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Gesellschaft für Vervielfältigende Kunst [Hrsg.]
Die Graphischen Künste — 53.1930

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Weixlgärtner, Arpad: Robert Aigner
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https://doi.org/10.11588/diglit.6345#0046
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Robert Aigner, Bauernhochzeit. Kohlenzeichnung.

Aigner. Auch an Karl Sterrer muß man vor Aigners Werken denken. Nur daß im Vergleich mit
dieses außerordentlichen und vornehmen Meisters Gestalten, denen man ihr festes Knochengerüst
samt dem starken Geflecht von Muskeln und Sehnen darüber deutlich anmerkt, die Menschen Aigners
ein wenig glatt und rund wirken, ohne daß ihnen freilich wuchtende Schwere, massige Körperlichkeit
abginge. Ist diese auf den flüssig hingeschriebenen Federzeichnungen nur angedeutet, so tritt sie
auf den sorgfältig durchgeführten Gemälden desto sinnfälliger in Erscheinung. In Aigners Werk
fehlen einstweilen das Bildnis und der Akt, und vom bildhauerischen Wesen, das Sterrer vom Vater
her im Blut sitzt, ist bei Aigner nichts zu merken.

Trotz diesen und manchen anderen handgreiflichen Unterschieden strebt aber Aigners
Künstlerschaft demselben Ziele zu wie die Sterrers. Wie Sterrer ist auch Aigner im Wettstreit mit
dem Herrgott begriffen. Dem Goetheschen Prometheus gleich, formt auch er Alenschen nach
seinem Bilde. Das ist ja auch das Höchste aller Kunst, diese sich ihrer selbst stolz bewußte
Schöpferkraft. So lange es noch Künstler gibt, die wissen (oder zu wissen meinen, was so
ziemlich auf dasselbe hinausläuft), wie Piatons Ideen aussehen, und die von ihnen darnach ge-
schaffenen Abbilder den sie umgebenden Abbildern in der Wirklichkeit kühn und selbstsicher ent-
gegenhalten, als wollten sie zum Vergleich herausfordern, als wollten sie rufen: Ist's uns nicht
besser gelungen als dem Herrn des Himmels und der Erde?..., so lange ist auch — trotz Spenglers
Pessimismus — die Berechtigung der Kunst nicht ernstlich anfechtbar.

Zu diesen Künstlern aber, die nicht nur Künstler heißen, sondern es auch wirklich sind, gehört
Robert Aigner.

Er ist am 10. März 1901 in Waidhofen a. d.Thaya geboren. Sein Vater war dort Apotheker.
Seinen Großvater, der dem Beruf nach Rechtsanwalt war und auf ihn starken Eindruck gemacht hat,
schildert er als eine Webers »Freischütz« entstammende Weidmannsfigur. Ferienreisen an die
Ostsee, die er in der Friedenszeit ein paarmal mit den Eltern unternahm, lehrten ihn vor und nach

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