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Glück, Heinrich
Die Kunst der Osmanen — Bibliothek der Kunstgeschichte, Band 45: Leipzig: Seemann, 1922

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https://doi.org/10.11588/diglit.61190#0010
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Dieser Monumentalität des Sakralbaues steht, der
Intimität des türkischen Familienlebens und wohl auch
einer Nachwirkung nomadischer Bräuche entsprechend,
das einfache Äußere des Profanbaues gegenüber. Wie
das gewöhnliche, meist aus Holz errichtete Wohnhaus
nach außen hin bescheiden in Erscheinung tritt, im
Inneren aber den größten Prunk entfaltet (14), so ist
auch der Palast weniger auf die Wirkung des Äußeren
als des Inneren gestellt. Keine großartig aufgemachte
Fassade, noch die Riesenhaftigkeit eines zusammen-
hängenden Baukomplexes wird dem Beschauer geboten,
vielfach ohne Zusammenhang sind die Wohn- und Re-
präsentationsräume als leichtgebaute Pavillons (Kioske)
inmitten des Grüns einer üppigen Parkanlage zerstreut
(15). Innen aber herrscht die Farbe, sei es im bunten
Belag der Teppiche, in den wechselnden Mustern des
Fliesenbelags der Wände, in den Schriftbändern, deren
hochentwickelte Kalligraphie als Kunstwerk die figür-
liche Darstellung ersetzt, in den Polygonalmustern der
Decken und in den Holz-, Elfenbein- und Perlmutter-
einlagen der Türen (16).
Einen Ausgleich zwischen Sakral- und Profanbau in
dem Sinne, daß der innere Prunk der letzteren aber
auch die monumentale Gestaltung des Äußeren — frei-
lich in bescheidenerem Maßstabe als bei den Moscheen
übernommen wird, bilden die Mausoleen (Türben). In
dem polygonalen Prisma des Unterbaues, der gerillten
Kuppel und dem niedrigen zylindrischen Tambur kommt
das stereometrische Empfinden der Türken wieder klar
zum Ausdruck (17). Der reiche Schmuck von profi-
lierten Rahmungen, farbiger Marmorinkrustation, Sta-
laktitensimsen und Palmettenfriesen belebt diese ab-
strakte Gesetzmäßigkeit, ohne sie zu zersetzen und ohne

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