Lille
Jacques Meurille, Jehan Malatire, Pierre Clincquemeure, Jehan Leclerq, Gilles Duhamel,
Pierre Herselin, Jehan Sirou, Pierre Tesart, Alard Herselin, Jacques Carpentier, Allard
Escailler und sein Sohn Grard, Hector Bellemend, Jacques Lesage, Pasquet d'Estaires
und Pierre Thibaut. Verreist oder krank sind der aus Tournai gebürtige Pierre de
Weple, genannt Potier, ferner Jehan Carpentier, Corn(ille) Cherebaut, Bonaventure
Hamel, Jacques Herselin und Cornille Rouverit.
Die Anwesenden bestreiten jede mißbräuchliche Verwendung von Farben, sie legen
den Erlaß dahin aus, daß er sich überhaupt nicht gegen die Wirker, sondern gegen
die Tapisseriehändler wende, die nicht schnell und wohlfeil genug die Ware erhalten
könnten. Ein Händler sei in Lille nicht vorhanden. Die einheimischen Wirker setzten
ihre Erzeugnisse in der Stadt unmittelbar selbst ab oder verkauften sie auf der Ant-
werpener Pant. Das völlige Fehlen eines Maklers zeigt zur Genüge, daß die Anfer-
tigung größerer Figurenteppiche in Lille auch im 16. Jahrhundert als ausgeschlossen
angesehen werden kann.
Der bekannte Erlaß Kaiser Karls V. nennt Lille mit unter den Städten, in denen
der Wirkereibetrieb von altersher zünftig geübt wird. Es ist zweifelhaft, ob die vor-
geschriebene Einführung der Stadt- und Wirkermarke in Lille je zur Durchführung
gelangte. Die Signatur ist nach Artikel 41 des Ediktes nur bei Arbeiten mit einem
Quadratellenpreise über 24 Patars erforderlich. Die einfachen Wappen- und Verdüren-
arbeiten der Liller Manufakturen dürften nicht oder nur unwesentlich diese Grenze über-
schritten haben.
Die immer stärker anwachsende Tuchindustrie — 1539 ist Lille derart übervölkert,
daß eine Stadterweiterung erforderlich wird — erstickt den altväterlich betriebenen,
wenig lukrativen Wirkereibetrieb. Jede nur irgend verfügbare Kraft wird im Dienste
der „nieuwe draperie^ eingestellt. 1538 erklärt eine Magistratsverfügung «qu'il n'y
avoient aucun marchand tapissier en la ville de Lille, ains vendoient leurs ouvrages
en la ville d'Anvers". Die religiösen Unruhen, die in Lille besonderen Kückhalt finden —
1566 besitzt die Stadt eine starke calvinistische Gemeinde — und die anschließenden
Orgien der Bilderstürmer schließen ein Aufblühen der Bildwirkerei aus.
Fast ein Jahrhundert später taucht eine neue Liller Manufaktur auf. Vinzenz van
Quickelberghe (Quichelberghe, Quilkerberghe) aus Oudenaarde, ein etwas unruhiger
Kopf, hat vergebens versucht, in Arras ein Wirkereiatelier in Gang zu bringen. Er
wendet sich 1625 an den Rat und legt ihm nahe, die Gelder für die Beschaffung
der für die Stadt notwendig werdenden Wirkteppiche nicht fremden Orten zukommen
zu lassen, sondern ihm eine ausreichende Unterstützung zur Begründung einer Liller
Manufaktur zu gewähren. Mit der Errichtung des Ateliers lasse sich zum Wohle der
Steuerzahler eine Färberei und die dazugehörige Wollspinnerei verbinden. Die nöti-
gen Betriebsmaterialien seien bereits in seinem Besitze. Die Stadt geht auf die Vor-
schläge Quickelberghes ein, sie gewährt ihm außer den üblichen Privilegien, Befreiung
vom Wachtdienste und dergleichen mehr, einen jährlichen Zuschuß von 100 Gulden auf
die Dauer von neun Jahren. Als Gegenleistung hat der Meister jährlich vier ihm von
der Stadt überwiesene Lehrlinge in seiner Kunst zu unterrichten und sie im Laufe
von drei Jahren ordnungsmäßig auszubilden. Es handelt sich in der Regel um Stadt-
waisen, die in dieser zweckmäßigen Form sozialer Fürsorge einem geeigneten Lebens-
berufe zugeführt werden sollen. Das Unternehmen des neuen Liller Meisters schlägt
ein, zum mindesten vermag er sich über Wasser zu halten. Nach seinem Tode (vor
1627) geht die Manufaktur auf seine beiden Söhne Johan und Emanuel über, die
die gleichen Privilegien beziehen. Gestaltet sich der Betrieb ungünstig oder spielen
andere Gründe mit, Emanuel van Quickelberghe wandert 1630 nach Mortlake aus.
Ein wohlhabender Oudenaarder Wirker, Jaspart van Caeneghem, benutzt die Ge-
legenheit und schlägt dem Liller Rat die Überführung seiner Manufaktur vor. Das
Atelier der Quickelberghe sei nach dem jetzigen Stande nicht mehr zu halten, der
eine Chef weile im Ausland und «Jehan n'at moiens de fortune pour entretenir la dite
fabrique". Die Liller Behörden prüfen eingehend die Vorschläge des neuen Bewerbers,
3-1 Göbel, Wandteppiche.
