Anton van Dyk. 31
geworfenen Radirungen, die ſpäter von anderen Stechern vollendet und durch Stiche nach Oelſkizzen
van Dyck's zu einem Sammelwerk von hundert Bildniſſen berühmter Zeitgenoſſen vervollſtän-
digt wurden.
Bei dem Feld der Wirkſamkeit, das England ihm gewährte, hätte van Dyck „ein über die
Maßen reicher Mann“ werden können, wie Sandrart ſagt, ſofern er nur „ein guter Haushalter
geweſen wäre und des verbuhlten Cupido Anläufe verlacht hätte“ Aber der Maler der vornehmen
Welt hielt ſich auch von vornehmen Lebensgewohnheiten nicht frei. Namentlich war van Dyck ein
Verehrer der Frauen, durch ſeine Großmuth wie durch ſeine gewinnende Perſönlichkeit feſſelte er ſie
an ſich, und manche ſeiner Gebieterinnen gehörten den vornehmſten Kreiſen an. Dann ſoll er ſich
auch der gefährlichen Modeleidenſchaft, der Alchymie, hingegeben haben. Indeſſen ſind derartige
Notizen älterer Schriftſteller mit Vorſicht aufzunehmen, van Dyck's Teſtament beweiſt immerhin,
daß er über bedeutende Summen verfügen konnte.
Wohl Ende der dreißiger Jahre, genauer läßt ſich der Zeitpunkt nicht beſtimmen, vermählte
er ſich mit Lady Marh Ruthven, einer ſchönen Hofdame der Königin. Aber auch während
dieſer Zeit häuslichen Glücks fühlte er ſich innerlich nicht völlig befriedigt, denn mitten unter dem
fortwährenden Portraitmalen hatte die Sehnſucht, größere Compoſitionen auszuführen, ihm ſchon
längſt nicht Ruhe gelaſſen. Endlich winkte ihm eine ſolche Gelegenheit, der Plan zu Wandge-
mälden im Schloſſe Whitehall wurde angeregt und berathen, van Dyck hoffte mit Rubens ſelbſt
wetteifern zu dürfen, der hier die Decke gemalt hatte. Aber wegen der ernſten Wendung in den
Zeitverhältniſſen zerſchlug ſich die Sache. Mißvergnügt trat der Maler mit ſeiner Gattin im Jahre
1640 eine Reiſe nach der Heimat an, eilte von Flandern nach Paris, als er von der Abſicht des
Königs von Frankreich hörte, die große Galerie des Louvre malen zu laſſen, aber kam zu ſpät, und
traf jetzt nach erneutem Fehlſchlag, auch körperlich leidend, in England wieder ein.
Hier fand er Zuſtände, die ihn doppelt niederdrücken mußten. Immer drohender wurden die
politiſchen Verhältniſſe, im März 1641 mußte der Künſtler die Zerſtreuung der Königsfamilie
erleben, die er ſo oft gemalt hatte, noch ein Mal, im Mai, erkaufte Karl I. ſeine Exiſtenz — durch
Strafford's Haupt. Damals war van Dyck bereits ſchwer erkrankt. Der König, der von Schott-
land zurückkehrte, bot dem Arzt dreihundert Pfund Sterling, wenn er ihn herſtelle, doch der Kranke
ſchleppte ſich noch bis zum 9. December 1641 hin und ſtarb dann zu Blackfriars, nur ein Jahr
nach dem Tode von Rubens. Im Chor der Sanct-Pauls-Kathedrale wurde er begraben. An
ſeinem Todestage ward ein neugeborenes Töchterchen getauft, das ſpäter, erſt zwölf Jahre alt,
einem Sir John Steppney vermählt ward. Außerdem hinterließ er eine natürliche Tochter, die bei
den Beguinen zu Antwerpen erzogen ward. Seine Wittwe reichte ſpäter einem Sir Richard
Pryſe ihre Hand.
Van Dyck war vom Schauplatz abgetreten, gerade als der Umſchwung in jenem ſchimmernden
Treiben eintrat, deſſen Geſtalten er gemalt. Jetzt waren die alten glänzenden Tage vorüber, in
denen es zwar auch nicht an heftigen Gegenſätzen gefehlt hatte, aber da man immer noch nicht
ahnte, auf welchem Vulcan man ſtand. Damals war die Werkſtatt des Künſtlers eine Lieblingsſtätte
der höfiſchen Welt. Sie war eingerichtet, als ob ſie eine fürſtliche Wohnung wäre, hier bewegten
ſich — das gehörte zum guten Ton — Cavaliere in eleganter Tracht und ſchöne Damen in rau-
ſchenden Gewändern. Muſik wurde ausgeführt von Virtuoſen erſten Ranges und ward dann wieder
8*
geworfenen Radirungen, die ſpäter von anderen Stechern vollendet und durch Stiche nach Oelſkizzen
van Dyck's zu einem Sammelwerk von hundert Bildniſſen berühmter Zeitgenoſſen vervollſtän-
digt wurden.
