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Göbel, Heinrich
Wandteppiche (I. Teil, Band 1): Die Niederlande — Leipzig, 1923

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https://doi.org/10.11588/diglit.12244#0605
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Haag

Haag.

1587 erscheint der „Tapytwerker" Gilles Gillesz in den Akten der Stadt. Die Her-
kunft des Künstlers ist imbekannt; wahrscheinlich handelt es sich um einen Flüchtling
aus den Südprovinzen. Meister Gilles erhält 19 fläm. <£ 10 sch. uvuyt sake dat hy
derthien syde wapenen gewrocht heeft." Die in Seide gewirkten Stadtwappen werden
auf Sitzkissen aus grünem Tuche „van groen laken", die ein Kaufmann Leuert Ys-
brantsz stellt, aufgenäht (1).

Das Unternehmen des Gillesz scheint nur von untergeordneter Bedeutung gewesen
zu sein.

Zu Beginn des 17. Jahrhunderts setzten tatkräftige Verhandlungen des Rates ein,
geeignete Teppichwirker zu gewinnen. Die Versuche sind von Erfolg. 1608 ist Arent
Bartholomeus van Gils im Haag tätig. Er ist augenscheinlich mit dem „Lakencooper"
gleichen Namens identisch. Der Meister leiht zur Ausschmückung der Quartiere der
„Heeren Gesanten van de Evangelische Cheurfursten" für die Zeit vom 15. April bis
6. Dezember insgesamt 317 Quadratellen Wirkteppiche und 21 Ellen grünes Tuch.
Für eine ähnliche Leistung — es handelt sich um die Wohnung des «Heere Ambassa-,
deur van Coninck van Marocos" — bezieht van Gils am 16. Januar 1610 den nicht
unerheblichen Betrag von 420 °^(2).

1618 läßt sich Maerten Reynbouts, ein Sohn oder naher Verwandter des bekannten
Brüsseler Meisters im Haag nieder (3). Im darauf folgenden Jahre zahlt der Rat 60 <£,
die erste fällige Subvention. Die Meister Maerten zugestandenen Privilegien werden
genau fixiert; der Rechnungsbelag nimmt Bezug auf die „toesegginge hem den V.en
December Anno 1618 gedaen" (4). Reynbouts führt sich gebührend bei den General-
Staaten ein; er überreicht eine Probe seines Könnens in Gestalt eines reich gewirkten
Kissenblattes „voerende het Wapen van Zyn Extie". Die Staaten antworten mit einem
liebenswürdigen Schreiben und einem Geldgeschenk. Das Reynbouts'sche Unternehmen
trägt zunächst völlig das Gepräge einer Brüsseler Filialstelle. 1620 erhält der Meister
einen Geleitschein, um im Auftrage der Staaten der Vereinigten Provinzen „eenighe
thoonstukken van tapitseryen" aus der väterlichen Zentrale nach dem Haag zu über-
führen (5). U. a. handelt es sich um zwei Behänge «van Julius Caesar en Mars".
Trotz des freien Geleites entstehen Schwierigkeiten," der Transport wird in Lillo an-
gehalten. Noch 1639 beschafft Martin Reynbouts für den Statthalter aus Brüssel eine
nicht näher erläuterte Folge. Die Werkstatt wird nicht genannt. Die väterliche
Manufaktur besteht seit 1619 nicht mehr, es erscheint fraglich, ob die Mutter Marie
Swaen nach des Gatten Ableben die altberühmte Firma weiterführte. Dem Einheits-
preise nach — 8 Gulden — kommen wahrscheinlich Figurenteppiche (225 Quadratellen)
in Betracht. Die am 1. Oktober 1636 in der Haager Manufaktur für «Syne Hoocheyt"
Prinz Friedrich Heinrich gefertigten sieben Verdüren, „Groenbosschagie^, werden mit
drei Gulden zwölf Stuivers die Quadratelle abgefunden.

Wann Reynbouts' Ernennung zum Hofwirker erfolgt, entzieht sich zunächst meiner
Kenntnis. Am 28. Mai 1642 hinterlegt der alternde Meister seinen letzten Willen.
Scheinbar übernimmt der gleichnamige Sohn das Atelier. Über seine Tätigkeit ist
wenig bekannt; nach einem Vermerke (4. Juni 1669) des Haager Notars C. v. d. Beets
befaßt sich der Wirker auch mit Wechselgeschäften. Martin Reynbouts stirbt im
September 1674. Es ist nicht ganz klar, ob die beiden Meister Vater und Sohn sind,
oder ob es sich um ein und dieselbe Person handelt. Die Würde eines «Tapijt-
werckers van S. Hoocheyt den Heere Prince van Orangen" bekleidet in den siebziger
und achtziger Jahren Maryn Goufroy (Geoffrey); sein Name erscheint am 21. Februar
1687 zum letzten Male.

Die kriegerischen Verwicklungen (1625), die den Verlust von Breda und Herzogen-
bosch mit sich bringen, üben ungünstige Rückwirkungen auf die Haager Manufaktur.

1642 finden wir Joost van Coppenol(6); er liefert verschiedene Tapisseriezimmer —

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