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Glück, Heinrich; Cohn, William [Editor]
Die Kunst des Ostens (Band 8): Die christliche Kunst des Ostens — Berlin: Cassirer, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.73316#0052
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BILDERSTURM, ISLAM UND ARMENIEN

Einordnung erhält. Wo Figürliches eingestreut wird, ist es das auch im Islam
gebräuchliche hellenistische, iranische und buddhistische Erbgut, freilich eben-
falls nicht als selbständig illustrierende Elemente für sich behandelt, sondern im
Liniengewirr der arabesken Schnörkel selbst fast zum Ornament geworden.
Und selbst wo sich dann in der Zeit nach dem Bildersturm — wie ja auch im
Islam — die Darstellung meist als Erzeugnis der armenischen oder griechischen
Klosterkolonien wieder durchsetzt, kann sie sich nicht von dem abstrakten
ornamentalen Zug der östlichen Welt frei machen: Wie in dem linken Mittel-
feld der Tafel 59 (b) das Kreuz mit den buddhistisch-armenischen Anker-
endigungen in dem doppelschichtigen Geranke der Arabesken erscheint, so
daß es sich fast in ihm verliert, wie dabei die einzelnen Palmetten, Kreuz-
arme, Rosetten und Endigungen selbst wieder von Rankenwerk überzogen
sind, so daß jede Einzelheit selbst wieder zu einem Behälter rhythmischen
Lebens wird, so sind auch die figürlichen Szenen (a, c, d) zum Ornament ge-
worden, in dem die Einzelgestalt nur als Glied einer rhythmischen Folge in der
Fläche ihre Bedeutung hat. Wo immer es angeht, sucht der arabesk-orna-
mentale Zug der Flächenfüllung das Figürliche zu zersetzen: das Gebäude im
Pfingstwunder (a) wird zu einem rankenverzierten Rahmenstreifen, der in edlem
Gleichmaß die übereinandergestaffelten Apostelfiguren umfaßt. Der Baum in
der Darstellung des Einzugs in Jerusalem (c) wird in seinem Stamm zu einem
abgestuften Flechtband, seine Krone, die dem großzügig erfaßten Eselreiter als
Folie dient, endet in arabeske Bildungen, und wo immer die Figuren den Relief-
grund nicht füllen, behauptet die abstrakte Ranke den Platz (a, d). In die Ge-
wänder dringt sie als Stoffmuster ein, oder aber der Faltenwurf erhält den
Charakter kalligraphischer Schnörkel, die die Figuren ihrer Körperlichkeit ent-
kleiden.
' In den vorwiegend christlich verbliebenen Gebieten des armenischen Hoch-
landes aber wurde das gemein Östliche in die persönlichere Form des Nationalen
umgeprägt. Auch hier gegenüber dem Ausgleich in Byzanz das Aufgeben des
Westlichen oder wenigstens dessen Anpassung an das Eigene, so daß es in
ihm aufging. Wie in den islamisch- arabischen und persischen Gebieten hatten
hier, der selbständigen nationalen Stellung entsprechend, die östlichen Formen
ihren besonderen Charakter erhalten, ohne aber ihre Zugehörigkeit zu der um-
liegenden östlichen Welt zu verleugnen. So gewann im 7. Jahrhundert in der
Baukunst der östliche Zentralbau mit der von den iranischen Palästen her
 
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