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IRAN
Geist wirksam, jener Geist, der das Geheimnis des Glaubens noch nicht
durch begriffliche Zergliederung entheiligt hat. Damit ist auch der Träger der
Schrift, das Buch, Heiligtum und Kunstwerk. Sein reicher Schmuck weist schon
äußerlich die Schätzungdes Inhalts. Edelmetall mit Steinen und Email (Tafeln 12,13)
oder Elfenbein (Tafel 52) bildet den Einband, silberne Behälter sind schützende
Hülle (Tafel 123).
Wie ein Siegel schmückt den Anfang das Symbol, sei es den Einband selbst
(Tafeln 12, 13) oder das vorgesetzte Zierblatt (Tafel 1). Purpur ist in besonderen
Fällen der Grund der Blätter, Gold oder Silber die Buchstaben (Tafeln 8—10).
Soweit Schrift im Osten Lebendiges ist, bedarf es keiner „ Illustration". Wo aber
die Darstellung einsetzt, ist das Bild zunächst selbst schriftmäßig verwertet, in un-
unterbrochener Reihe gleitet die Darstellung über die Rolle oder schildert in
Zeilen die in epischer Folge vorgetragene Handlung. Wie in Rede und Schrift
der Name, so kehrt die Figur des Helden auf demselben Blatte, in derselben
Reihe, in der gleichen landschaftlichen Umgebung mehrfach wieder (Tafel 9).
Erst wo der individualisierende Westen stärker eingreift, wird die Darstellung
zum eigentlichen umgrenzten Bilde, der Purpurgrund wird zum atmosphärischen
Raum, die Handlung in dramatische Einzelszenen aufgelöst, die Bilderschrift wird
zur Illustration. So geht dann im Westen die starke Unmittelbarkeit der Erzählung
verloren, das Bild wird zur beigefügten Erklärung des Textes, veräußert den
Sinn des Buches. Volkstümliches, auf die Unmittelbarkeit des Wortes und das
geheimnisvolle Zeichen der Schrift gegründetes Urchristentum wird zur mittel-
baren Bewußtheit.
IRAN
SINNBILD UND SCHMUCK
Wo liegt das Höhere? Wo das Göttliche aus menschlicher Ohnmacht als
Unbegreifliches, Unnahbares geahnt wird, oder wo das Individuum
stolz sich seine Gottheit schafft — nach seinem Ebenbilde. Die Antwort liegt
in der Weltanschauung. Im Urchristentum fand der Geist des Ostens seinen
Ausdruck, darum scheut es die Gestaltung. Wie das Wort für den Sinn das
Gleichnis setzt, wie die Schrift nur Zeichen für den Sinn ist, so ist auch das
Sinnbild nicht der Sinn selbst. Doch ist das Zeichen auch für die Unkundigen
anschaulich geworden. Deshalb ist auch das Sinnbild heilig: es will das Rätsel
IRAN
Geist wirksam, jener Geist, der das Geheimnis des Glaubens noch nicht
durch begriffliche Zergliederung entheiligt hat. Damit ist auch der Träger der
Schrift, das Buch, Heiligtum und Kunstwerk. Sein reicher Schmuck weist schon
äußerlich die Schätzungdes Inhalts. Edelmetall mit Steinen und Email (Tafeln 12,13)
oder Elfenbein (Tafel 52) bildet den Einband, silberne Behälter sind schützende
Hülle (Tafel 123).
Wie ein Siegel schmückt den Anfang das Symbol, sei es den Einband selbst
(Tafeln 12, 13) oder das vorgesetzte Zierblatt (Tafel 1). Purpur ist in besonderen
Fällen der Grund der Blätter, Gold oder Silber die Buchstaben (Tafeln 8—10).
Soweit Schrift im Osten Lebendiges ist, bedarf es keiner „ Illustration". Wo aber
die Darstellung einsetzt, ist das Bild zunächst selbst schriftmäßig verwertet, in un-
unterbrochener Reihe gleitet die Darstellung über die Rolle oder schildert in
Zeilen die in epischer Folge vorgetragene Handlung. Wie in Rede und Schrift
der Name, so kehrt die Figur des Helden auf demselben Blatte, in derselben
Reihe, in der gleichen landschaftlichen Umgebung mehrfach wieder (Tafel 9).
Erst wo der individualisierende Westen stärker eingreift, wird die Darstellung
zum eigentlichen umgrenzten Bilde, der Purpurgrund wird zum atmosphärischen
Raum, die Handlung in dramatische Einzelszenen aufgelöst, die Bilderschrift wird
zur Illustration. So geht dann im Westen die starke Unmittelbarkeit der Erzählung
verloren, das Bild wird zur beigefügten Erklärung des Textes, veräußert den
Sinn des Buches. Volkstümliches, auf die Unmittelbarkeit des Wortes und das
geheimnisvolle Zeichen der Schrift gegründetes Urchristentum wird zur mittel-
baren Bewußtheit.
IRAN
SINNBILD UND SCHMUCK
Wo liegt das Höhere? Wo das Göttliche aus menschlicher Ohnmacht als
Unbegreifliches, Unnahbares geahnt wird, oder wo das Individuum
stolz sich seine Gottheit schafft — nach seinem Ebenbilde. Die Antwort liegt
in der Weltanschauung. Im Urchristentum fand der Geist des Ostens seinen
Ausdruck, darum scheut es die Gestaltung. Wie das Wort für den Sinn das
Gleichnis setzt, wie die Schrift nur Zeichen für den Sinn ist, so ist auch das
Sinnbild nicht der Sinn selbst. Doch ist das Zeichen auch für die Unkundigen
anschaulich geworden. Deshalb ist auch das Sinnbild heilig: es will das Rätsel