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Beckmann, Max; Göpel, Erhard
Die Argonauten: ein Triptychon — Werkmonographien zur bildenden Kunst in Reclams Universal-Bibliothek, Band 13: Stuttgart: Reclam, 1957

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Wolfgang Frommel - Das Argonautengespräch
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https://doi.org/10.11588/diglit.57101#0045
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ist auf Frommeis „Funde“ an drei Stellen Bezug genommen,
ohne damit der kongenialen Deutung Frommeis vorgreifen zu
wollen. Aus dem Brief entnehmen wir nur Frommeis Schil-
derung des im Tagebuch erwähnten Argonautengespräches, ein
Quellenstück ersten Ranges.
„Es war einer jener Sonntagvormittage, an denen ich
Beckmann in seinem großen Atelier am Rokin mit einer
gewissen Regelmäßigkeit aufzusuchen pflegte. Ich durfte
ein eben fertiggestelltes Bild betrachten und hatte, wozu
mich der Maler immer gern aufforderte, eine bis ins ein-
zelne gehende Interpretation des Dargestellten zu ent-
wickeln versucht. Er schien befriedigt und bot mir, was
immer ein Zeidien seines Wohlwollens war, eine seiner
vorzüglichen, für jene Zeit schon sehr kostbar gewor-
denen Zigarren an. Ich sehe ihn vor mir, wie er neben
der über und über mit Farben bespritzten Kommode,
von Rauchwolken umhüllt, in einem alten Klubsessel
mächtig thronte, indessen ich mit großen Schritten durch
den weiten Raum eilte. Mit eins schien mir der Augen-
blick gekommen, gewisse Bedenken, die ich angesichts der
Beckmannschen Bildgehalte immer wieder in mir zurück-
gedrängt hatte, zur Sprache zu bringen. Es entwickelte
sich ein lebendiges, etwas aggressives Gespräch, in dessen
Verlauf Beckmann meinte, er habe im Gesamt seines
Oeuvre den Grundgehalt seiner Epoche zu totaler An-
schauung gebracht, etwa so, wie Balzac in seiner Comedic
humaine die Gesellschaft des 19. Jahrhunderts aufgerollt
hat. Auf meinen Widerspruch fuhr er etwas heftig auf:
,Und was fehlt nach Ihrer Ansicht? Was gibt es noch nach
Ihrer Ansicht?' Antworte ich: ,Uns!‘ und Beckmann:
,Was verstehen Sie unter ,uns‘?‘ ,Ich verstehe darunter
das, was das Leben meiner Freunde bestimmt und viel-
leicht nicht nur das ihre. Oder sagen wir es mythischer,
deutlicher: die Argonauten.' Dann entwickelte ich ihm,
etwa im Sinn der Bachofenschen Darstellung, mein in-
neres Bild der Argonautenschar, und warum in diesem

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