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Jacques Meurille, Jehan Malatire, Pierre Clincquemeure, Jehan Leclerq, Gilles Duhamel,
Pierre Herselin, Jehan Sirou, Pierre Tesart, Alard Herselin, Jacques Carpentier, Allard
Escailler und sein Sohn Grard, Hector Bellemend, Jacques Lesage, Pasquet d'Estaires
und Pierre Thibaut. Verreist oder krank sind der aus Tournai gebürtige Pierre de
Weple, genannt Potier, ferner Jehan Carpentier, Corn(ille) Cherebaut, Bonaventure
Hamel, Jacques Herselin und Cornille Rouverit.
Die Anwesenden bestreiten jede mißbräuchliche Verwendung von Farben, sie legen
den Erlaß dahin aus, daß er sich überhaupt nicht gegen die Wirker, sondern gegen
die Tapisseriehändler wende, die nicht schnell und wohlfeil genug die Ware erhalten
könnten. Ein Händler sei in Lille nicht vorhanden. Die einheimischen Wirker setzten
ihre Erzeugnisse in der Stadt unmittelbar selbst ab oder verkauften sie auf der Ant-
werpener Pant. Das völlige Fehlen eines Maklers zeigt zur Genüge, daß die Anfer-
tigung größerer Figurenteppiche in Lille auch im 16. Jahrhundert als ausgeschlossen
angesehen werden kann.
Der bekannte Erlaß Kaiser Karls V. nennt Lille mit unter den Städten, in denen
der Wirkereibetrieb von altersher zünftig geübt wird. Es ist zweifelhaft, ob die vor-
geschriebene Einführung der Stadt- und Wirkermarke in Lille je zur Durchführung
gelangte. Die Signatur ist nach Artikel 41 des Ediktes nur bei Arbeiten mit einem
Quadratellenpreise über 24 Patars erforderlich. Die einfachen Wappen- und Verdüren-
arbeiten der Liller Manufakturen dürften nicht oder nur unwesentlich diese Grenze über-
schritten haben.
Die immer stärker anwachsende Tuchindustrie — 1539 ist Lille derart übervölkert,
daß eine Stadterweiterung erforderlich wird — erstickt den altväterlich betriebenen,
wenig lukrativen Wirkereibetrieb. Jede nur irgend verfügbare Kraft wird im Dienste
der „nieuwe draperie^ eingestellt. 1538 erklärt eine Magistratsverfügung «qu'il n'y
avoient aucun marchand tapissier en la ville de Lille, ains vendoient leurs ouvrages
en la ville d'Anvers". Die religiösen Unruhen, die in Lille besonderen Kückhalt finden —
1566 besitzt die Stadt eine starke calvinistische Gemeinde — und die anschließenden
Orgien der Bilderstürmer schließen ein Aufblühen der Bildwirkerei aus.
Fast ein Jahrhundert später taucht eine neue Liller Manufaktur auf. Vinzenz van
Quickelberghe (Quichelberghe, Quilkerberghe) aus Oudenaarde, ein etwas unruhiger
Kopf, hat vergebens versucht, in Arras ein Wirkereiatelier in Gang zu bringen. Er
wendet sich 1625 an den Rat und legt ihm nahe, die Gelder für die Beschaffung
der für die Stadt notwendig werdenden Wirkteppiche nicht fremden Orten zukommen
zu lassen, sondern ihm eine ausreichende Unterstützung zur Begründung einer Liller
Manufaktur zu gewähren. Mit der Errichtung des Ateliers lasse sich zum Wohle der
Steuerzahler eine Färberei und die dazugehörige Wollspinnerei verbinden. Die nöti-
gen Betriebsmaterialien seien bereits in seinem Besitze. Die Stadt geht auf die Vor-
schläge Quickelberghes ein, sie gewährt ihm außer den üblichen Privilegien, Befreiung
vom Wachtdienste und dergleichen mehr, einen jährlichen Zuschuß von 100 Gulden auf
die Dauer von neun Jahren. Als Gegenleistung hat der Meister jährlich vier ihm von
der Stadt überwiesene Lehrlinge in seiner Kunst zu unterrichten und sie im Laufe
von drei Jahren ordnungsmäßig auszubilden. Es handelt sich in der Regel um Stadt-
waisen, die in dieser zweckmäßigen Form sozialer Fürsorge einem geeigneten Lebens-
berufe zugeführt werden sollen. Das Unternehmen des neuen Liller Meisters schlägt
ein, zum mindesten vermag er sich über Wasser zu halten. Nach seinem Tode (vor
1627) geht die Manufaktur auf seine beiden Söhne Johan und Emanuel über, die
die gleichen Privilegien beziehen. Gestaltet sich der Betrieb ungünstig oder spielen
andere Gründe mit, Emanuel van Quickelberghe wandert 1630 nach Mortlake aus.
Ein wohlhabender Oudenaarder Wirker, Jaspart van Caeneghem, benutzt die Ge-
legenheit und schlägt dem Liller Rat die Überführung seiner Manufaktur vor. Das
Atelier der Quickelberghe sei nach dem jetzigen Stande nicht mehr zu halten, der
eine Chef weile im Ausland und «Jehan n'at moiens de fortune pour entretenir la dite
fabrique". Die Liller Behörden prüfen eingehend die Vorschläge des neuen Bewerbers,
3-1 Göbel, Wandteppiche.
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