32 . Künſtler · Ziographien.
abgelöſt von fröhlichem Geplauder. Oft landete hier ſogar das Boot des Königs, der von White-
hall kam, den Meiſter bei der Arbeit zu belauſchen. Wenn nun aber der Abend nahte und der
vielbeſchäftigte Künſtler den Pinſel aus der Hand legte, dann tummelten ſich die Diener, die Kerzen
wurden angezündet und im Speiſezimmer war die Tafel reich beſetzt. Sir Antonh van Dyck liebte
es, Diejenigen, welche ihm ſaßen, zu Tiſche zu laden, um ſie dann beim ungezwungenen Geſpräch
beobachten zu können. Sieht man das nicht ſeinen Meiſterwerken an? Mitten im Verkehr mit
den Menſchen hat er die Einzelnen aufgefaßt, ebenſo wie das Bleibende des Charakters auch das
Vorübergehende des Benehmens feſtgehalten. Die Perſönlichkeiten in den Bildern van Dyck's ſtehen
vor uns, wie ſie ſich in einer Geſellſchaft bewegen, in welcher das Daſein behaglich, der Verkehr
würdevoll, aber leicht und bequem iſt. Mögen ſie ſich aber auch nicht völlig unbelauſcht fühlen,
nie tritt ein gemachter, ein affectirter Zug hervor. Charaktervolle Wahrheit bleibt immer erhalten,
aber die Leute achten darauf, ſich auf das Beſte zu geben, denn ſie wiſſen, ſie zeigen ſich der Welt.
Alles Derbe, alles Gewaltſame iſt durch die Sicherheit des Benehmens in Schranken gehalten, und
doch ſprechen aus dieſen ſcheinbar ruhigen Naturen adeliger Sinn und unedle Leidenſchaften, Stolz,
Intrigue, gewiſſenloſe Selbſtſucht, Heldenmuth, Ritterlichkeit, begeiſterte Aufopferungsfähigkeit zu
uns, mit durchdringender Schärfe hat der Blick des Künſtlers das Alles gerade in feineren, leiſen
Zügen entdeckt.
Schüler, die ſeiner werth waren, hat van Dyck nicht gehabt. Cornelis de Vos (1585?
bis 1651) war ſein Freund und erfuhr, obgleich älter, ſeinen Einfluß. Der Holländer A. Hanne-
mann, der gleichzeitig nach England kam, ahmte ihm nicht ohne Glück nach. Van Dyck's eigentlicher
Erbe in England war der Weſtphale Peter von der Faes, genaunt Sir Peter Lely (1618
bis 1680), der Hofmaler Karl's II. Ihm aber fehlt ſchon viel an Wahrheit und Charakter, die
Auffaſſung wird gefallſüchtig, die Eleganz kalt und geſucht. A W.
abgelöſt von fröhlichem Geplauder. Oft landete hier ſogar das Boot des Königs, der von White-
hall kam, den Meiſter bei der Arbeit zu belauſchen. Wenn nun aber der Abend nahte und der
vielbeſchäftigte Künſtler den Pinſel aus der Hand legte, dann tummelten ſich die Diener, die Kerzen
wurden angezündet und im Speiſezimmer war die Tafel reich beſetzt. Sir Antonh van Dyck liebte
es, Diejenigen, welche ihm ſaßen, zu Tiſche zu laden, um ſie dann beim ungezwungenen Geſpräch
beobachten zu können. Sieht man das nicht ſeinen Meiſterwerken an? Mitten im Verkehr mit
den Menſchen hat er die Einzelnen aufgefaßt, ebenſo wie das Bleibende des Charakters auch das
Vorübergehende des Benehmens feſtgehalten. Die Perſönlichkeiten in den Bildern van Dyck's ſtehen
vor uns, wie ſie ſich in einer Geſellſchaft bewegen, in welcher das Daſein behaglich, der Verkehr
würdevoll, aber leicht und bequem iſt. Mögen ſie ſich aber auch nicht völlig unbelauſcht fühlen,
nie tritt ein gemachter, ein affectirter Zug hervor. Charaktervolle Wahrheit bleibt immer erhalten,
aber die Leute achten darauf, ſich auf das Beſte zu geben, denn ſie wiſſen, ſie zeigen ſich der Welt.
Alles Derbe, alles Gewaltſame iſt durch die Sicherheit des Benehmens in Schranken gehalten, und
doch ſprechen aus dieſen ſcheinbar ruhigen Naturen adeliger Sinn und unedle Leidenſchaften, Stolz,
Intrigue, gewiſſenloſe Selbſtſucht, Heldenmuth, Ritterlichkeit, begeiſterte Aufopferungsfähigkeit zu
uns, mit durchdringender Schärfe hat der Blick des Künſtlers das Alles gerade in feineren, leiſen
Zügen entdeckt.
Schüler, die ſeiner werth waren, hat van Dyck nicht gehabt. Cornelis de Vos (1585?
bis 1651) war ſein Freund und erfuhr, obgleich älter, ſeinen Einfluß. Der Holländer A. Hanne-
mann, der gleichzeitig nach England kam, ahmte ihm nicht ohne Glück nach. Van Dyck's eigentlicher
Erbe in England war der Weſtphale Peter von der Faes, genaunt Sir Peter Lely (1618
bis 1680), der Hofmaler Karl's II. Ihm aber fehlt ſchon viel an Wahrheit und Charakter, die
Auffaſſung wird gefallſüchtig, die Eleganz kalt und geſucht. A W.