Bei dem Feld der Wirkſamkeit, das England ihm gewährte, hätte van Dyck „ein über die
Maßen reicher Mann“ werden können, wie Sandrart ſagt, ſofern er nur „ein guter Haushalter
geweſen wäre und des verbuhlten Cupido Anläufe verlacht hätte“ Aber der Maler der vornehmen
Welt hielt ſich auch von vornehmen Lebensgewohnheiten nicht frei. Namentlich war van Dyck ein
Verehrer der Frauen, durch ſeine Großmuth wie durch ſeine gewinnende Perſönlichkeit feſſelte er ſie
an ſich, und manche ſeiner Gebieterinnen gehörten den vornehmſten Kreiſen an. Dann ſoll er ſich
auch der gefährlichen Modeleidenſchaft, der Alchymie, hingegeben haben. Indeſſen ſind derartige
Notizen älterer Schriftſteller mit Vorſicht aufzunehmen, van Dyck's Teſtament beweiſt immerhin,
daß er über bedeutende Summen verfügen konnte.
Wohl Ende der dreißiger Jahre, genauer läßt ſich der Zeitpunkt nicht beſtimmen, vermählte
er ſich mit Lady Marh Ruthven, einer ſchönen Hofdame der Königin. Aber auch während
dieſer Zeit häuslichen Glücks fühlte er ſich innerlich nicht völlig befriedigt, denn mitten unter dem
fortwährenden Portraitmalen hatte die Sehnſucht, größere Compoſitionen auszuführen, ihm ſchon
längſt nicht Ruhe gelaſſen. Endlich winkte ihm eine ſolche Gelegenheit, der Plan zu Wandge-
mälden im Schloſſe Whitehall wurde angeregt und berathen, van Dyck hoffte mit Rubens ſelbſt
wetteifern zu dürfen, der hier die Decke gemalt hatte. Aber wegen der ernſten Wendung in den
Zeitverhältniſſen zerſchlug ſich die Sache. Mißvergnügt trat der Maler mit ſeiner Gattin im Jahre
1640 eine Reiſe nach der Heimat an, eilte von Flandern nach Paris, als er von der Abſicht des
Königs von Frankreich hörte, die große Galerie des Louvre malen zu laſſen, aber kam zu ſpät, und
traf jetzt nach erneutem Fehlſchlag, auch körperlich leidend, in England wieder ein.
Hier fand er Zuſtände, die ihn doppelt niederdrücken mußten. Immer drohender wurden die
politiſchen Verhältniſſe, im März 1641 mußte der Künſtler die Zerſtreuung der Königsfamilie
erleben, die er ſo oft gemalt hatte, noch ein Mal, im Mai, erkaufte Karl I. ſeine Exiſtenz — durch
Strafford's Haupt. Damals war van Dyck bereits ſchwer erkrankt. Der König, der von Schott-
land zurückkehrte, bot dem Arzt dreihundert Pfund Sterling, wenn er ihn herſtelle, doch der Kranke
ſchleppte ſich noch bis zum 9. December 1641 hin und ſtarb dann zu Blackfriars, nur ein Jahr
nach dem Tode von Rubens. Im Chor der Sanct-Pauls-Kathedrale wurde er begraben. An
ſeinem Todestage ward ein neugeborenes Töchterchen getauft, das ſpäter, erſt zwölf Jahre alt,
einem Sir John Steppney vermählt ward. Außerdem hinterließ er eine natürliche Tochter, die bei
den Beguinen zu Antwerpen erzogen ward. Seine Wittwe reichte ſpäter einem Sir Richard
Pryſe ihre Hand.
Van Dyck war vom Schauplatz abgetreten, gerade als der Umſchwung in jenem ſchimmernden
Treiben eintrat, deſſen Geſtalten er gemalt. Jetzt waren die alten glänzenden Tage vorüber, in
denen es zwar auch nicht an heftigen Gegenſätzen gefehlt hatte, aber da man immer noch nicht
ahnte, auf welchem Vulcan man ſtand. Damals war die Werkſtatt des Künſtlers eine Lieblingsſtätte
der höfiſchen Welt. Sie war eingerichtet, als ob ſie eine fürſtliche Wohnung wäre, hier bewegten
ſich — das gehörte zum guten Ton — Cavaliere in eleganter Tracht und ſchöne Damen in rau-
ſchenden Gewändern. Muſik wurde ausgeführt von Virtuoſen erſten Ranges und ward dann wieder
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