fordert die Transponierung des Blattes überhaupt in eine andere Tonlage.
Denn die Form wird nicht durch plastische Modellierung gewonnen, sondern
sie entsteht aus der Flächenbeziehung der Valeurs von Hell und Dunkel.
Manet hat die Radierungen Goyas mit Nutzen studiert. Er verstand
dessen geistreiche Umbildung von Gemälden des Velasquez, die, scheinbar
willkürlich in der Einzelform, die Gesamthaltung ihres Vorbildes mit kon-
genialem Verständnis wiedergeben. Manet sah in der gleichen Weise und mit
noch empfindlicherem Auge Hintergrund und Figur zusammen und hielt mit
unübertroffener Kunst die zeichnerische Übertragung eines Gemäldes ganz
im einheitlich gleichmäßigen Lichte. Er bediente sich einer überall offenen,
durchsichtigen Strichführung, aber er verstand es ebenso, wenn er eine Platte
weiterarbeitete und die Schatten tiefer nahm, bis zur gleichmäßigen Schwärze
fortzuschreiten, der die verstärkten Konturen der Lichtfläche die Wage halten,
und unter Bracquemonds kundiger Leitung benutzte er gelegentlich das
Aquatintaverfahren, um die Wirkung getuschter Flächen im Druck wieder-
zugeben, da er die unsauberen Effekte des Plattentones, denen Whistler gern
vertraute, mit gutem Grund verschmähte.
Der Eifer, mit dem sich Manet während der ersten sechziger Jahre der
Radierung hingab, erlahmte — wohl infolge des Mißerfolges — allmählich
wieder. Im Jahre 1868 arbeitete er, der Aufforderung Burtys folgend, eine
Platte für den Band Sonnets et Eaux-fortes, der nach Cadarts Album zu den
wichtigstenVeröffentlichungen der französischen Radierung zählt. Der Anschluß
an Goya wird in diesem Blatte, das nicht wie die meisten früheren auf ein
Gemälde zurückgeht, noch deutlicher, und bald danach radierte Manet zwei
spanische Straßenszenen, in denen die Erinnerung an die „Caprichos“ vernehm-
lich nachklingt.
Der veränderte Stil der Malerei Manets spiegelt sich in den wenigen
Blättern, die er in den siebziger Jahren geschaffen hat. Schon in der zweiten
Hälfte der sechzigerJahre war der Ton farbiger geworden, nicht durch effekt-
volle Aufhöhung einzelnerPartien, sondern durch ein im ganzen mehr funkelndes
Schwarz-Weiß, das die Platte mit einem wechselnden Spiel von gleichmäßig
in Schatten eingebetteten Lichtern überzieht. Mehr und mehr schwinden die
Konturen. Die Strichlagen gleiten über die Form hin, die in der Fläche selbst
aus dem wechselnden Spiel von Hell und Dunkel sich bildet. Die acht radierten
Illustrationen zu einem Gedicht „ Der Fluß “ von Charles Gros geben das
Äußerste an skizzenhafter Vereinfachung und ausdrucksvoller Kurzschrift,
352
Denn die Form wird nicht durch plastische Modellierung gewonnen, sondern
sie entsteht aus der Flächenbeziehung der Valeurs von Hell und Dunkel.
Manet hat die Radierungen Goyas mit Nutzen studiert. Er verstand
dessen geistreiche Umbildung von Gemälden des Velasquez, die, scheinbar
willkürlich in der Einzelform, die Gesamthaltung ihres Vorbildes mit kon-
genialem Verständnis wiedergeben. Manet sah in der gleichen Weise und mit
noch empfindlicherem Auge Hintergrund und Figur zusammen und hielt mit
unübertroffener Kunst die zeichnerische Übertragung eines Gemäldes ganz
im einheitlich gleichmäßigen Lichte. Er bediente sich einer überall offenen,
durchsichtigen Strichführung, aber er verstand es ebenso, wenn er eine Platte
weiterarbeitete und die Schatten tiefer nahm, bis zur gleichmäßigen Schwärze
fortzuschreiten, der die verstärkten Konturen der Lichtfläche die Wage halten,
und unter Bracquemonds kundiger Leitung benutzte er gelegentlich das
Aquatintaverfahren, um die Wirkung getuschter Flächen im Druck wieder-
zugeben, da er die unsauberen Effekte des Plattentones, denen Whistler gern
vertraute, mit gutem Grund verschmähte.
Der Eifer, mit dem sich Manet während der ersten sechziger Jahre der
Radierung hingab, erlahmte — wohl infolge des Mißerfolges — allmählich
wieder. Im Jahre 1868 arbeitete er, der Aufforderung Burtys folgend, eine
Platte für den Band Sonnets et Eaux-fortes, der nach Cadarts Album zu den
wichtigstenVeröffentlichungen der französischen Radierung zählt. Der Anschluß
an Goya wird in diesem Blatte, das nicht wie die meisten früheren auf ein
Gemälde zurückgeht, noch deutlicher, und bald danach radierte Manet zwei
spanische Straßenszenen, in denen die Erinnerung an die „Caprichos“ vernehm-
lich nachklingt.
Der veränderte Stil der Malerei Manets spiegelt sich in den wenigen
Blättern, die er in den siebziger Jahren geschaffen hat. Schon in der zweiten
Hälfte der sechzigerJahre war der Ton farbiger geworden, nicht durch effekt-
volle Aufhöhung einzelnerPartien, sondern durch ein im ganzen mehr funkelndes
Schwarz-Weiß, das die Platte mit einem wechselnden Spiel von gleichmäßig
in Schatten eingebetteten Lichtern überzieht. Mehr und mehr schwinden die
Konturen. Die Strichlagen gleiten über die Form hin, die in der Fläche selbst
aus dem wechselnden Spiel von Hell und Dunkel sich bildet. Die acht radierten
Illustrationen zu einem Gedicht „ Der Fluß “ von Charles Gros geben das
Äußerste an skizzenhafter Vereinfachung und ausdrucksvoller Kurzschrift,
352