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Göbel, Heinrich; Göbel, Heinrich [Editor]
Wandteppiche (II. Teil, Band 1): Die romanischen Länder: Die Wandteppiche und ihre Manufakturen in Frankreich, Italien, Spanien und Portugal — Leipzig, 1928

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https://doi.org/10.11588/diglit.16360#0164
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Gobelins

len —; sie wird für die großen, vier Ellen hohen Indienserien verwertet. Die zweite
Lösung, für die „Petites Indes" (37a Ellen hoch) bestimmt, zeigt eine Rahmenkopie,
Kartuschen füllen die Ecken, das Wappen von Frankreich deckt die Mitte der oberen,
die von der Königskrone überhöhte Initiale 2£ die Mitte der unteren Bordüre.

Die erste vollständige Basselissereihe, ohne Verwendung von Metallfäden, entsteht
1687/1688 in den Werkstätten von De la Croix und Mozin; der Einheitspreis stellt
sich auf 120 Livres. Die Serie ist seit 1792 aus dem Louvre spurlos verschwunden.
Die zweite Wiederholung •— Basselisse, ohne Gold — wird von den gleichen Meistern
1689/1690 zur Anlieferung gebracht; die Wiedergaben erscheinen naturgemäß im
Spiegelbilde; die unsignierten acht Behänge sind noch vollständig im französischen
Staatsbesitze vorhanden; die Höhenmaße wechseln zwischen 4,60 m und 4,75 m.

Eine dritte Wiederholung erfolgt in hochlitziger Technik in sehgerechter Ansicht
1692/1700 in den Ateliers von Jans und Lefebvre; als Quadratellenpreis kommen
225 Livres in Ansatz. An der Durcharbeitung der Kartons — immer noch völlig im
Sinne der Originale — sind F. Desportes, Fontenay, Houasse und Yvart beteiligt. Die
Serie wird auf königlichen Befehl mit anderen Gobelins gelegentlich des Zaren-
besuches (17. Juni 1717) Peter dem Großen als Geschenk überreicht; die Folge ging
wahrscheinlich bei dem Brande (1837) des Winterpalais zu Grunde, lediglich ein
Bruchstück des «Tierkampfes" war 1914 in St. Petersburg noch vorhanden.

Die vollständigste, noch erhaltene (vierte) Reihe in tieflitziger Technik wird in den
Jahren von 1701—1718 für den Großmeister des Malteser Johanniterordens, Raymond
de Perellos, von Le Blond durchgeführt. Sie umfaßt, durch die Teilung des „Ele-
fanten" und „Jägers" in je zwei Teppiche, zehn Behänge, die durch drei Supraporten

— das Wappen des Bestellers von türkischen Gefangenen flankiert — ergänzt werden.
Den Raumabmessungen des Saales im Hochmeisterschlosse zu La Valetta entsprechend,
haben die Teppiche, mit Ausnahme der „beiden Stiere", mehr oder weniger erheb-
liche Erweiterungen erfahren. Die Bordürenfassung zeigt die erste Lösung nur mit
dem Unterschiede, daß das Hoheitszeichen des Bestellers der Mitte des oberen Rahmens
eingefügt ist. Die Höhe beträgt durchgängig 4,70 m.

Als Ersatz für die an den Zaren abgetretene Folge wird 1718/1720 eine Hautelisse-
wiederholung in den Werkstätten von Jans und Lefebvre auf die Stühle gelegt; sie
wandert 1769 als Geschenk an den Generalsteuerpächter und Leiter der königlichen
Posten Bouret, um dann zu verschwinden. Wahrscheinlich entstammt der „Tierkampf"

— erste Fassung — im Besitze des Ashmolean Museums zu Oxford mit der Signatur
JANS dieser Folge (46). Die drei letzten Wiederholungen, die „Petites Indes" (6. bis
8. Folge), verwenden die zweite Fassung. Die sechste, hochlitzige Serie ohne Gold

— die Höhe ist von 4,75 m auf 4 m ermäßigt — wird in den Ateliers von Lefebvre,
De la T bur und Jans 1723 begonnen und im Oktober 1727 vollendet; die Behänge
zählen heute zum Bestände der Villa Medici (franz. Akademie) in Rom. Die zweite
hochlitzige Klein-Indien-Serie — ohne Metallfäden — wird von denselben Meistern
(1725—1728) zur Ablieferung gebracht. Sie besteht aus den acht Teppichen und vier
1729—1732 von Lefebvre gelieferten Ersatzstücken (Jäger, Fischer, Zebra, Tierkampf).
Lediglich vier Behänge (Zebra: Lefebvre, Jäger: Lefebvre; Tierkampf: Jans, Fischer:
Jans) sind im französischen Staatsbesitze noch vorhanden; zwei Behänge „Stiere" und
„Indianer zu Pferd" gingen 1871 beim Brande der Gobelins zu Grunde; der Rest,
1788 dem Ersten Präsidenten des Pariser Parlamentes, Herrn d'Ormesson, leihweise
überlassen, ist verschollen.

Die letzte Wiederholung der „Petites Indes" entsteht 1726—1730 in den Hautelisse-
werkstätten der Lefebvre, De la Tour und Jans; sie wird in der großen Revolution
entweder verschleudert oder gestohlen.

Die Indienreihe ist mehrfach in Privatsammlungen vertreten. Die Versteigerung der
Kollektion H. Braqueniö (18. Mai 1897) förderte vier Behänge zutage, in den Ab-
messungen und der Fassung der beiden ersten Serien: Fischer-, Tierkampf, Häuptling,
Eingeborener' zu Pferd. Vier Teppiche mit den gleichen Motiven (H. 4,65 m bis 4,75 m,

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