genrehaften Straßenbildern. Die reiz-
vollen Abdrucke dieser kleinen Platten sind beinahe vorbestimmt,Erinnerungs-undGelegenheitsblätter,
häufig auch Exlibris von Sammlern zu werden. Gleichzeitig jedoch stellt der Künstler Versuche an
und zeichnet mit der kalten Nadel Einzelblätter mit literarischem oder dichterischem Motiv, worin
die Vorlage entweder allegorisiert oder sogar erläutert wird. Auch hier dringt die persönliche Vorein-
genommenheit für die Stimmung an die Oberfläche, hervorgerufen durch die Lyrik der literarischen
Form. Dieser Blätter gibt es eine ganze Reihe; sie tragen ein volles Jahrzehnt lang das Pathos ihrer
Titel und selbst heute haben sie an Klang nicht verloren.
Hieher gehört auch eine zweite parallele Reihe von Einzelblättern, zu denen Evangelium und
Bibel die Anregung gaben. Das Passional, von Konupek manchmal streng dem Text gemäß erfaßt,
manchmal gemäß eigener Sprache und Vorstellung transskribiert, bot mit dem Geheimnis seiner
Wunder und mysteriösen Geschehnisse so viel Inhalt, daß eine Konzeption der Motive nicht genügte;
so führten die Versuche um einen konzentrierten Ausdruck und abstrakteste Form zu zwei, drei
und mehr Varianten. In ihnen überwiegt manchmal der mystische Inhalt die Form, dann aber gleichen
sich diese beiden Bildpotentiale vollständig aus. So gestalteten sich diese Blätter formal und inhaltlich
nicht nur zum Werke eines Graphikers, sondern auch zeitlich zu einer stilistisch-literarischen
Auslegung des symbolistischen Stilismus zu Ende des ersten Jahrzehnts.
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Die graphischen Zyklen Jan Konüpeks sind das Werk einer Persönlichkeit, deren künstlerischer
Ursprung im malerischen Symbolismus zu Beginn des Jahrhunderts liegt. Geboren am 10. Oktober
1886 zu Jungbunzlau in Böhmen, wurde Jan Konupek nach Vollendung des humanistischen Studiums
und der Technischen Hochschule Maler. Leicht überwand er die akademischen Lehren Pirners und
gelangte bald zum zeitgenössischen dekorativen Stilismus. Anfangs beruht seine Arbeit überhaupt
auf dieser »sezessionistischen« Richtung, die insbesondere in der angewandten graphischen Kunst
und im Kunsthandwerk in der Kunstvereinigung »Ariel« eifrige Verfechter fand. Konupek wurde
eines der ersten Mitglieder. Schon in dieser frühen Periode des dekorativen malerischen Stils, der
sich besonders in der persönlichen Vorliebe für allegorische Sujets gefiel, gewinnt sein graphischer
Stil Ausdruck. In einer kurzen Reihe von Jahren entstehen die großen Kompositionen der »Ferien«,
im Inhalt literarisch dekadent, der Technik nach abwechselnd kolorierte Zeichnungen oder Guasch-
blätter, häufig großen Formats. Doch nicht nur literarische Motive, sondern auch musikalische
Allegorien erzwingen sich in unproportionierten Gestalten mit langgestreckten Gliedern und leiden-
schaftlichen Bewegungen bildkünstlerische Auslegung. Zu diesen einmaligen Blättern gehören der
»Beethoven-Zyklus« und die Blätter zu Gedichten Ottokar Bfezinas; in ihnen sind Kompositionswille
und malerischer Ausdruck zu einheitlicher Gesamtvision konzentriert, voll gefühlsmäßiger Ein-
genommenheit für Geheimnis und prophetische Kraft von Form und Wort.
Neben den zyklischen Zeichnungen dieses Typus gilt Konüpeks Bemühen der subtilen gra-
phischen Linie in einfachen Motiven von Stadtansichten und genrehaften Straßenbildern. Die reiz-
vollen Abdrucke dieser kleinen Platten sind beinahe vorbestimmt,Erinnerungs-undGelegenheitsblätter,
häufig auch Exlibris von Sammlern zu werden. Gleichzeitig jedoch stellt der Künstler Versuche an
und zeichnet mit der kalten Nadel Einzelblätter mit literarischem oder dichterischem Motiv, worin
die Vorlage entweder allegorisiert oder sogar erläutert wird. Auch hier dringt die persönliche Vorein-
genommenheit für die Stimmung an die Oberfläche, hervorgerufen durch die Lyrik der literarischen
Form. Dieser Blätter gibt es eine ganze Reihe; sie tragen ein volles Jahrzehnt lang das Pathos ihrer
Titel und selbst heute haben sie an Klang nicht verloren.
Hieher gehört auch eine zweite parallele Reihe von Einzelblättern, zu denen Evangelium und
Bibel die Anregung gaben. Das Passional, von Konupek manchmal streng dem Text gemäß erfaßt,
manchmal gemäß eigener Sprache und Vorstellung transskribiert, bot mit dem Geheimnis seiner
Wunder und mysteriösen Geschehnisse so viel Inhalt, daß eine Konzeption der Motive nicht genügte;
so führten die Versuche um einen konzentrierten Ausdruck und abstrakteste Form zu zwei, drei
und mehr Varianten. In ihnen überwiegt manchmal der mystische Inhalt die Form, dann aber gleichen
sich diese beiden Bildpotentiale vollständig aus. So gestalteten sich diese Blätter formal und inhaltlich
nicht nur zum Werke eines Graphikers, sondern auch zeitlich zu einer stilistisch-literarischen
Auslegung des symbolistischen Stilismus zu Ende des ersten Jahrzehnts.
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